Neviges. . Zu vergangenen Friedhöfen führt die letzte Folge der Stadtspaziergänge mit Historiker Gerhard Haun. Früher lagen Gräber mitten in Neviges.
Ein Spaziergang über „vergangene Friedhöfe“, so der letzte Teil unserer Serie Stadtspaziergänge, ist für sich genommen schon spannend. Da passt es, dass die Tour mit einem Geheimnis beginnt. Mit einem Rätsel, das auch der Neviges-Kenner und Stadthistoriker Gerhard Haun noch nicht gelöst hat. „Das hier ist ein kleiner Krimi“, sagt Haun und streicht mit der Hand über einen Stein mitten in der Fußgängerzone. Er liegt am Aufgang zum evangelischen Kirchhof, schräg gegenüber des Brunnenplatzes.
Eingemeißelt sind griechische Buchstaben; Haun datiert sie ins 17. Jahrhundert. „Wer konnte damals in dem bildungsfernen Neviges schon griechisch? Das waren Geistliche. Meine Theorie: Das riecht nach Bibelnähe.“ Schließlich führt die Treppe auch zu einem vergangenen Friedhof. Sieht man genau hin, entdeckt man: Der Stein wurde vor langer Zeit verändert verändert. „Warum ist die untere Zeile weg?“ fragt sich Gerhard Haun.
Seit 1818 gibt es den heutigen evangelischen Friedhof
Klar dagegen ist: Oben auf dem Kirchplatz gab es bis ins Jahr 1818 – da richtete die Gemeinde an der Siebeneicker Straße den heutigen Friedhof ein – direkt in der Kirche und rundherum Beisetzungen „Die Verlegung der Friedhöfe raus aus der Stadt geschah aus hygienischen Gründen, alle nach der napoleonischen Besatzung. Napoleon war in diesen Dingen ja sehr fortschrittlich“, so Haun.
Vor der Verlegung hatten unter anderem die Herren von Hardenberg direkt in der Stadtkirche ihre Gruft. „Und auch einige Gemeindemitglieder, die eine auf dem Namen ihres Hofes beschriftete Kirchenbank besaßen, wurden nach Genehmigung des Presbyteriums in der Kirche bestattet,“ so Haun. Wem diese Ehre nicht zuteil wurde, der fand seine letzte Ruhe rund um die Kirche, abgegrenzt von einem schmiedeeisernen Zaun. „Der ist auch erst im Zweiten Weltkrieg verschwunden“, weiß der Nevigeser Haun. Noch bei der letzten Sanierung der Stadtkirche 2016 habe man Grabsteine zum Friedhof Siebeneicker Straße gebracht.
Eine Flasche Abendmahl-Wein als Kirchenrente
Bewohner des Kirchplatzes hatten damals nur über eine der umliegenden Straßen Zugang zu ihren Häusern – es sei denn, sie zahlten eine jährliche Kirchenrente. „Und zwar in Form einer Flasche Abendmahl-Wein“, weiß der Historiker.
Spaziergang zu den katholischen Friedhöfen
Weiter führt der Spazierweg hinüber zu den vergangenen Friedhöfen der Katholiken: Clothilde von Wendt war die letzte, die 1912 in der Pfarrkirche beigesetzt wurde. In der St. Anna-Kirche – sie wurde 1728 zur Pfarrkirche erweitert – wurden zuvor unter anderem die Herren von Wendt bestattet, erzählt Gerhard Haun.
Die Franziskaner indes hatten im Klosterkreuzgang und im Innenhof des Klosters ihre letzte Ruhestätte. Dies war ab 1688 auch der erste katholische Friedhof. Im Jahr 1729 wurde an der Nordseite des Klosters, auf dem heutigen Klostervorplatz, dann der „neue“ Friedhof geweiht. „Ein zweijähriges Kind, so steht es im Totenbuch der Pfarrei, war am 10. September 1729 die erste Beisetzung.“ Den heutigen Friedhof am „Lohmannsbruch“, auf der anderen Seite der Bernsaustraße, gibt es seit 1840. Bis ins Jahr 1967 erinnerte auf dem Klostervorplatz ein eisernes Friedhofskreuz an die Geschichte des Platzes. „Der damalige Guardian, ein ansonsten sehr tüchtiger Mann, hat es im Zuge des Dombaus entsorgt.“
<<<DER JÜDISCHE FRIEDHOF
Zu den vergangenen Friedhöfen der Stadt gehört auch der jüdische Friedhof am Zwingenberger Weg. Er ist der älteste jüdische Friedhof Velberts.
Im Jahr 1791 gab es hier die ersten Beisetzungen, die letzte war 1929. In der Herrschaft Hardenberg rund um Neviges lebten im Jahr 1804 insgesamt 158 Juden. Jüdische Friedhöfe dürfen nicht aufgehoben werden.