Neviges. . Friseurmeister Gerd Riedel hat 2009 die Schere aus der Hand gelegt, die Räume des Salons an der Elberfelder Straße in Neviges nutzt er jedoch weiter: Der 63-Jährige verkauft zweirädrige Oldtimer. In der ersten Etage gleicht der Salon zudem einem Friseurmuseum und ist absolut sehenswert.

Eines kann sich Gerd Riedel nie, nie vorstellen: Den Friseursalon an der Elberfelder Straße, den sein Großvater einst 1916 aufbaute und der seitdem in Familienhand ist, einfach so zu verkaufen. „Geht nicht, da hängt zu viel Herzblut dran“, seufzt der Figaromeister, der sich 2009 aus dem Geschäft zurückzog. Der 63-Jährige widmet sich seitdem seinem Hobby, dem Sammeln alter Mopeds und Fahrräder – und das mitten im Salon.

Denn als seine Werkstatt in Wülfrath so langsam aus allen Nähten platzte, was lag da näher, als die alten Schätzchen einfach in den früheren Laden zu stellen? Und so blitzen im Erdgeschoss, also im ehemaligen Herrensalon, die heißen Öfen aus Chrom und in der oberen Etage, dort, wo sich jahrzehntelang die Damen verschönern ließen, alte Onduliereisen.

Den Salon mit der Tante geführt

Während die blaue Zündapp Combinette, Baujahr 1958, für 350 Euro zu haben ist und das Moped DKW-Hummel aus dem Jahr 1964 für 800 Euro, – um nur zwei Beispiele zu nennen – heißt es oben: „Das hier, nein, das gebe ich nicht ab.“ Nach einer kleinen Pause lenkt Gerd Riedel, der einst mit 20 Jahren als bundesweit jüngster Friseurmeister in die Geschichte einging und bis zuletzt den Salon mit seiner Tante Helga Wegemann führte, dann doch ein: „Naja, bei manchen Einzelstücken könnte man vielleicht über den Preis reden.“ Aber auch nur vielleicht, denn am allerliebsten würde Gerd Riedel die Zeugnisse der Kulturgeschichte eines ganzen Berufsstandes mit nach Hause nehmen – wenn da nur nicht Ehefrau Alexandra wäre.

Und die möchte in ihrem Wohnzimmer keine giftgrünen Kunstledersessel stehen haben. Auch nicht, wenn die kultigen Friseurstühle mit einer Eigenkreation ihres Gerds aufwarten: ein eingebauter Aschenbecherhalter. „Früher wurde im Salon ja gequalmt wie verrückt“, erinnert sich Riedel und lächelt vergnügt. Früher, da gab man der Dame unter der Trockenhaube auch noch einen „dicken Knochen“ in die Hand, „damit konnte die selbst die Temperatur regulieren.“

Liebevoll schiebt Riedel die Tür der Glasvitrine auf, führt „Norma“, die Haarschneidemaschine aus den 20er Jahren vor. Aus der ersten Zeit des Familiensalons ist auch der Haar-Befeuchter samt Blasebalg aus dem Jahr 1916. Und ohne die „Courreges-Schere“ kam in den 60er Jahren kein Friseur aus: „Hier, sehen Sie, die hat eine extrem lange Schnittfläche für die Ponys.“ Dass der einzige Sohn Marius sich gegen das Friseurgewerbe entschied und somit eine Ära endet, sieht Riedel gelassen: „Man muss glücklich sein in seinem Beruf. Als Friseur ist man nur gut, wenn das Herz dranhängt.“Und so schüttelt er oft nur den Kopf, wenn er durch die Stadt läuft. „Ich guck auf die Haare, kann nicht anders.“ Und da merke man schon die zahlreichen Billiganbieter in seiner Zunft: „Gibt verdammt viele Übungsfanatiker.“