Mülheim. Bei einer Kundgebung haben sich viele Menschen in Mülheim gegen rechts stark gemacht – allerdings waren es deutlich weniger als im Januar 2024.

Das Bündnis „Mülheim stellt sich quer“ hatte für Sonntagnachmittag zu einer Protestkundgebung auf den Mülheimer Rathausplatz eingeladen. Viele Menschen jeden Alters folgten dem Aufruf – darunter Vertreter politischer Parteien, stadtbekannte Kunstschaffende und weitere Gesichter der Stadt. Die Veranstaltung lief unter dem Motto „Aufstehen! Ein Lichtermeer für die Demokratie“ und ist eine direkte Reaktion auf die gemeinsame Abstimmung von CDU und AfD im Bundestag gewesen.

Gegen 16.30 Uhr ist es so voll wie selten auf dem Rathausmarkt, rund zwei Drittel des Platzes sind bei bestem Winterwetter mit Demonstranten gefüllt – auch wenn die Dimensionen längst nicht vergleichbar sind mit der Anti-AfD-Kundgebung im Januar 2024, einer der größten Demos in der jüngeren Stadtgeschichte. Damals kamen mehr als 7000 Menschen, jetzt sind es deutlich weniger. Während die Organisatoren von rund 2500 Teilnehmenden sprechen, zählt die Polizei in einer ersten Bilanz gut 1000 Demonstranten. Am Ende dürften es wohl etwa 2000 Menschen gewesen sein, die sich auf den Weg in die Innenstadt gemacht haben.

Worum es inhaltlich geht, da sprechen die zahlreichen Protest-Schilder eine deutliche Sprache: „Herz statt Merz“, „Kein Bock auf AfD“, „Nazis raus!“ und „Hitler wurde auch demokratisch gewählt!“ oder „Kein Sex mit Nazis!“ ist dort zu lesen. Max steht mit seiner Mutter am Rand des Platzes und begründet seine Anwesenheit mit seiner Biografie: „Ich war Pfadfinder, Messdiener und habe Migrationshintergrund.“ Es sei ihm ein Anliegen, für humanistische Werte einzutreten. „Man kann nicht genug Krach gegen solche Hirntoten machen“, wird seine Mutter deutlicher. „Wehret den Anfängen – und wir sind nicht mehr am Anfang.“

Demo gegen rechts in Mülheim: Auch die Kirchen sind dabei

Michaela Rosenbaum, die Geschäftsführerin der Mülheimer Awo, richtet vorne auf den Treppen des historischen Rathauses als Erste aus dem Bündnis das Wort an die Menge. „Wir sind die Brandmauer und stehen für Vielfalt, Demokratie und Menschenwürde.“ Michael Manz, Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises An der Ruhr, tritt als Nächster ans Mikrofon. „Wir brauchen eine Brandmauer, die hält, was sie verspricht!“, fordert er. Damit nicht in Flammen aufgehe, was in Deutschland in 80 Jahren mühevoll aufgebaut wurde. „Da kann man nicht unbeteiligt zusehen! Da muss man handeln!“ Manz betonte, dass man die derzeitige Debatte um Attentate nicht mit Flucht und Vertreibung vermischen dürfe.

Rund 2000 Menschen sind bei der Demo auf dem Rathausmarkt in Mülheim dabei gewesen.
Rund 2000 Menschen sind bei der Demo auf dem Rathausmarkt in Mülheim dabei gewesen. © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann

Demoteilnehmer Marcel steht derweil in einer kleinen Gruppe „aufrechter Demokraten“, wie er selbst sagt. Auch er weiß ganz genau, warum er sich auf den Weg in die Innenstadt gemacht hat. „Demokratie ist keine Einbahnstraße, die immer nur gibt. Manchmal müssen wir etwas geben, um sie stark zu halten.“ Er stehe lieber an diesem Tag mit einer Kerze da, als in ein paar Jahren einen Fackelzug mitansehen zu müssen. „Es ist beruhigend, dass die Stimmung in der Bevölkerung doch deutlich besser aussieht, als in den Kommentarspalten bei Facebook“, sagt er mit Blick auf die Menschen vor Ort.

Vorsitzender des Mülheimer Integrationsrats: „Asyl ist hohes Gut“

Nach Michael Manz ergreift mit Stadtdechant Michael Janßen der Vertreter der katholischen Kirche das Wort. Neben den Anfängen, denen zu wehren sei, zitierte er zudem Erich Kästners berühmte Worte, dass man bereits den Schneeball zertreten müsse, da dies mit der eventuell folgenden Lawine nicht mehr möglich sei. „Wir verurteilen Ausländerfeindlichkeit und Rassismus aufs Schärfste. Hier vor Ort können und müssen wir handeln.“ Janßen schloss mit einem flammenden Appell: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Menschen, die guten Willens sind: Steht auf!“

Viele Plakate auf der Demo richteten sich direkt gegen die AfD.
Viele Plakate auf der Demo richteten sich direkt gegen die AfD. © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann

Auch Marco ist mit einigen Freunden auf den Rathausplatz gekommen. „Vielfalt und Toleranz ist für uns alle sehr wichtig!“ Wir sollten uns glücklich schätzen, wo wir leben dürfen – und darf man dieses Glück nicht teilen?!“ Außerdem genüge doch oft ein Blick im Sportverein oder auf der Arbeit um zu sehen: „Wir sind alle eins!“

Hasan Tuncer, der Vorsitzende des Mülheimer Integrationsrats, leitet seine Rede damit ein, dass er selbst ein ehemaliger Geflüchteter sei. „Asyl ist ein hohes Gut und ein fundamentales Recht, das geschützt werden muss und nicht missbraucht werden darf.“ Tuncer wirft Rechtsextremen vor, die Ängste der Menschen zu missbrauchen und appelliert an die politischen Verantwortlichen, einerseits für konsequente Maßnahmen zu sorgen und andererseits Integrationsangebote zu machen. „Wir sind nicht hier, um bestimmte Parteien zu beschimpfen“, betont er. Allerdings sehen nicht alle Demonstranten das so: „Eigentlich schon“, ist da aus der Menge zu hören. Gegen 18 Uhr endet die Demo ohne Zwischenfälle.

Nachrichten aus Mülheim: Hier finden Sie mehr Berichte

Bleiben Sie in Mülheim auf dem Laufenden!

>> Alle Nachrichten aus Mülheim lesen Sie hier. +++ Abonnieren Sie kostenlos unseren Newsletter per Mail oder Whatsapp! +++ Hier geht es zu unserem Instagram-Account +++ Hier kommen Sie zu unseren Schwerpunktseiten Wohnen, Gastronomie, Handel/Einkaufen und Blaulicht. +++ Zu unserem Freizeitkalender geht es hier. Legen Sie sich doch einen Favoriten-Link an, um kein Event zu verpassen! +++ Lokale Nachrichten direkt auf dem Smartphone: Laden Sie sich unsere News-App herunter (Android-VersionApple-Version).