Mülheim. Der Zustand der Schloßstraße ist seit vielen Jahren Gesprächsthema in Mülheim. Und wie steht es um das Forum und das RRZ? Das sagen Fachleute.
Die Mülheimer Innenstadt hat den Glanz vergangener Jahre längst verloren. Über die Missstände in Sachen Einkaufen und Aufenthaltsqualität wurde bereits so viel geredet und geschrieben, dass sich kaum noch jemand damit befasst oder dazu äußert. Ist Hopfen und Malz in der Angelegenheit wirklich unwiederbringlich verloren oder gibt es Hoffnung? Wir haben Mülheimer Immobilien-Fachleute befragt.
Walter Orts ist seit einem halben Jahrhundert in der Immobilienbranche tätig und Geschäftsführer des seinen Namen tragenden Immobilien-Unternehmens – nach seiner Auskunft das zweitälteste der Stadt. Er überrascht mit seiner ersten Aussage zur Schloßstraße: „Es liegt nicht an den Miethöhen“, so Orts. Es gebe heute mittlerweile nicht mal mehr einen Schuhladen, einen Herrenausstatter oder eine Parfümerie. „Es liegt an der Gesamtgestaltung. An jeder Ecke findet sich heute ein Frisör und ein Billigbäcker.“ Dabei sei die Schloßstraße früher eine Flaniermeile gewesen.
Mülheimer Innenstadt: Es fehlt an Fachgeschäften
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„Warum sind die Fachgeschäfte nicht mehr da?“, fragt Walter Orts. Zudem gebe es zu wenig Außengastronomie. Einen Grund für den Niedergang sieht er auch im Forum. So sei es dem ehemaligen Forum-Manager Wolfgang Pins damals gelungen, attraktive Mieter ins Forum zu holen. All dies habe zunehmend dazu geführt, dass die Schloßstraße immer unattraktiver geworden sei. Eine Einkaufsmeile müsse anders aussehen. „In die City gehören Geschäfte, in die man gerne geht!“, so Orts. „Ich hoffe, dass ich es noch erlebe, dass die Schloßstraße wieder eine Einkaufsmeile ist, wo man wieder gerne hingeht.“
Auch zu Forum und Rhein-Ruhr-Zentrum hat Orts eine klare Meinung. „Im Forum sind die Mieten relativ hoch und die Nebenkosten noch höher als die Miete.“ Das Problem des Rhein-Ruhr-Zentrums sei, dass es nicht aktualisiert werde. „Das war früher sehr attraktiv. Jetzt ist es stehengeblieben“, schließt Walter Orts.
Eckhard Brockhoff von Brockhoff Immobilien, die unter anderem für die Vermarktung des ehemaligen Tengelmann-Geländes verantwortlich zeichnen, sieht ein generelles Problem. „Das Ruhrgebiet hat zu viel Einzelhandelsfläche, die vor allem durch den Bau von Einkaufszentren entstanden ist“, konstatiert er. Projektentwickler hätten der städtischen Politik damals versprochen, dass die Zentren auch Kunden von außerhalb anlocken würden. „Abgesehen vom Weihnachtsgeschäft bleiben überregionale Kunden aber aus“, so Brockhoff. Allgemein sei die Kaufkraft im Revier gesunken. „Die Einkaufszentren sind zwar oft gut besucht, aber es kommen nicht die Menschen, die auch Umsatz generieren.“ Man sehe zu wenige Menschen mit „Tüten in der Hand“.
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Mülheim ist „overshopped“ – mangelnde Kaufkraft
Auch speziell für Mülheim sieht Eckhard Brockhoff das Problem der mangelnden Kaufkraft. „Mülheim ist ,overshopped’ – das heißt, es gibt zu viel Einzelhandelsfläche gemessen an der Kaufkraft der Einwohner“, so das Urteil des Fachmanns. „Kleinere Passagen wie das Forum sind kaum noch nachzuvermieten und haben keine Daseinsberechtigung mehr.“
In Bezug auf das Forum teilt Brockhoff die Meinung von Walter Orts. „Im Gegensatz zum Centro in Oberhausen ist im Rhein-Ruhr-Zentrum zu lange nicht investiert worden. Das rächt sich nun. Durch gestiegene Zinsen und Baukosten explodieren zudem die Kosten für Sanierungen“, erklärt er. „Jetzt ist es schwer, Mieter zu finden, die auskömmliche Mieten zahlen können und so die geplante Sanierung finanzieren, die der Eigentümer mittlerweile in Frage stellt.“ Erschwerend komme hinzu, dass die Großmieter im Rhein-Ruhr-Zentrum schwächelten. „Genau von denen lebte das RRZ aber früher“, so Brockhoff.
Auch in Sachen Schloßstraße sind sich die beiden Fachleute einig: Hier fehle es vor allem an Fachgeschäften. Deshalb gingen potenzielle Kunden mit viel Kaufkraft lieber nach Düsseldorf oder Köln shoppen und blieben nicht in Mülheim. Die Bürgerinnen und Bürger hätten ihre Bindung zur eigenen Innenstadt verloren. Brockhoff sieht die Lösung in der Ansiedlung neuer Fachgeschäfte, um Kundschaft mit Kaufkraft anzuziehen.
Mülheim braucht Cafés, Restaurants und andere Angebote
„Das Shoppen in Mülheim muss lebendiger, lebhafter werden. Menschen möchten auch in der Innenstadt verweilen können.“ Dazu brauche es Cafés, Restaurants und andere Angebote. „Dafür eignet sich nicht nur die Schloß- sondern auch die Leineweberstraße“, sagt Eckhard Brockhoff und schließt mit einem kleinen Funken Hoffnung. „Durch gesunkene Mietpreise können Gastro-Konzepte und Fachgeschäfte wieder angesiedelt werden, die früher durch Modeketten verdrängt wurden.“
Wenige Lichtblicke
Alle befragten Fachleute stimmten in der Meinung überein, dass allein die Ansiedlung attraktiver Geschäfte die Einkaufssituation in Mülheim verbessern kann. Lediglich in der Gastronomie gebe es einige wenige Lichtblicke, die jedoch keine Einzelfälle bleiben dürfen, wenn die Innenstadt wieder ein Ort werden soll, an dem sich die Mülheimerinnen und Mülheimer gerne aufhalten.
Auch Elias Dohmen von Franke Immobilien kennt die negative Entwicklung der Schloßstraße. „Der Trend geht da schon lange klar ins Negative.“ Einer der Gründe sei die Tatsache, dass man dort die Qualität abgezogen habe. „Potenzial wäre da“, so Dohmen. Das Problem sei die mangelnde Pflege der Innenstadt. „Die Qualität ist in die Einkaufszentren abgewandert.“ Das Forum hingegen wirke schmuddelig. „Alles transformiert sich immer weiter in Richtung Online-Handel. Das macht die Entwicklung für den gewerblichen Markt schwierig“, so Dohmen.