Herne. In Herne gibt die evangelische Großgemeinde Haranni drei von fünf Kirchen auf. Die Gläubigen reagieren mit Bestürzung und Trauer.

Drastischer Einschnitt bei der evangelischen Kirche in Herne: Die Großgemeinde Haranni will drei ihrer fünf Standorte aufgeben. Verkündet wurde das Aus nach dem Reformationsgottesdienst am Donnerstag, 31. Oktober. Diese Entscheidung habe die Gemeindeglieder sehr getroffen. „Die Bestürzung und die Trauer sind groß“, sagt Pfarrerin Melanie Jansen, Vorsitzende und Sprecherin des Presbyteriums, zu unserer Zeitung.

Die Großgemeinde Haranni war erst 2022 durch die Zusammenlegung von fünf evangelischen Kirchengemeinden in Alt-Herne gegründet worden: Die Gemeinden Baukau, Bladenhorst-Zion, Emmaus-Börnig, Kreuz und Sodingen hatten dafür ihre Selbstständigkeit aufgegeben. Damals vermittelten die Verantwortlichen noch Aufbruchstimmung: Für die Gemeindeglieder, so Jansen damals, werde sich zunächst nicht viel ändern, „die werden das wahrscheinlich gar nicht direkt spüren“. Denn: Die Gottesdienste sollen auch weiterhin in den Gemeinden stattfinden.

Nun sieht alles ganz anders aus. Nach langen Verhandlungen und umfänglichen Diskussionen, so die Pfarrerin, sollen folgende drei der fünf Standorte - jeweils Kirche plus Gemeindehaus – bis 2029 aufgegeben werden:

  • zu Pfingsten 2027 der Standort Baukau mit Matthäuskirche und Matthäuszentrum (Bismarckstraße 98),
  • zu Pfingsten 2028 der Standort Zion mit Zionskirche und benachbartem Gemeindehaus (Roonstraße 84) und
  • zu Pfingsten 2029 der Standort Börnig mit Emmauskirche und Emmaus-Gemeindehaus (Schadeburgstraße 57).

Herne: Immer weniger Gläubige, immer höhere Kosten

„Diese Entscheidung ist uns sehr schwergefallen“: Pfarrerin Melanie Jansen, hier bei einem Gebet für den Frieden im Nahen Osten vor einem Jahr.
„Diese Entscheidung ist uns sehr schwergefallen“: Pfarrerin Melanie Jansen, hier bei einem Gebet für den Frieden im Nahen Osten vor einem Jahr. © FUNKE Foto Services | Jonas Richter

„Diese Entscheidung ist uns sehr schwergefallen“, sagt Pfarrerin Jansen. Vorausgegangen sei ein langer Diskussionsprozess, in dem die Beteiligten über den richtigen Weg gerungen hätten. Gemeinde-, Personal- und Finanzentwicklung in den vergangenen, aber absehbar auch in den kommenden Jahren machten diesen radikalen Schritt notwendig. Die einst fünf Herner Gemeinden hätten vor 15 Jahren zusammen noch 20.400 Gemeindeglieder gehabt. Heute seien es in der Großgemeinde nur noch knapp 15.000. Dadurch gebe es weniger Kirchensteuer, zugleich aber stiegen Personal- oder Unterhaltungskosten an.

Hinzu komme: Die Evangelische Kirche von Westfalen ändere den Pfarrstellenschlüssel. Angesichts der sinkenden Zahl der Gläubigen werde die Großgemeinde ab 2031 rechnerisch nur noch über zwei, maximal zweieinhalb Pfarrstellen verfügen dürfen. Zurzeit gebe es in Haranni mit den Pfarrern Uwe Leising, Stefan Grote und Daniel Schwedhelm sowie Katja Lueg (50 Prozent) und ihr selbst noch viereinhalb Pfarrstellen – zuzüglich Pfarrer Paul Hering und Pfarrerin Antje Lewitz-Danguillier (50 Prozent); sie unterstützten und übernähmen Vertretungen. Kurz: Alle aktuellen Standorte und Pfarrpersonen könnten nicht erhalten bleiben.

Auch die Matthäuskirche in Herne soll aufgegeben werden.
Auch die Matthäuskirche in Herne soll aufgegeben werden. © FUNKE Foto Services | Klaus Pollkläsener

Das bedeute jedoch nicht, dass die Gemeindeglieder an den drei betroffenen Standorten nicht mehr seelsorglich versorgt würden. „Wir werden jetzt in die Standorte gehen und mit den Menschen reden“, kündigt die Pfarrerin an. Ziel sei es, dass die Gläubigen in der Haranni-Gemeinde mit zwei verbleibenden Standorten auch künftig eine Heimat haben - „auch wenn sie woanders unterkommen“. In den kommenden zweieinhalb Jahren soll eine Perspektive entwickelt werden, wie „Evangelische Kirche in Herne zukünftig gelebt und gestaltet wird“.

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Platz für alle, so Jansen, gebe es an den verbleibenden zwei Standorten - Bereich Kreuz am Europaplatz und Sodingen an der Mont-Cenis-Straße - genug. Dennoch: Die Gemeinde werde sich mit der Zahl der Angebote, die über die pastorale Grundversorgung hinausgehen – also der Durchführung von Gottesdiensten, Taufen, Trauungen, Beerdigungen, Konfirmandenunterricht, diakonische Arbeit vor Ort oder Begleitung von Gruppen – beschränken müssen.

Wird es auch Entlassungen geben? Das soll vermieden werden, betont die Pfarrerin. Bis 2029 gingen viele Kolleginnen und Kollegen der Großgemeinde in Ruhestand. Wenn am Ende mehr Kolleginnen und Kollegen an Bord seien sollten als rechnerisch erlaubt, dann könnten sie in anderen Bereichen eingesetzt werden. Was mit den Gebäuden und Standorten, die aufgegeben werden sollen, passieren soll, sei noch nicht klar: „Da gibt es überhaupt noch kein Konzept.“ Wichtig sei zunächst, den Umbau der Großpfarrei zu organisieren.

>>> Weitere Schließungen in Wanne und bei der Katholischen Kirche

  • Auch in der evangelischen Kirche in der Gemeinde Wanne-Eickel gibt es Einschnitte: Vor knapp einem Jahr wurde bekannt, dass die Zwölf-Apostel-Kirche (Bezirk Wanne) und die Lutherkirche (Bezirk Röhlinghausen) aufgegeben werden.
  • Einschnitte gibt es auch bei der katholischen Kirche. In den beiden Großpfarreien sollen insgesamt mindestens sieben Kirchen schließen. Zuletzt kam das Aus der Kirchen St. Konrad in Constantin, St. Barbara in Elpeshof und St. Elisabeth in Herne-Mitte. An diesem Samstag, 2. November, werden die Gotteshäuser entwidmet, um den Weg für eine neue Nutzung freizumachen. Ebenfalls beschlossen wurde auch die Teilaufgabe des Standorts St. Pius in Pantringshof.