Mülheim. Mülheimer Forschungsstätte investiert 60 Millionen Euro, baut „für kommende Generationen“. Was die Wirkungsstätte zweier Nobelpreisträger vorhat.

Im August 2013 veröffentlichte diese Redaktion einen Artikel mit der Überschrift „Max-Planck-Institut baut seine Zukunft“. Die Rede war vom MPI für chemische Energiekonversion auf Mülheims Kahlenberg. Über die Jahre entstanden dort neue Gebäude, wurde die Forschungsinstitution umfangreich erweitert. Nun, da die Arbeiten fast abgeschlossen sind, meldet sich das benachbarte MPI für Kohlenforschung. Und erneut könnte ein Text mit besagtem Titel erscheinen. Wieder nämlich geht es darum, durch bauliche Veränderungen langfristig Spitzenforschung vor Ort zu ermöglichen. Das Institut, das bereits zwei Nobelpreisträger hervorgebracht hat, investiert satte 60 Millionen Euro. Auch in Zukunft will man schließlich Topwissenschaftler für Mülheim gewinnen können.

Es ist ein klares Bekenntnis zum Standort - und eine klare Entscheidung, diesen endlich so zu ertüchtigen, dass er konkurrenzfähig bleibt. „Unsere Forschung verändert sich ständig, also müssen sich auch unsere Gebäude immer wieder verändern“, erklärt Prof. Dr. Frank Neese, geschäftsführender Direktor des weltweit bekannten MPI für Kohlenforschung. „Es geht nicht primär um unsere aktuelle Arbeit, sondern um jene kommender Generationen. Wir denken für die nächsten 50, 60, 70 Jahre.“

Ab Ostern 2025 wird sich der Mülheimer Wissenschaftscampus deutlich sichtbar verändern

Schon ab Ostern 2025 wird es auf dem Campus zwischen Höhenweg, Lembkestraße, Margaretenplatz und Kaiser-Wilhelm-Platz deutlich sichtbare Veränderungen geben, kündigt Verwaltungsdirektorin Dr. Verena Schultz-Coulon an. Erste Abrissarbeiten am Höhenweg stehen dann an. Das Großprojekt geht anschließend in mehreren Bauabschnitten über die Bühne, fertiggestellt sein wird es voraussichtlich erst Anfang des kommenden Jahrzehnts.

Ein Hauptziel der Maßnahme ist es, die Arbeitsbedingungen der analytischen Abteilungen zu verbessern, erklärt Neese. Derzeit sind diese über mehrere Gebäude auf dem Areal verteilt, was den Arbeitsalltag erschwert. Wohl ab 2029 werden sie alle zusammen im neuen Analytikgebäude wirken. Der Bau entsteht an der Lembkestraße, schräg gegenüber der Einmündung zur Leonhard-Stinnes-Straße, dort also, wo aktuell noch das MPI-Verwaltungsgebäude steht.

„Das Gebäude wird nicht höher als der historische Altbau am Kaiser-Wilhelm-Platz“

Dieses wird ab Sommer 2026 abgerissen - und ab Frühjahr 2027 durch eine Immobilie ersetzt, die auf mehreren Ebenen mit dem angrenzenden Laborhochhaus und den dort ansässigen wissenschaftlichen Abteilungen der fünf MPI-Direktoren verbunden wird. Keiner müsse Sorge haben, dass auf dem Campus ein weiteres Hochhaus entsteht: „Das Gebäude wird nicht höher als der historische Altbau am Kaiser-Wilhelm-Platz“, betont die MPI-Leitung.

Analytikgebäude des MPI für Kohlenforschung
So soll es einst aussehen: Modell des Analytikgebäudes des Mülheimer MPI für Kohlenforschung, das an der Lembkestraße entstehen soll. © Max-Planck-Institut für Kohlenforschung Mülheim | Max-Planck-Institut für Kohlenforschung Mülheim

Im Rahmen des Mitte 2023 angestoßenen Architektenwettbewerbs waren für den Neubau neun Entwürfe eingegangen, so Neese. Das Preisgericht, bestehend aus Vertretern des Instituts, der Stadt sowie einiger Architektenbüros, hat diese „minutiös ausgewertet“. Grinsend zieht der Direktor einen Vergleich zur Papstwahl: „Irgendwann konnten wir stolz verkünden: ,Habemus analyticum‘.“ Einstimmig hätten die Lemgoer Architekten Habermann und Decker den Zuschlag erhalten.

Die Verwaltung des MPI zieht nach einem umfangreichen Umbau in die ehemalige Direktorenvilla

Die Verwaltung muss also absehbar ihren angestammten Sitz räumen, um Platz zu machen fürs Analytikgebäude. Sie zieht um in die ehemalige Villa von Franz Fischer, der 1913 zum Gründungsdirektor des damaligen Kaiser-Wilhelm-Instituts für Kohlenforschung berufen worden war. Bis 2021 war in dem unter Denkmalschutz stehenden Gebäude am Kaiser-Wilhelm-Platz die Kantine des MPI untergebracht. Nun wird die Villa für den neuen Zweck aufwendig renoviert.

Direktorenvilla des Max-Planck-Instituts für Kohlenforschung Mülheim
Vor langer Zeit hat hier Gründungsdirektor Franz Fischer gewohnt. Bis vor wenigen Jahren war in der Villa dann die MPI-Kantine untergebracht. Nun wird das denkmalgeschützte Objekt zum Verwaltungssitz umgebaut. © Max-Planck-Institut für Kohlenforschung Mülheim | Max-Planck-Institut für Kohlenforschung Mülheim

Apropos Kantine: In der Pandemie hatte der langjährige Pächter der Institutsmensa aufgegeben, ein Nachfolger wurde nicht gefunden. Zur Mittagszeit steuern seither Imbisswagen das Gelände an. Schon häufiger wurde diese Lösung kritisiert, unter anderem wegen der Preise fürs Mittagessen. Nun ist auch der Bau eines neuen Betriebsrestaurants beschlossene Sache - und zwar am Standort des zum Abriss freigegebenen alten Chemikalienlagers am Höhenweg. In vier Jahren, so schätzt Neese, ist die Zeit der Foodtrucks vorbei. Die neue Mensa wird auch das Personal des benachbarten MPI mitversorgen, der Öffentlichkeit aber nicht zugänglich sein. „Das erlaubt die Stadt nicht“, so Schultz-Coulon, „wir hätten das sonst gern gemacht.“

Auch der Altbau rechter Hand des Haupteingangs wird in einigen Jahren renoviert

Mit dem Abriss eines ehemaligen Wohnhauses am Höhenweg beginnen um Ostern herum die Bauarbeiten. An dieser Stelle wird ab Juli 2025 das neue Chemikalienlager heranwachsen. Nach aktuellen Schätzungen wird die Gesamtmaßnahme, zu der im weiteren Verlauf auch die Renovierung des Altbaus rechter Hand des Haupteingangs gehören wird, rund 60 Millionen Euro kosten. Die Stiftung MPI für Kohlenforschung kann diese Summe aus eigenen Mitteln stemmen, hieß es beim Pressegespräch.

Anders als das benachbarte Institut, das auch personell massiv erweitert wurde, werde die „Kofo“ nach Abschluss der Arbeiten übrigens „nicht wesentlich mehr“ Mitarbeiter beschäftigen als zuvor. Es werde bei der aktuellen Zahl von rund 400 Menschen bleiben. In der Nachbarschaft müsse daher niemand Parkplatznot fürchten. „Es kommen sowieso immer mehr mit dem Fahrrad“, weiß Neese.

„Wir arbeiten mit lokalen Unternehmen zusammen - sie werden viel zu tun kriegen“

Nachhaltigkeit wird am MPI großgeschrieben - auch bei den anstehenden Arbeiten. Man achte darauf, geeignetes Baumaterial wiederzuverwenden, so Neese, und plane unter anderem mit einer Solaranlage. Im Inneren des Campus wird es nach Abschluss aller Arbeiten eine „Grüne Mitte“ geben, eine Begegnungsinsel mit schönen Sitzgelegenheiten. Vom Ausbau werden auch hiesige Baufirmen profitieren, so die Verwaltungschefin. „Wir arbeiten mit lokalen Unternehmen zusammen - sie bekommen viel zu tun.“

Luftaufnahme vom Max-Planck-Institut für Kohlenforschung in Mülheim
Aktuelle Luftaufnahme des Max-Planck-Instituts für Kohlenforschung und des angrenzenden MPI für chemische Energiekonversion auf Mülheims Kahlenberg. © Max-Planck-Institut für Kohlenforschung Mülheim | Max-Planck-Institut für Kohlenforschung Mülheim

Man werde versuchen, „alle mit den Baustellen verbundenen Unannehmlichkeiten so gering wie möglich zu halten“, verspricht die Institutsleitung. Anwohnern dürften sich trotzdem Fragen stellen. Loswerden können sie diese bei einer Infoveranstaltung mit Vertretern des MPI und der Stadt, mit Architekten und Projektplanern am Donnerstag, 23. Januar, ab 15 Uhr. Anmeldungen unter contact@kofo.mpg.de.

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