Sprockhövel. „Low stressment“ für Tiere heißt auf dem Hof in Sprockhövel/Wuppertal Begleitung von Geburt bis Schlachtung. Wie sich das aufs Fleisch auswirkt.

Einer tierfreundlichen Philosophie sieht sich der Hof Einern an der Stadtgrenze Sprockhövel/Wuppertal verpflichtet. Das wirkt sich positiv auf das Fleisch aus, sagt Landwirt Jürgen Stöcker. Was „low stressment“ auf dem Traditionshof bedeutet und was er alles bietet.

Die Geschichte des Einern Hofes geht weit zurück bis ins Mittelalter: Im Grundbuch des Klosters Werden ist er als Ober- oder Sattelhof erwähnt, der dem Abt des Klosters erhebliche Abgaben zu leisten hatte. Heute ist der Einern Hof ein landwirtschaftlicher Betrieb, der sich einer besonders tierfreundlichen Philosophie verpflichtet sieht.      

Respekt und Achtung vor Tieren auf dem Einern Hof

Respekt und Achtung vor den Tieren sind hier oberstes Gebot. „Low stressment“ heißt der Fachbegriff, der einen Umgang mit den Kühen, Bullen und Hühnern meint, der weitgehend entspannt und ruhig ist. „Je weniger Stress die Tiere haben, je ruhiger sie leben können, desto weniger Adrenalin haben sie im Blut. Das Stresshormon Adrenalin wirkt sich negativ auf die Fleischqualität aus“, wissen Stephanie Westerweller und Sarah Timmer, die für den hauptberuflichen Landwirt Jürgen Stöcker mit nach den Tieren schauen.

Hofladen, Selbstbedienung und Bauernmarkt

Der Hofladen ist mittwochs von 17 bis 19 Uhr und samstags von 9 bis 13 Uhr geöffnet. Es gibt viel Selbstgemachtes, frisches Obst und Gemüse aus dem eigenen Garten, Eier. Aber auch Marmeladen, Liköre oder Antipasti bietet das Team vom Einern Hof an. Im Selbstbedienungshäuschen können 24 Stunden die Waren des Hofes gekauft werden

Auf dem Bauernmarkt jeden ersten Samstag im Monat findet man von Hand gefertigte Deko-Artikel, Taschen, Mützen oder Heimtextilien. Hier bieten bis zu zehn Ausstellende.

Mittwochs gibt es immer ein frisch zubereitetes Gericht - auch zum Mitnehmen. Es gibt fertige Gerichte tiefgekühlt zum Mitnehmen.

„Natürlich muss man gerade bei den Bullen vorsichtig sein, sie müssen einen schon respektieren“, erläutert Stephanie Westerweller den Grad zwischen Achtung und Rücksicht auf die Lebensäußerungen der Tiere und der latenten Gefahr, die von den etwa eine Tonne schweren Bullen ausgehen kann, wenn diese nicht ein Mindestmaß an Respekt zeigen. Dennoch ist sie davon überzeugt, dass die Tiere in ihrem Verhalten den ruhigen Umgang spiegeln und diesen ihrerseits mit Gelassenheit und Vertrauen quittieren.

Bauernmarkt auf Hof Einern in Wuppertal
Auf dem Bauernmarkt des Einern Hofes an der Grenze Sprockhövel/Wuppertal gibt es Selbstgemachtes. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Das Leben des Zuchtbullen „Phönix“

„Phönix“ beispielsweise ist ein Zuchtbulle, der mit neun Monaten auf den Einern Hof kam. Er ist als Jungtier mit in der Einernschen Bullenherde aufgewachsen, wurde später für die Zucht eingesetzt. „Es ist vorgeschrieben, dass man der eigenen Herde alle drei Jahre Fremdblut zuführen muss“, sagt Stephanie Westerweller.

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Die Herden der Schwarz-Bunten und der Galloway-Rinder stammen aus eigenen Zucht. Auch die Mentalität der Rinderrassen ist nicht gleich, wissen Sarah Timmer und ihre Schwester Stephanie Westerweller: „Die Schwarz-Bunten sind recht friedlich, folgen, tun quasi, was man ihnen sagt. Sie sind domestiziert. Der Umgang ist einfach.“ Ganz anders beurteilen die Schwestern den Charakter der Galloway-Rasse. Die hätten ihren eigenen Kopf, seien besonders Fremden gegenüber extrem misstrauisch, ließen sich nicht treiben.

Muttertiere vertrauen dem Einern-Hof-Team

Dennoch gibt es besonders für Sarah Timmer einen Vertrauensvorschuss von den heutigen Schwarz Bunten-Muttertieren: „Ich habe sie schon betreut, da waren sie selbst noch Kälber. Deshalb haben sie mir gegenüber doch großes Vertrauen.“

Bauernmarkt auf Hof Einern in Wuppertal
Christian Kelch und Sarah Timmers verkaufen Fruchtaufstriche, Käse und Co. auf dem Bauernmarkt des Einern Hofes an der Grenze Sprockhövel/Wuppertal. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Auf dem Einern Hof leben aber nicht nur Rinder, sondern auch Hühner. Neben denjenigen, deren Eier verkauft werden, leistet sich das Einern-Hof-Team auch die so genannten „Hobbyhühner“. Das sind besondere Rassen, Liebhaberrassen, wie die Auracaner, Orpington, Vorwerk oder Rotleger. „Staatstrauer“ war auf dem Einern Hof angesagt, als ein Fuchs – trotz umfangreicher Sicherheitsmaßnahmen – doch einmal ins Geflügelgehege eingedrang und ein regelrechtes Massaker angerichtete.

Schlachtung ein Mal pro Monat

Weil aber nun der landwirtschaftliche Betrieb von Jürgen Stöcker mitunter von der Fleischproduktion lebt, trennt sich das Hofteam regelmäßig – meist einmal pro Monat – von einem ihrer Tiere. Die Kunden schätzen die tierfreundliche Philosophie und sobald ein Schlachttermin angekündigt wird, melden sich die Kunden und bestellen Fleisch in haushaltsüblichen Mengen.

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Was weg ist, ist weg, aber tiefgekühltes Fleisch kann man, je nach Verfügbarkeit, jederzeit bekommen. Mindestens drei Jahre leben die Galloways auf den ausgedehnten Weiden des Ex-Klosterhofes, mindestens zwei Jahre die Schwarz-Bunten-Mixe. Den Weg zum Schlachten gehen sie nicht allein: „Uns ist es wichtig, dass die Tiere nicht lange fahren, deshalb begleiten wir sie zu einer Hofschlachterei in der Nähe, und wir sind auch dabei“, erklärt Stephanie Westerweller. Ihr ist wichtig, dass der Weg, der für ein neu geborenes Kalb auf dem Einern Hof gemeinsam beginnt auch begleitet endet.

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