Herne. Für die Grünen in Herne steht fest: Die Stadt hat über die Wewole-Stiftung gelogen. Warum die Partei noch mehr Klärungsbedarf hat.
Dieser Vorwurf wiegt schwer: Nach einer Akteneinsicht im Rathaus in Herne sieht es Grünen-Ratsfrau Dorothea Schulte als erwiesen an, dass Stadtdirektor Hans Werner Klee in seiner Zeit als Kämmerer im Rat die Unwahrheit gesagt hat. Anlass der Auseinandersetzung ist die Diskussion über die Wewole-Stiftung (früher: WfB - Werkstatt für Behinderte). Aus Sicht der Grünen sind bezüglich der kriselnden Wewole aber noch immer viele Fragen offen.
Am Anfang war der Ratsentscheid: In nicht öffentlicher Sitzung beschloss der Rat im September 2022 auf Vorschlag der Stadt einen Prüfauftrag über eine Eingliederung der Stadttochter GBH (Gesellschaft für Beschäftigung Herne) bei der Wewole. Das Ziel der Stadt, Kosten bei der defizitären GBH einzusparen, stieß damals in der Ratsopposition und bei der Gewerkschaft Verdi aus unterschiedlichen Gründen auf harsche Kritik.
Trotz des selbst initiierten Beschlusses enthielt die Verwaltung der Politik das Ergebnis der Prüfung vor, obwohl es eigentlich fürs erste Quartal 2023 angekündigt worden war. Erst auf Nachfrage der Grünen gab die Stadt zunächst im Februar 2024 im Finanzausschuss und dann im April im Rat bekannt, dass eine Eingliederung der GBH bei der Wewole mehr Nachteile hätte und man deshalb davon Abschied genommen habe.
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Unter Berufung auf den Hinweis Klees in der April-Ratssitzung (er ging im Mai in den Ruhestand), dass trotz des Auftrags an ein externes Büro nichts Schriftliches zu diesem Vorgang vorliege, beantragten die Grünen Akteneinsicht bei der Stadt. Ihre Einschätzung, dass ein solcher Vorgang selbstverständlich dokumentiert werde, habe sich bestätigt, sagt Dorothea Schulte im Gespräch mit der WAZ. „Natürlich gab es Akten. Der ehemalige Kämmerer hat gelogen.“ Für andere Vorgänge bei Wewole sei ihr Aktenstudium allerdings wenig erhellend gewesen.
Aufgabe eines Herner Wewole-Standortes löst Entsetzen aus
„Andere Vorgänge“, das ist für die Grünen vor allem die Frage: Für wen gibt der gemeinnützige Verein Wewole Geld aus? Die Frage rückte zuletzt in den Fokus durch die Aufgabe einer angemieteten Halle am Zechenring, in der die Wewole 80 Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen beschäftigt hatte. Die Wewole machte Kostengründe für die Abmietung und den Umzug der Abteilung in die Wewole-Zentrale in Horsthausen geltend. Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern äußerten sich gegenüber der WAZ und auch gegenüber Schulte entsetzt über diese Entscheidung. Die Arbeitsbedingungen für die Betroffenen verschlechtere sich dadurch erheblich, so die Klage.
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Die Grünen-Sozialpolitikerin, die ehrenamtlich einem Herner Verein für psychosoziale Hilfe vorsitzt (Nachbarn e.V.), wirft im Gegenzug die Frage auf, wem andere finanziell kostspielige Projekte der Wewole eigentlich nutzen. Als Beispiele nennt sie den beschlossenen Bau eines Parkhauses an der Wewole-Zentrale, das Wewole-Forum im Herner City-Center und das Anpachten des historischen Emscherquellhofes in Holzwickede. Seit einem halben Jahr zweifele sie zunehmend daran, so Schulte, ob die Wewole ihrem Zweck gerecht werde: alles dafür zu tun, dass es Menschen mit Behinderung besser gehe.
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