Mülheim. . Anwohner klagten im Sommer über Pöbeleien, Beleidigungen und Ruhestörungen. Polizei zeigt verstärkt Präsenz. Die Politik diskutiert das Thema.

Muss man sich nach Geschäftsschluss in der Innenstadt besonders vorsehen? Viele Bürger werden das verneinen, die sich regelmäßig unbehelligt in der Stadt bewegen. Aber es gibt eben auch Klagen über Pöbeleien, Beleidigungen, Ruhestörungen, Belästigungen.

Das weiß die Polizei, die in diesem Sommer verstärkt Präsenz in der City zeigte, mit der Stadtwache und der neuen Ermittlungsgruppe, die vor allem zivil zwischen Eppinghofen, Hauptbahnhof, Innenstadt unterwegs ist, um kriminelle Hotspots aufzulösen. „Häufig treffen die Kollegen dabei die gleichen Leute an, die bekannt sind“, sagt Polizeisprecher Christoph Wickhorst. Auffällig geworden seien vor allem Gruppen junger Männer und auch Jugendliche, meist mit Migrationshintergrund, bestätigte der Polizeisprecher auf Nachfrage. „Es sind mehrere Personen, und die haben wir auf dem Schirm.“

Beschwerden und Sorgen im Fraktionsbüro

Das deckt sich mit Beschwerden und Sorgen, die sich Ratsfrau Ramona Baßfeld (Bürgerlicher Aufbruch Mülheim, BAMH) im Fraktionsbüro an der Löhstraße, gegenüber vom Rathaus, vor allem von Frauen anhört. Auch von Frauen mit Migrationshintergrund, wie sie betont. Von Pöbeleien junger Männer auf der Straße berichtet sie, von obszönen Gesten, Beschimpfungen, von Grapschereien gar. Meist nach Geschäftsschluss. Auch sie selbst, die seit zwei Jahren in der Innenstadt lebt, wurde zweimal Opfer von Grapschern, hat das auch jedes Mal zur Anzeige gebracht.

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Das rät sie auch allen Frauen, die zu ihr kommen. Natürlich gebe es auch viele Bürger, denen solche Erlebnisse völlig fremd seien. „Das Rausgehen ohne Ängste ist aber vielen Frauen genommen worden, die in der Stadtmitte leben“, ist Ramona Baßfeld überzeugt. In diesem Sommer ist ihr das als Anwohnerin ganz besonders aufgefallen.

Ein Phänomen, das die Polizei bestätigt: Viel mehr Menschen hätten sich bei dem guten Wetter viel länger in der Innenstadt draußen aufgehalten, das habe die Polizei auch am leicht gestiegenen Anzeigenaufkommen gemerkt, so Polizeisprecher Wickhorst. Darunter waren Straf- und Ordnungswidrigkeitsanzeigen, auch Platzverweise seien ausgesprochen worden. Letzteres ist schwierig, wenn der Betroffene selbst in der City wohnt.

Soziale Ungleichheit der Bewohnerstruktur

Die BAMH-Fraktion hatte Sicherheit und Aufenthaltsqualität in der Innenstadt in der letzten Sitzung des Ausschusses für Bürgerangelegenheiten, Sicherheit und Ordnung (BSO), in dem Vertreter aus Politik und Stadtverwaltung sitzen, zum Thema gemacht. Diskutiert wurde zwischen den Fraktionen sehr konträr, je nachdem, welche persönlichen Erfahrungen es gab. Jürgen Schnitzmeier, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung, und Citymanagerin Gesa Delija, Ansprechpartnerin der Einzelhändler, kamen ebenfalls zu Wort und betonten Handlungsbedarf. Delija, deren Büro an der Löhstraße liegt, kennt die Klagen, von denen Baßfeld berichtet, gut, und verwies auf die soziale Ungleichheit der Bewohnerstruktur.

Finanzkräftige Citybewohner lebten eher am Ruhrquartier. In den Innenstadt, wo es oft weder Garten noch Balkon gebe, seien viele Anwohner im heißen Sommer tags und nachts auf der Straße gewesen. „Die Bewohnerstruktur schlägt sich auch wirtschaftlich nieder.“ Strukturelle Probleme – also alter Immobilienbestand, Leerstände, mangelnde Attraktivität der Innenstadt und Abwanderung von Kunden und Bewohnern – sind Aspekte, die Citymanagement und Wirtschaftsförderung gemeinsam mit Akteuren der Innenstadt mit einem Konzept angehen wollen. Doch all’ das dauert seine Zeit.

BAMH-Ratsfrau Ramona Baßfeld indes will Sicherheit in der Innenstadt weiterhin zur Sprache bringen. Auf der aktuellen Tagesordnung des BSO-Ausschusses, der heute öffentlich ab 15 Uhr tagt, steht das Thema diesmal nicht.