Oberhausen. . Innerhalb von 15 bis 30 Minuten ist die Batterie eines Autos aufgeladen – den Strom liefert die Straßenbahn. Nun ist die Anlage freigeschaltet.
- Die Befürworter von Elektroautos hoffen mit dem Modellversuch auf einen Durchbruch
- Noch ist Interessenten von Stromautos die Tankstellen-Infrastruktur zu mangelhaft
- Klappt Oberhausen, könnten in 60 Großstädten viele Schnelllade-Stationen eingerichtet werden
Wer ein Auto mit elektrischem Antrieb fährt, kann ab sofort am Sterkrader Bahnhof seine Batterie aufladen – vorerst völlig kostenlos und überraschend schnell. Innerhalb von 15 bis 30 Minuten sind moderne Auto-Akkus zu 80 Prozent voll.
In Oberhausen-Sterkrade steht jetzt die weltweit erste Schnelllade-Station, die ihren Strom direkt von Straßenbahn-Oberleitungen abzapft. „Das hier ist einzigartig, das hat bisher international noch niemand verwirklicht“, sagt Prof. Adolf Müller-Hellmann von der RWTH Aachen, der das Projekt maßgeblich initiiert hat.
Vorbild für andere Großstädte
Seit Oktober 2015 lädt die Stoag am Wendepunkt der Buslinien am Sterkrader Bahnhof zwei eigene Strombusse auf – bis auf Kinderkrankheiten zu Beginn hat die Busanlage mit einem grell-gelben Auflademast den Alltagstest bestanden. Jetzt dürfen dort dank drei neuer Schnelllade-Stationen Privatleute ihre Wagen auftanken. Allerdings sind bisher in Oberhausen nur 18 Stromautos bei der Kfz-Zulassungsstelle registriert.
Das insgesamt 1,7 Millionen Euro teure „Demonstrationsobjekt“ inklusive der beiden Stoag-Strombusse ist zum größten Teil vom Verkehrsverbund Rhein-Ruhr, von der EU und vom Land NRW finanziert worden – die Stoag selbst steuerte nur 180 000 Euro extra dazu. Der Vorteil der Zapfstelle an der Straßenbahn-Oberleitung: Elektroautos benötigen Gleichstrom – genauso wie die Bahn. Der übliche von den Kraftwerken erzeugte Wechselstrom muss erst gar nicht mühsam und mit Verlusten umgewandelt werden.
Oberhausen ist Vorbild für andere Großstädte
„Wir sollten stolz auf diese Modellanlage sein. Für Besitzer von E-Autos ist nichts so wichtig wie eine vernünftige Schnelllade-Infrastruktur“, sagt Oberbürgermeister Daniel Schranz bei der Freigabe der Stromstation für Privatautos am Donnerstag. EVO-Vorstand Bernd Homberg sieht Oberhausen als Vorbild für andere Großstädte in Deutschland: 60 von ihnen haben Straßen-, U-Bahn oder S-Bahnverkehr. Klappt es in Oberhausen, könnte man in vielen dicht besiedelten Orten die vorhandene Infrastruktur des Bahnoberleitungssystems nutzen.
Denn die bisher zu geringe Zahl an Stromtankstellen ist einer von drei Gründen, warum Kunden vor dem Kauf eines Elektroautos zurückschrecken. „Das Interesse ist groß“, berichtet Christopher Hahn vom VW-Autohaus Plätz. „Doch die Autos sind vielen trotz staatlicher Kaufprämie noch zu teuer – und die Reichweite von 160 bis 200 Kilometern reicht den meisten Kunden noch nicht.“