Mülheim. Mülheim Schloßstraße gilt seit Jahren als Ärgernis, es gibt Klagen über ein „Gefühl der Unsicherheit“. Eine Analyse soll Aufschluss bringen.
Erst kürzlich hatten die Umgestaltungspläne für die Schloßstraße, im Rahmen derer etliche Blumenkübel demontiert und mehr Aufenthaltszonen installiert werden sollen, für Aufmerksamkeit gesorgt. Insgesamt sollen 411.000 Euro allein in die „Kübel-Maßnahme“ fließen. Im Ausschuss für Bürgerangelegenheiten, Sicherheit und Ordnung wurden nun weitere Hintergründe bekannt. Dass die Aufenthaltsqualität in Mülheims zentraler Einkaufsstraße erhöht werden soll, fußt auf zahlreichen, langjährig andauernden Klagen - nicht zuletzt auch aus der Bürgerschaft.
Wie Ordnungsdezernentin Anja Franke erklärte, sei die Lage in der Innenstadt „unzufriedenstellend“. Es gebe eine hohe Anzahl von Beschwerden durch Passanten, Anwohner und Ladenbetreiber. Immer wieder würden intensives Betteln, laustarke Konflikte, die präsente Trinkerszene und ein generell herrschendes Unsicherheitsgefühl moniert. „Es muss keine objektive Kriminalität geben, damit viele eine subjektive Unsicherheit schildern“, so Franke.
Mülheimer Interessenvertreter begehen die Innenstadt
Eine sogenannte „Mikrosegmentanalyse als Impuls für urbane Sicherheit“, kurz MIKUS, soll dabei helfen, diese Wahrnehmung besser einschätzen, greifen und letztlich Handlungsmaßnahmen daraus ableiten zu können. Ziele des Projekts, das in Zusammenarbeit von Polizei, LKA und Kommunen erfolgt, seien unter anderem eine zielgenauere Ausrichtung von Kriminalprävention, die Steigerung des Sicherheitsgefühls der Bevölkerung und die Steigerung der Attraktivität in Mikrosegmenten, wie die Schloßstraße und die Stadtmitte eines sind.
„Mülheim gehört nicht zu den Modellkommunen des Projekts“, erklärt Ordnungsamtsleiterin Kerstin Kunadt. Man habe sich aber für ein eigenständiges Projekt in Zusammenarbeit mit der Polizei entschieden und werde dabei durch das LKA begleitet. „Aktuell finden Begehungen mit eingeladenen Stakeholdern statt“, so Kunadt. Zu den Interessenvertretern zählen unter anderem Kontaktbeamte der Polizei, Wohlfahrtsverbände, Vertreter von Jugend-, Sozial- und Gesundheitsamt, Streetworker, Ruhrbahn, ansässige Hoteliers, die Werbegemeinschaft Innenstadt, die Leitung des Allo-Heims, das Team Stadtentwicklung sowie die MST.
Mülheimer Ordnungsamt will in einigen Monaten Bericht vorlegen
„Alle Beteiligten sollen aus ihrer Sicht den zu untersuchenden Bereich begehen und Auffälligkeiten des Bereiches notieren. Im Anschluss werden die Beobachtungen dokumentiert, geclustert und ausgewertet“, schildert Kerstin Kunadt das Vorgehen. Man rechne damit, Anfang nächsten Jahres den entsprechenden Bericht vorlegen zu können.
Bereits jetzt hat der Kommunale Ordnungsdienst (KOD) laut Kunadt seine Präsenz rund um die untere Schloßstraße und die Haltestelle Stadtmitte erhöht. Seit den Sommerferien seien die Mitarbeiter des Ordnungsamtes montags bis donnerstags mit verlängerten Arbeitszeiten unterwegs, um die Innenstadt an mehr Randzeiten begehen zu können. Dabei wurden mehrere große Problematiken ausgemacht.
Trinkerszene in Mülheims City: Bloß eine Verlagerung?
Das wohl größte: Der Aufenthalt von Personengruppen. Dazu zählt laut Beobachtungen des KOD vor allem die Trinkerszene im Bereich des „Jan-Kiosk“ an der unteren Schloßstraße. „Die Personen sind in den Abendstunden regelmäßig hochgradig alkoholisiert, stellen Musikboxen auf und hören Musik, schreien und pöbeln sich gegenseitig an und urinieren in den dort befindlichen Treppenabgang“, lautet die Beschreibung. „Der KOD konnte beobachten, dass Passanten an dem Verhalten der alkoholisierten Personen Anstoß nehmen, ausweichen und den Aufenthaltsort der Szene weitläufiger umgehen.“ Durch die andauernde Präsenz des KOD sei die Auffälligkeit des Verhaltens gesunken, die Gruppe an manchen Tagen gar nicht anzutreffen gewesen. Fraglich bleibt hier: Bewirken etwaige Maßnahmen „bloß“ eine Verlagerung und damit keine echte Lösung des Problems? Eine Frage, deren Antwort laut Kerstin Kunadt noch abzuwarten sei.
+++Mülheimer Trinkerszene: Warum diese Leute genau hier sitzen+++
„Der KOD konnte beobachten, dass Passanten an dem Verhalten der alkoholisierten Personen Anstoß nehmen, ausweichen und den Aufenthaltsort der Szene weitläufiger umgehen.“
Eine weitere störende Personengruppe auf der Schloßstraße seien laut KOD fußballspielende Kinder. Hier habe man immer wieder massive Störungen von Passanten und Gewerbetreibenden beobachten können, diese durch Einschreiten aber stets auflösen können. Weniger einfach aufzulösen sei hingegen der Aufenthalt von Gruppen junger Männer beziehungsweise Jugendlicher. „Zum Teil sind die Jugendlichen den Mitarbeitenden des KOD bekannt. Die Gruppen wechseln regelmäßig ihren Aufenthaltsort (Hafenbecken, Haltestelle Stadtmitte, Schloßstraße, Rathausrotunde). Unmittelbare Verstöße gegen Rechtsvorschriften konnten nicht festgestellt werden.“
Maßnahmen in der Mülheimer Innenstadt zeigen erste Effekte
Neben den sich auf der Schloßstraße und an der Stadtmitte aufhaltenden problematischen Personengruppen seien vor allem die Vermüllung der Orte eine weitere Herausforderung. „Es konnten verschiedene Müllablagerungen festgestellt werden, die zum Teil auf privaten Grundstücken vorgenommen wurden“, hieß es im BSO. Demnach seien etwa der Hinterhof der Wallstaße 15, der Hinterhof des Supermarkts an der Friedrich-Ebert-Straße sowie der Hinterausgang an der Schloßstraße 24 betroffen. Man habe allerdings noch keine Verursacher feststellen können.
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Zuletzt nannte Kerstin Kunadt noch die Pkw-Problematik, die die zentrale Straße in Mülheims Innenstadt belastet. Am FDP-Platz (Löhberg/Kohlenkamp), an der Ecke Viktoriastraße/Wallstraße, an der Schollenstraße und am Taxistand seien immer wieder, vor allem in den Abendstunden, Parkverstöße festgestellt worden. Diese seien geahndet worden, anders als beim Befahren der Fußgängerzone: Hier könne der KOD nur gemeinsam mit der Polizei einschreiten.
„Wir sind gewillt, weiter dranzubleiben und zu diesen Randzeiten Präsenz zu zeigen“, resümiert Kerstin Kunadt. Bereits jetzt zeigten sich erste positive Auswirkungen, die man nun weiter ausbauen müsse.
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