Mülheim. Mülheim ein Hotspot der Biodiversität? Durchaus. Man muss nur genau hinschauen. Welche außergewöhnlichen Tierarten es hier gibt – und warum.

Er ist so etwas wie ein tierischer Star: Erstmals wurde vor fünf Jahren ein Goldschakal in Mülheim nachgewiesen. Das Tier ist längst weitergezogen Richtung Niederlande. Andere Arten dagegen sind in die Ruhrstadt eingewandert – und geblieben. Weil die Bedingungen passen. Und das, sagt die Artenschutzbeauftragte der Stadt, Daniela Specht, sei nicht zuletzt auch eine Folge des Klimawandels.

Anders formuliert: Wärmeliebende Arten aus dem Süden finden sich längst immer weiter im Norden. Ein „positives, sanftes Einfügen in unser Ökosystem“ könne dabei durchaus gelingen, meint Specht. Nicht zuletzt, weil auch Arten zurückkehren, die in der Region einst heimisch waren, im Zuge der Industrialisierung jedoch sprichwörtlich an Boden verloren hatten.

Saarner Ruhrauen in Mülheim: Heimat von Bibern

Etwa der Biber. Zwei erwachsene und zwei Jungtiere konnten zuletzt in den Saarner Auen nachgewiesen werden. Das Ergebnis NRW-weiter Wiederansiedlungsprojekte und ein Zeichen für intakte Gewässer. „Die Aktivitäten der Biber tragen nun weiter unmittelbar zur Verbesserung der Gewässerstrukturen bei und fördern die Artenvielfalt.“

Auch der Biber ist an Mülheims Ruhr mittlerweile wieder heimisch.
Auch der Biber ist an Mülheims Ruhr mittlerweile wieder heimisch. © dpa | Patrick Pleul
Zwei erwachsene Biber und zwei Jungtiere konnten in den Saarner Auen in Mülheim bereits nachgewiesen werden.
Zwei erwachsene Biber und zwei Jungtiere konnten in den Saarner Auen in Mülheim bereits nachgewiesen werden. © Stadt Mülheim | Stadt Mülheim

Styrumer Ruhrbogen in Mülheim: Hotspot der Biodiversität

Zu einem „echten Hotspot der Biodiversität“ habe sich zudem der Energiepark Styrumer Ruhrbogen entwickelt. Allerdings braucht es hier schon ein Expertenauge, um den Neuankömmlingen auf die Spur zu kommen. Denn dort tummeln sich seltene Insekten. „Die kommen da super klar, obwohl sie normalerweise eher im mediterranen Raum oder maximal in Süddeutschland anzutreffen sind. Es wurden dort sogar schon Nachtfalterarten festgestellt, die eigentlich als ausgestorben galten in NRW.“

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Auch die Gottesanbeterin, eine Fangschrecke von bis zu 80 Millimetern Länge, wurde am Ruhrbogen schon gesichtet, allerdings nur vereinzelt. „Gleich zu hunderten“ ist dagegen das Weinhähnchen, eine mediterrane Grillenart, vor Ort aktiv – „perfekte Nahrung für unsere heimischen Vogelarten und Insektenfresser“.

Am Styrumer Ruhrbogen in Mülheim wurden schon Gottesanbeterinnen gesichtet.
Am Styrumer Ruhrbogen in Mülheim wurden schon Gottesanbeterinnen gesichtet. © dpa | Jennifer Heck

Neue Vogelarten in Mülheim

Apropos Vögel: Nicht alle zugewanderten Arten sind gleich so auffällig wie die grünen Halsbandsittiche, die sich in der Ruhrstadt mittlerweile recht wohlfühlen. Specht begeistert sich etwa für einen vergleichsweise eher unscheinbaren Heckenbrüter: „Am Auberg ist durch gezielte Schutzmaßnahmen jetzt der Neuntöter heimisch. Das ist etwas ganz Besonderes.“

Ebenfalls neu in der Stadt: der gesanglich eher disharmonisch veranlagte Seidensänger sowie Wasseramseln, eine heimische Singvogelart, die tauchen kann. Und natürlich der Uhu, der sich Mülheim mittlerweile bereits seit einigen Jahren als Revier ausgeguckt hat.

Uhus haben sich das Mülheimer Stadtgebiet schon vor einigen Jahren als Habitat ausgeguckt. Hier ein Jungvogel.
Uhus haben sich das Mülheimer Stadtgebiet schon vor einigen Jahren als Habitat ausgeguckt. Hier ein Jungvogel. © Stadt Mülheim | Stadt Mülheim

Nicht jeder tierische Neuling ist in Mülheim willkommen

Nicht immer aber sind die Neulinge wirklich auch willkommen. Ein prägnantes Beispiel: Mülheims Waschbären, die sich seit 2019 in der Stadt munter vermehren. Specht: „Waschbären, Amerikanische Flusskrebse oder auch die Asiatische Hornisse wurden gewollt oder ungewollt von Menschen eingeführt und richten schlimmen Schaden an, weil sie hier keine natürlichen Feinde haben.“

Auch exotische Haustiere, die entwischen oder ausgesetzt werden, können Probleme bereiten. Feuerbauchmolche aus der Terraristik etwa sind wohl ursächlich verantwortlich, dass die Bestände des heimischen Feuersalamander schrumpfen – denn sie haben den Salamander-Chytridpilz übertragen.

Daniela Specht, Artenschutzbeauftragte der Stadt Mülheim, beobachtet die Tierwelt in der Stadt ganz genau.
Daniela Specht, Artenschutzbeauftragte der Stadt Mülheim, beobachtet die Tierwelt in der Stadt ganz genau. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Hervorragend etabliert hat sich am Steinbruch Rauen dagegen die Mauereidechse, die vermutlich mit Steintransporten aus Italien nach Deutschland gelangt ist. Und auch die Holzbiene sei letztlich eine Bereicherung für die heimische Bestäuberwelt. „Es gibt immer positive und negative Beispiele, die Natur ist immer im Fluss. Nur passiert vieles so viel schneller als früher“, resümiert Specht. Und dann hinkt die Anpassung hinterher.

Wahrscheinlich mit Steintransporten aus Italien ist die Mauereidechse nach Mülheim gelangt.
Wahrscheinlich mit Steintransporten aus Italien ist die Mauereidechse nach Mülheim gelangt. © Stadt Mülheim | Stadt Mülheim

Noch ein positives Beispiel zum Abschluss? Die Expertin lächelt. „In Mülheim gibt es tatsächlich sehr seltene, geschützte Mopsfledermäuse. Die kennt man in NRW normalerweise gar nicht. Die Experten im Ruhrgebiet sind deshalb wirklich aufgeregt.“ Offenbar hat Mülheim ab sofort einen neuen tierischen Star.

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