Herne. Melanie Jansen ist Pfarrerin der Kreuzkirchengemeinde. Ihr Mann kümmert sich um die Kinder. Ein Umstand der anfangs für Irritation sorgte.

Obwohl Melanie Jansen aus keinem kirchlich geprägten Elternhaus stammt, entschied sie sich Pfarrerin zu werden. Seit zehn Jahren ist sie im Amt und seit 2013 gewählte Pfarrerin der Kreuzkirchengemeinde. „Mein erster intensiver Kontakt mit der Kirche war der Konfirmandenunterricht. Der Pfarrer damals hat mich fasziniert. Ich wollt dann auch so fest glauben wie er und bin in eine mir so fremde Welt eingetaucht“, erklärt die 39-Jährige gebürtige Hattingerin. Weil es dort keine Jugendarbeit gab, ging sie in den Sonntagsgottesdienst und zog den Altersschnitt ganz schön nach unten: „Gestört hat mich das nicht.“ Bibeltexte lesen. Predigten hören. Zur Ruhe kommen. „Ich habe das genossen.“

Nächster wichtiger Schritt für ihren Weg zur Pfarrerin war ein Hebräisch-Sprachkurs. Mit dem Abitur 1999 erhielt sie auch das Hebraicum. Voraussetzung für das Theologiestudium. Die Landeskirche riet damals ab, dieses Fach zu studieren: „Es hieß, dass man wahrscheinlich arbeitslos werde, denn es gab eine Überbesetzung, viele Absolventen warteten auf eine freiwerdende Pfarrstelle.“ Trotz dieser Warnung begann Melanie Jansen zu studieren. Sie bestand alle Prüfungen.

Die ersten vier Jahre arbeitete sie im Sendungsdienst in Dortmund, kam schließlich nach Herne. „In meiner Bewerbungsphase war das Kinderkriegen leider oft Thema und ich habe zuhören bekommen, dass man mich nicht genommen hat, weil ein Mann einfach sicherer sei.“

Jansen stellte sich der Skepsis

Die Tatsache, dass eine Frau am Altar steht, sei für einige immer noch etwas außergewöhnliches: „Die Akzeptanz wird aber größer.“ Die Mutter von zwei kleinen Kindern könne ihren Job nur meistern, weil ihr Mann zuhause bleibe und sich um die Kinder kümmere. „Eigentlich passt unser Familienmodell gar nicht zum traditionellen Familienbild der Kirche“, meint Jansen. Gerade in ihrer Anfangszeit musste sie sich der Skepsis einiger älterer Gläubigen stellen. Auch weil sie ein Jahr nach der Geburt wieder begann zu arbeiten.

Und auch ihr Mann müsse sich hin und wieder erklären, warum er sich um Haushalt und Kinder kümmere und nicht seine Frau. „Witzig finde ich, dass ich bei Veranstaltungen gerne mal was zu Essen für meinen Mann eingepackt bekomme, denn als Mann kann er ja nicht alleine kochen, denken sie zumindest.“

Die Gemeindemitglieder in der Innenstadt, die sich stark engagieren seien hingegen liberal, so Jansen. Die Tatsache, dass die Gemeinde hintereinander mit ihr im Jahr 2013 bereits die zweite Frau gewählt hat, sage etwas über die Gemeinde aus.

Pfarrstellen überwiegend von Männern besetzt

Interesse am Theologiestudium zeigen heute vor allem Frauen, heißt es seitens des Pfarrerverbands Deutschland. In dreißig Jahren werde das Pfarramt daher ein weiblicher Beruf sein, denkt Melanie Jansen: „Aber soweit sind wir noch nicht.“ Immer noch besetzten deutlich mehr Männer als Frauen die Pfarrstellen in Herne und Castrop-Rauxel. Drei Frauen - eine davon derzeit in Elternzeit - und neun Männer üben das Pfarramt in Herne aus, in Wanne-Eickel sind es sieben Männer und zwei Frauen. „Berufe werden dann von Frauen ausgeübt, wenn sie an gesellschaftlichem Prestige verlieren, hat mal eine kluge Frau zu mir gesagt. Und ich denke, das stimmt.“

Keine festen Arbeitszeiten

Meine Stärke und Schwäche

1. Meine Stärke ist … Menschen gut zuhören zu können.
2. Meine Schwäche ist …nicht immer gut zwischen Dienst und Privatleben trennen zu können.
3. Frauen, die Pfarrerin werden wollen, rate ich … Pfarrerin zu werden, wenn sie Freude daran haben, Menschen von der Liebe Gottes zu uns Menschen zu erzählen, wenn sie Menschen mögen und sich in ihrer Berufswahl nicht von anderen beeinflussen lassen, sondern eigene Wege zu gehen.

Und obwohl ihr Mann sie tatkräftig unterstützt, sei die Vereinbarkeit von Familie und Pfarramt immer wieder eine Herausforderung. Denn feste Arbeitszeiten gebe es nicht. Samstags hat die 39-Jährige in der Regel frei. Aber manchmal klappt auch das nicht, wenn beispielsweise eine Trauung oder eine Beerdigung ansteht. Das Wichtigste seien ihr die Menschen und die Seelsorgegespräche, für die sie sich stets viel Zeit nimmt. Problematisch sei hingegen, dass es keine Instanz gebe, die hilft wenn Melanie Jansen mal ausfällt: „Wenn ich oder meine Kinder krank sind, dann muss ich trotzdem auf den Friedhof und eine Beerdigung begleiten.“ Viele Vertreter gebe es nicht. Und auch ein Blick in die Zukunft sieht eher düster aus: „1999 hatten wir noch zu viele, jetzt, 2019 sind wir in der Situation, dass wir zu wenige Bewerber haben.“