Oberhausen. Die Phase des langsamen Ausbaus der Strom-Ladesäulen für Elektro-Autos ist vorbei: Oberhausen gibt nun Gas - sogar mit einem innovativen Projekt.
Was war zuerst da: Henne oder Ei? Mit dem Henne-und-Ei-Problem kämpft eine ganze Branche: Autofahrer kaufen E-Autos nicht, weil es zu wenige öffentliche Strom-Ladesäulen gibt. Öffentliche Ladesäulen werden nicht gebaut, weil es noch zu wenige Stromer gibt. Doch dank öffentlicher Fördermittel scheint der Knoten nun zu platzen - auch in Oberhausen.
Jahrelang warteten Stadt und private Anbieter auf ein belastbares Ladesäulen-Konzept fürs Stadtgebiet. Seit Frühjahr 2023 sind zumindest Leitlinien dafür da - und nach vielen Gesprächen mit der Stadt sputen sich gleich mehrere Anbieter, in Oberhausen Ladesäulen zu errichten. Dabei ist die Stadtverwaltung nur dazu da, den Ladesäulen-Betreibern eine mindestens über zehn Jahre laufende Sondernutzungserlaubnis für die Aufstellung und den nötigen Raum rund um die Ladesäule zu erteilen. So kann das Rathaus die Verteilung der Ladesäulen im Stadtgebiet steuern. Denn natürlich ist die Stadt nicht daran interessiert, dass sich Ladesäulen in einer lukrativen Straße ballen, während in anderen Gegenden keine einzige Stromtankstelle aufgestellt wird.
Über 100 Standorte mit Strom-Ladesäulen im Stadtgebiet Oberhausen
Mittlerweile haben vier Anbieter Anträge auf Stromladesäulen gestellt oder diese bereits errichtet: die Hochtief Ladepartner GmbH, die On Charge GmbH, die Shell Ubitricity und natürlich die Energieversorgung Oberhausen (EVO), die der Stadt bekanntlich zu 50 Prozent gehört. Noch vor einem Jahr gab es in Oberhausen nur an rund 61 öffentlich zugänglichen Standorten insgesamt 213 Ladepunkte. Jetzt sind nach einer Aufstellung des ADAC bereits über 100 Standorte mit Ladesäulen in Betrieb, darunter auch welche an der Stadtgrenze in Bottrop, Duisburg und Mülheim.
Noch im Laufe dieses Jahres sollen es deutlich mehr werden. Im gesamten Land rechnet die NRW-Regierung durch staatliche Förderung mit einer Verdoppelung der Zahl der Schnellladesäulen bis Ende 2024: von 3500 auf 7000. In Oberhausen liegen immerhin 231 Anträge der Betreiber von normalen und schnellen Ladesäulen der Stadt vor - über 100 sind genehmigt, über 40 wurden abgelehnt und zehn werden noch geprüft. Das geht aus einer Aufstellung der Fachbeamten für den Stadtplanungs- und Mobilitätsausschuss des Rates hervor. Dabei werden oft normale Parkplätze für alle Autos umgewandelt in reine E-Auto-Ladeplätze. Nein zu Ladesäulen sagt der städtische Mobilitätsbereich dann, wenn der Standort der Ladesäule inklusive Parkraum zu nah an den Wurzeln eines Baumes platziert werden soll - oder der Gehweg nicht mehr ausreichend breit wäre.
Wenn die Stadt über eine Erlaubnis für eine Ladesäule entscheidet, vergibt sie diese nach dem Windhund-Prinzip, oder anders ausgedrückt, wie es im Rathaus-Papier lyrisch heißt: „Wer zuerst zur Mühle kommt, der soll zuerst mahlen.“ Dieses Verfahren könnte durchaus die Betreiber dazu animieren, sich noch stärker als bisher um Standorte für Ladesäulen zu bemühen - denn so wird nun schließlich die neue Infrastruktur der Zukunft für viele Jahre festgeschrieben.
Auch die EVO-Teams klotzen nach eigener Angabe heran, um die Energiewende im Verkehrsbereich voranzutreiben. Bis 2022 betrieb die EVO nur 18 Ladesäulen, Anfang 2024 waren es schon 48, jetzt sind es 60. Bis Ende 2024 sind weitere 36 Ladesäulen geplant, 2025 kommen nochmal 30 Ladesäulen hinzu. Dann werden es also 126 Ladesäulen (bis 22 kW) mit je zwei Ladepunkten sein. Hinzu kommen 42 Ladeboxen wie am Centro mit jeweils einem Ladepunkt. Zudem will die EVO Schnellladesäulen bis 300 kW installieren.
Oberhausen erprobt innovative Ladetechnik an Straßenlaternen
Besonders innovativ zeigt sich die Berliner Firma Ubritricity, Tochter der Shell-Gruppe. Sie will wie in Berlin auch in Oberhausen Ladepunkte für E-Autos an ganz normalen Straßenlaternen ermöglichen. Diese Laternen-Technik wird auch bereits in Ruhrgebietsstädten wie in Essen, Dortmund, Bottrop und Bochum erprobt. Oberhausen will die Laternen-Variante ab diesem Sommer sechs Monate lang testen - und zwar an zwei Standorten. Einer davon ist festgelegt: Er wird an der Ottilienstraße nahe dem Quartier 231 (früher Babcock) an der Duisburger Straße installiert. Benötigt werden dafür jeweils zwei bis drei Parkplätze.
Von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt lag Oberhausen schon vor sieben Jahren an der Spitze innovativer Elektroauto-Auflade-Konzepte: 2017 eröffnete die Stoag die weltweit erste Tankstelle mit Straßenbahn-Strom am Bahnhof Sterkrade. Innerhalb von nur 15 bis 30 Minuten ist die Batterie eines Autos zu 80 Prozent aufgeladen, die Elektrizität wird direkt von den Straßenbahn-Oberleitungen abgezapft. Zwei Jahre lang hatte die Stoag hier exklusiv ihre Strombusse aufgeladen und die Technik in der Praxis erfolgreich getestet. Danach allerdings ließ der Elan in Oberhausen, für E-Autos ein umfangreiches Ladenetz im Stadtgebiet aufzubauen, überraschend schnell nach.
Mehr zum Thema Elektromobilität in Oberhausen
- Weltweit erste Tankstelle für Elektroautos mit Bahn-Strom
- Kunden können E-Autos nun in Centro-Parkhäusern laden
- Oberhausen plant kurzfristig 100 neue Ladepunkte für E-Autos
- Oberhausen: E-Autos sollen mehr Stromtankstellen bekommen
- So bringt Oberhausen neue Elektro-Linienbusse auf die Straße
- Land NRW: Zahl der E-Ladesäulen wird sich deutlich erhöhen