Generationen von Familien wurden in dem Foto-Studio Stöcker an der Hochstraße in Tönisheide abgelichtet. Und auch heute noch ist der seit 1909 existierende Familienbetrieb eine Institution.
Ob I-Dötz, Konfirmand oder Kommunionkind: Am großen Tag ging es nach dem Gottesdienst nicht nach Hause zu Kaffee und Kuchen, sondern zu Foto Stöcker in die Hochstraße. „Bei Einschulungen, da standen sie in langen Reihen vor der Tür, fast bis auf die Straße“, erinnert sich Detlef Stöcker (51), der das gleichnamige Familienunternehmen in nunmehr vierter Generation führt.
Mittlerweile machen Eltern die Fotos selbst, Sekunden später ist die neue Schultüte bereits bei Freunden und Verwandten auf dem Handy zu sehen. Was Detlef Stöcker nicht im geringsten stört oder gar verbittert. Denn er weiß: „Wer Erinnerungen für die Ewigkeit haben möchte, der kommt weiter zu uns.“ Und auch diejenigen, die ihren Schnappschuss gern schöner hätten, schärfer, mit mehr Kontrast oder in lebendigeren Farben. „Ich bearbeite jedes einzelne Bild von Hand, da wird nicht einfach auf den Knopf gedrückt.“ Da brenne bei ihm als Fachmann der Ehrgeiz zu zeigen, „was man da alles herausholen kann.“
Als Herabsetzung seines Berufsstandes empfindet er das Nacharbeiten der Laienbilder nicht – und dass so viele Menschen plötzlich für ihr Leben gern fotografieren, das freut ihn sogar. „Bei manchem Urlaub wäre ich gern dabei gewesen“, sagt der Tönisheider verschmitzt, und schon wieder bimmelt das Telefon: Kundschaft. Denn Handy hin, Digital-Kamera her, für ein schönes Geschenk oder den wichtigsten Tag im Leben gehen viele nach wie vor auf Nummer sicher. Dieses Mal gewünscht: Ein Gruppenbild für Oma. Aber bitte nicht so steif, nicht in Reih und Glied wie die Zinnsoldaten, sondern schön locker. Ob er da vielleicht eine Idee habe?
Seit mindestens 1909 besteht das Familiengeschäft, gegründet von Detlef Stöckers Urgroßvater Hermann. „Damals musste man dieses Gewerbe noch nicht anmelden, wahrscheinlich gibt es uns schon länger, aber 1909 ist gesichert“, erzählt er. Und Vater Herbert (79), der Sohnemann „auf Sparflamme“, wie er selbst sagt, weiterhin gern unterstützt, zeigt auf das älteste Foto in den Räumen Hochstraße 8: ein Schulfoto aus dem Jahr 1909.
Noch älter ist die imposante Atelierkamera, ein Liebhaberstück aus der Zeit der Jahrhundertwende, mit der Herbert Stöcker, wie er sich erinnert, einst noch selbst fotografierte. „Ich aber nicht mehr“, meint Sohn Detlef lachend, der übrigens nie, nie etwas anderes werden wollte. Schon im Kindergarten war niemand vor den Schnappschüssen des Steppkes sicher.
Er selbst ist seit 30 Jahren Fotograf, Vater Herbert Stöcker blickt am 1. April gar auf eine 65-jährige Berufslaufbahn zurück. Was bei aller rasanter technischer Veränderung immer bleibt: Das Gespür für das Motiv, der richtige Blick. Noch immer haben beide einen Heidenspaß an ihrem Beruf, sehen die Veränderungen nicht verkniffen, sondern als Chance. Sie haben die Industriefotografie und Werbung in ihr Repertoire genommen, restaurieren liebevoll alte Fotos, als Geschenk sind große Fotos auf Leinwänden gefragt. Noch immer posieren Vierbeiner mit Frauchen im Atelier oder in der „freien Wildbahn“. Und manchmal kommt auch heute noch ein I-Dötz.