Oberhausen. Über 4000 Schülerinnen und Schüler haben sich in der Oberhausener City versammelt - als Zeichen für die Demokratie. Aber nicht alle machten mit.
Rund 4500 Schülerinnen und Schüler haben sich am Freitagmittag auf dem Oberhausener Friedensplatz versammelt, um ein Zeichen für Demokratie und Vielfalt zu setzen. Parallel organisierten die Schulen in Schmachtendorf, Osterfeld und Sterkrade weitere Aktionen.
Die Schulleitungen schätzten die Gesamtteilnehmerzahl, wie im Vorfeld geplant, auf 10.000. Damit beteiligte sich rund die Hälfte aller Schülerinnen und Schüler in Oberhausen an den Demokratie-Demo-Veranstaltungen im Stadtgebiet Oberhausen. Eingebettet war die Aktion in die Oberhausener Woche der Demokratie. „Das ist einfach mega, absolut begeisternd“, sagte Hauptorganisatorin Alice Bienk hinterher.
Schon vor dem offiziellen Start um 12 Uhr füllte sich der zentrale Platz vor dem Amtsgericht mit jungen Menschen. Sie hielten Transparente wie „Keine Toleranz für Intoleranz“ oder „Liebe statt Hass“ hoch. Die Plakate entstanden in den Arbeitsgemeinschaften (AGs) der Schulen. Teilweise hatten die Schüler sie selbst entworfen und gebastelt, so wie Juri (13) vom Bertha-von-Suttner-Gymnasium. Auf seinem Plakat stand „Kein Döner für Faschisten - Nazis raus“: „Ich finde, man sollte alle Menschen tolerieren, und dabei hilft die Demokratie.“
Oberhausener Oberbürgermeister Daniel Schranz spricht von „Menschenfeinden“

Um zwölf Uhr begann das Bühnenprogramm mit Schülerbands, bewegenden Statements von Grundschülern und Reden. Oberbürgermeister Daniel Schranz nutzte die Gelegenheit, um eine politische Botschaft zu senden: „Ihr steht auf gegen die Spaltung in der Gesellschaft, und macht deutlich: Wir wollen uns nicht spalten lassen.“ Diktaturen und autoritäre Regime würden Krieg gegen den Westen führen („Nichts anderes ist der russische Angriffskrieg auf die Ukraine“). Rechtspopulisten und Rechtsextremisten erhielten Zulauf, „auch in Deutschland. Das dürfen wir nicht auf die leichte Schulter nehmen.“ Er sei dankbar, dass die Schülerinnen und Schüler ein Zeichen setzten gegen die „Menschenfeinde“: „Ihr zeigt Ihnen, dass Ihr Rassismus und Spaltung nicht wollt.“

Die Schulleiter waren beeindruckt vom Engagement der Schülerinnen und Schüler. „So eine Aktion, bei der alle Schulen mitwirken, bringt mehr als jede Unterrichtsstunde zu diesem Thema“, sagt Marcus Kortmann, Leiter des Heinrich-Heine-Gymnasiums. „Wir kennen keinen, der gesagt hat, das wollen wir nicht.“ Demokratische Versammlungen hätten in Oberhausen eine lange Tradition.
Diesen Aussagen pflichtete Sabine Meder, Leiterin der Fasia-Jansen-Gesamtschule, bei: „Die Schülerinnen und Schüler waren voller Begeisterung. Wir haben 49 Nationen, daher spiegelt die Veranstaltung heute unseren Alltag wider.“ Elsa-Direktorin Alice Bienk kann sich eine Wiederholung vorstellen, „wenn alle Schulen wieder gemeinsam anpacken“.
Schulen: Niemand wurde zur Teilnahme gezwungen
Zur Wahrheit gehörte allerdings auch, dass es Vorbehalte gab. Meder und Bienk berichteten von der Sorge einiger Eltern, dass ihre Kinder an einer Großveranstaltung teilnehmen - angesichts des Terroranschlags von Solingen. „Diejenigen, die nicht mitmachen wollten, haben Unterricht gemacht. Aber die Veranstaltung ist lange geplant. Mehr Sicherheit gibt es nicht“, meint Bienk. Sie wehrte sich auch gegen die Kritik auf Facebook, Kinder seien zum Mitmachen gezwungen worden: „Niemand wurde gezwungen. Bei solchen Vorwürfen sollte man dann auch Ross und Reiter nennen.“ Unter anderem die AfD Oberhausen hatte diese Spekulation im Internet befeuert.
Von den angereisten Schülerinnen und Schülern unterstrichen viele, dass die Versammlung keinen unpolitischen Charakter hat. Sie standen während des einstündigen Programms vor der Bühne, klatschten, hörten zu. Auf der Bühne ergriff unter anderem Selin Tuzcu das Wort. Die 14-Jährige ist Schülersprecherin des Heinrich-Heine-Gymnasiums. Nach Aussagen ihrer Mutter war sie schon immer engagiert und mutig.
Tuczu zeichnet ein positives Bild der Gesellschaft: „Ich finde, in Deutschland kann jeder seine Meinung sagen. Es ist nur die Frage, ob er sich traut.“ Auch in der Schule erlebe sie, dass Schüler zurückhaltend mit ihren Ansichten auftreten. „Sie haben Angst, dass sie kritisiert werden. Ihnen helfen wir mit unserem Schülersprecherteam.“
Nicht alle machen mit: „Wann können wir gehen“

Mit Angst hatte das Nicht-Interesse einer größeren Schülerschaft in den hinteren Reihen allerdings nichts zu tun. Zwar dauerte die Veranstaltung nur eine Stunde, das war aber einigen zu lang. „Wann können wir gehen?“, fragte ein Schüler seinen Lehrer etwa. Andere standen zusammen, flachsten rum, starrten aufs Handy.
Eine Schülerin gab offen zu, dass sie hier sei, „weil wir es müssen“. Eine Gruppe Jungs fehlte es offenbar an Informationen. „Ich hab gar nicht verstanden, warum wir hier sein sollen“, sagte einer. Sein Kumpel fand den Ort unangemessen. „Es ist sehr laut und voll. Das Klassenzimmer wäre besser gewesen.“ Ein dritter kam immerhin zum mittelmäßigen Fazit, dass die Anliegen „ganz okay“ seien.
Kortmann zeigte Verständnis für die Langeweile mancher Schülerinnen und Schüler. „Sie sind jung. Als Jugendlicher muss man nicht auf alles Lust haben.“
Großveranstaltung: Anti-AfD-Plakat kurzzeitig im Umlauf

Die AfD, die vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft ist, kam nur am Rande der Veranstaltung vor. Zwischenzeitlich taucht ein Plakat auf mit dem Slogan: „Stoppt die AfD.“ Das Mädchen, das es in den Händen hielt, gab an, dass es dieses in die Hand gedrückt bekam. „Ich wollte eigentlich etwas mit einem Fisch drauf haben“. Den Slogan unterstütze sie aber auch.
Urheber des Plakats war die Linksjugend Oberhausen, die vor dem Büro der Linkspartei einen Flyerstand aufgebaut hatte. Später war das Plakat nicht mehr zu sehen.
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