Neviges. Gerd Riedel ist Inhaber eines besonderen Hauses im Herzen von Neviges. Schon mehrmals hat er Anzeige wegen Vandalismus erstattet.

Gerd Riedel hat meistens gute Laune und immer einen flotten Spruch auf den Lippen. Es muss schon einiges passieren, bis der Friseurmeister im Ruhestand sauer wird. Doch vor ein paar Tagen, da war das Maß voll: „Die ganzen Wände waren wieder voll, da hat einer absichtlich richtig herumgesaut“, sagt der 73-Jährige und zeigt erbost auf die weiße Wand: Die ist großflächig bekleckert mit braunen Spritzern, Kaffee oder Kakao. Beides landet in dieser Höhe nur, wenn jemand mutwillig einen Becher gegen die Wand schleudert. Daneben eine neue dicke Schmiererei in schwarzer Farbe. „Das ist jetzt die dritte Anzeige wegen Vandalismus. Langsam hab ich keine Lust mehr“, sagt Riedel, dem im Herzen von Neviges ein besonderes Haus gehört.

Das Haus Elberfelder Straße Nr. 38 mit dem Durchgang: Unten links war einst der Friseursalon und bis vor kurzem die „Pflegeoase“. Im Moment steht das Geschäft leer.
Das Haus Elberfelder Straße Nr. 38 mit dem Durchgang: Unten links war einst der Friseursalon und bis vor kurzem die „Pflegeoase“. Im Moment steht das Geschäft leer. © FUNKE Foto Services | Sebastian Sternemann

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Denn durch sein Haus Elberfelder Straße 38, gegenüber des Brunnenplatzes, führt eine Treppe hoch zum Kirchplatz. Das Haus gehört zu den ältesten der Stadt: Direkt vor der Hauswand liegt ein dicker Stein, darin sind griechische Buchstaben eingemeißelt, Stadthistoriker Gerhard Haun datiert sie in das 17. Jahrhundert. „Hier gehen immer Leute auf dem Weg zur Kirche durch, das muss doch ordentlich aussehen“, sagt Hausbesitzer Riedel, der vor einem Jahr auch mal aus Angst um seine Mieter die Polizei alarmiert hatte: Im Juli 2023 war nicht nur der Sockel zum Durchgang erheblich beschädigt, Riedel hatte damals auch eindeutige Brandflecken an der Wand entdeckt. Die Anzeige gegen Unbekannt verlief im Sande, wie auch die darauf folgenden Anzeigen wegen Vandalismus.

Ärger auch über Müll auf der Treppe in Velbert

„Ich hab erst vorige Woche alles abwaschen lassen, dafür 250 Euro gezahlt“, sagt der Hausbesitzer frustriert. „Und jetzt ist wieder alles voll.“ Die Bilanz der letzten zehn Jahre: „Dreimal kompletter Anstrich der Wände, mindestens zehnmal hab ich alles reinigen lassen.“ Was ihn auch ärgert: „Immer wieder liegen hier Chipstüten, Dosen, Papier herum, letztens auch mal Lachgas-Kartuschen.“ Fast jeden zweiten Tag komme er vom Wohnort Wülfrath nach Neviges, um zu schauen, ob alles in Ordnung ist. „Klar, wenn ich was sehe, nehm ich das weg. Morgens macht das auch schon mal Mesut.“ Für Gemüsehändler Mesut Ardic nebenan ist das selbstverständlich „klar, man hilft sich doch unter Nachbarn“.

Die Treppe hoch zum Kirchplatz sieht nicht immer so ordentlich aus. Das gut erhaltene Fachwerk zeugt von der langen Geschichte des Hauses.
Die Treppe hoch zum Kirchplatz sieht nicht immer so ordentlich aus. Das gut erhaltene Fachwerk zeugt von der langen Geschichte des Hauses. © FUNKE Foto Services | Sebastian Sternemann

Haus ist seit 1916 in Familienbesitz

Damit hier kein Missverständnis entstehe: Auch die Technischen Betriebe Velbert (TBV) setzten sich voll ein, so lobt Riedel: „Die machen oft die Treppe mit, obwohl sie das gar nicht müssten, das ist schon prima.“ Wie eine frühere Nachfrage bei den TBV ergab, sind Kirchplatz und Treppe zwar Eigentum der evangelisch-reformierten Kirchengemeinde, werden aber nach einer Absprache von den TBV in Schuss gehalten. „Das machen die Jungs klasse“, so Riedel, dem es einfach nicht egal ist, wie der Durchgang aussieht. „Das Haus ist seit 1916 im Familienbesitz. Mir gehört das in dritter Generation, da hängt viel Herzblut dran. Das soll einfach vernünftig aussehen.“

Eine komplette Figaro-Familie

Er selbst führte hier bis 2009 seinen Friseursalon, danach gab es unten im vorübergehend leerstehenden Laden viel blitzenden Chrom zu bewundern: Oldtimer-Mopeds, eines seiner Hobbys. In der ersten Etage hatte Gerd Riedel ein kleines Friseur-Museum eingerichtet. „Sie werden lachen, bei mir im Wohnzimmer steht auch ein alter Friseurstuhl mit Haube dahinter“, schmunzelt Gerd Riedel, der damals gar keine andere Chance hatte, einen anderen Beruf zu ergreifen: „Meine Mutter war Friseurmeisterin, der Damensalon war in der ersten Etage, unten war der Herrensalon meines Vaters.“ Auch Tante und Großvater klapperten mit der Schere, Riedel selbst ging einst mit 20 Jahren als bundesweit jüngster Friseurmeister in die Geschichte ein, hatte später weitere Geschäfte in Wülfrath und Wuppertal. „Aber hier mein Nevigeser, das war immer mein liebster.“

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Und deshalb sollen das Haus und der Durchgang auch ordentlich aussehen. Kleiner Hoffnungsschimmer für den Hausbesitzer: Zurzeit ist der Kommunale Ordnungsdienst (KOD) häufiger in Neviges unterwegs, so bestätigt Stadtsprecher Hans-Joachim Blißenbach. Das habe unter anderem auch mit einem Bericht in unserer Zeitung zu tun: Ein Anwohner hatte Anzeige erstattet, weil er vom Fenster aus, so der Verdacht, einen mutmaßlichen Drogenhandel beobachtet hatte. „Hans-Joachim Blißenbach: „Das ist aber nur ein Grund. Im Sommer ist es wärmer, die Leute halten sich mehr draußen auf. Da wird nachmittags und abends mehr Streife gegangen.“