Mülheim. Schon lange fehlen Busfahrer in den Verkehrsbetrieben. Und bald gehen in Mülheim etliche in Rente. Wie will die Ruhrbahn diesen Trend bremsen?

Gut 200 neue Fahrer hat die Ruhrbahn allein in diesem Jahr für den Bus- und Straßenbahnverkehr eingestellt, rund 150 aber müssten es im nächsten Jahr noch einmal werden, um den Bedarf und die Fluktuation beim Personal abdecken zu können. Da bimmelt ein vielversprechendes Pilotprojekt gerade pünktlich vorbei, das Menschen mit Migrationsgeschichte in kurzer Zeit für den Beruf fit machen soll. Sieben Menschen sind im November mit der Ausbildung gestartet und sollen schon im Juni 2025 auf dem Fahrersitz ihren Dienst antreten.

Die erste Etappe müssen die Azubis, die zum Beispiel aus Pakistan, Marokko, Irak, Syrien und Serbien stammen, allerdings auf der Schulbank absolvieren. Denn Sprachkenntnisse auf B1-Niveau - das heißt Standardsprache verstehen, über vertraute Themen aus Arbeit und Freizeit zusammenhängend sprechen zu können - ist die Voraussetzung für den Job.

Warum gute Deutschkenntnisse das A und O sind für Mülheims angehende Busfahrer

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Nicht, weil Busfahrer auch Kommunikationsexperten werden müssen, erläutert Ruhrbahn-Arbeitsdirektor Ahmet Avsar: „Natürlich ist eine vernünftige Ansprache unserer Kunden das A und O“, es sei aber nicht weniger wichtig, im Alltag und bei Notsituationen sicher den Fachjargon gegenüber der Leitstelle zu beherrschen. „Und Amtssprache“, so Avsar, „ist bei uns schließlich Deutsch.“

Um beide Seiten - Sprach- und Fahrkenntnisse - zusammenzubringen, kooperiert die Ruhrbahn mit der Agentur für Arbeit und verschiedenen Fahrschulen. Am Ende der Ausbildung stehen Theorie, die IHK-Prüfung und - logisch - die praktische Fahrprüfung.

Deutschkurs plus Führerschein = Busfahrer: Damit wirbt Mülheims Ruhrbahn bei Menschen mit Migrationsgeschichte.
Deutschkurs plus Führerschein = Busfahrer: Damit wirbt Mülheims Ruhrbahn bei Menschen mit Migrationsgeschichte.

Ein Grund, bei der Ruhrbahn anzuheuern: Sicherer Arbeitsplatz, um Familie aufzubauen

Für Jasari Ezimi dürfte die letzte Aufgabe keine Herausforderung werden. Denn bei seinen Jobs hat der 40-jährige Familienvater aus Serbien schon als Taxifahrer und im Lieferdienst gearbeitet, ist also stresserprobt - „und ich liebe das Fahren“, sagt er. Mehr noch freue er sich auf den festen Arbeitsplatz, „denn die Sicherheit ist wichtig für unsere Familie“. Seine Frau bemühe sich ebenfalls gerade um eine Stelle, als Optikerin.

Ein fester Job, ein regelmäßiges Einkommen für seine Familie zu erwirtschaften, ist auch für Khalil Mohamad aus Syrien das Ziel. Wie sein Kollege Ezimi spricht er schon gut Deutsch und vor der Fachsprache hat er keine Scheu. Seit er vor sechs Jahren nach Deutschland kam, hat er einige Jobs gemacht, auf Baustellen gearbeitet, kennt sich mit Elektrik aus. Doch nun haben er und seine Frau eine sechs Monate alte Tochter - „ich will nicht immer den Job wechseln“, sagt er. Die Ruhrbahn ist für ihn eine Chance auf eine langfristige, sichere Stelle.

Viel Potenzial: Sieben Azubi-Stellen, aber 155 Bewerber bei der Ruhrbahn

Mit einem „Beruf, der viel Zukunft bietet“, wirbt auch Ruhrbahn-Arbeitsdirektor Avsar. Denn dem Verkehrsunternehmen stehen die Auswirkungen der Boomer-Jahre unmittelbar bevor. Sprich: In den kommenden Jahren gehen die geburtenreichen Jahrgänge in Rente. Das kann ein Loch in die Personaldecke von 1300 Fahrern - weniger als zehn Prozent sind Frauen - reißen. Wenn es nicht gestopft wird.

Die sieben Stellen allein werden das natürlich nicht leisten - obgleich sich 155 Menschen darauf beworben haben und Avsar plant, diesen Strang der Rekrutierung zukünftig auszubauen. Man könne immer mehr Ausbildungsplätze schaffen, allerdings müssen die Kooperationspartner auch die Kapazitäten dafür haben, so Avsar. Und sofern der frisch gestartete Pilot auch den Erfolg bringt, den er verspricht. Zeigen wird sich das in gut einem halben Jahr.

Fachkräftemangel: Migranten weiterzubilden, kann eine wichtige Säule werden

Die Boomer gehen in Rente: Migranten sind eine Säule in der Rekrutierungsstrategie der Ruhrbahn.
Die Boomer gehen in Rente: Migranten sind eine Säule in der Rekrutierungsstrategie der Ruhrbahn. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Die Kooperation mit dem Arbeitsamt und der Gelsenkirchener Fahrschule Kessler sei aber nur eine Säule einer Strategie, die auf vielen stehen soll, erläutert Torben Skuballa, Leiter Fahrbetrieb der Ruhrbahn. Denn zusätzlich setzt der Verkehrsbetrieb weiter auf klassische Bewerbungen, auf Kooperationen etwa mit Sozialleistungsträgern und auf internationale Rekrutierung.

Auch für die Agentur für Arbeit kann die Kombination aus Sprach- und Berufsausbildung ein Vorbild werden, um fehlende Fachkräfte in Betrieben wie die Ruhrbahn recht kurzfristig ersetzen zu können: „Das Programm zeigt, wie wir mit gezielten Fördermaßnahmen individuelle Potenziale entfalten können“, sagt Andrea Demler, Leiterin der Agentur für Arbeit in Essen.

Das muss übrigens nicht nur für das Fahrpersonal gelten, kündigt Arbeitsdirektor Avsar an, „wir können diese Perspektiven zukünftig auf andere Tätigkeitsfelder ausweiten“. Weitere Infos gibt es übrigens auf: jobs.ruhrbahn.de.

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