Herne. Taubenhäuser: Recklinghausen hat sie, Gelsenkirchen und Neuss auch. Tierschützer streben dies nun auch für Herne an und suchen Unterstützung.

Kot auf Gebäuden und Gehwegen, verkrüppelte und kranke Tiere, ein Anstieg der Population: Probleme mit und Probleme für Tauben nähmen in Herne rapide zu, beklagen Tierschützer und widersprechen damit der Stadtverwaltung. Sie wollen einen Verein ins Leben rufen, um damit eine Basis für die Einrichtung von Taubenhäusern zu schaffen. Und sie wollen damit den Druck auf Stadt und Politik erhöhen.

Sabine Mielke und ihr Mann Bernd Blech sowie Jacqueline Foth und ihre Lebensgefährtin Sabine Tkotz wollen die Vereinsgründung nach den Sommerferien voranbringen. Sie und viele andere Hernerinnen und Herner seien schon seit Jahren aktiv, berichtet Sabine Mielke. Immer wieder würden sie und andere Tierschützer aus der Bevölkerung auf kranke oder verendete Tauben und eine Überpopulation aufmerksam gemacht.

Für den WAZ-Fotografen stellen sie sich unter die Brücke am Herner Bahnhof, die schon häufiger Gegenstand öffentlicher Debatten über Tauben(kot) war. Solche Hotspots gebe es zuhauf in der Stadt, berichtet Jacqueline Foth. Sie sei einmal quer durch die gesamte Stadt von Röhlinghausen bis Horsthausen gefahren und habe viele Orte mit einer größeren Zahl an Tauben gezählt. Zwischen Meistertrunk und der Kirche in Eickel beispielsweise, in der Wanner Fußgängerzone und an einer Unterführung an der Dorstener Straße. „So etwas gibt es in jedem Stadtteil“, ergänzt Sabine Mielke.

Sie wollen nach den Sommerferien Ernst machen bei der Gründung eines Taubenvereins: (v.li.) Sabine Mielke, Bernd Blech, Jacqueline Foth und Sabine Tkotz am Tauben-Hotspot am Bahnhof in Herne-Mitte.
Sie wollen nach den Sommerferien Ernst machen bei der Gründung eines Taubenvereins: (v.li.) Sabine Mielke, Bernd Blech, Jacqueline Foth und Sabine Tkotz am Tauben-Hotspot am Bahnhof in Herne-Mitte. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Zu lösen wäre das Problem recht einfach, betont das Quartett. Andere Städte hätten es ja längst vorgemacht. Es müssten Taubenhäuser (Taubenschläge) errichtet werden, so die Forderung. „Man muss Tauben anlocken und sicherstellen, dass sie sich wohlfühlen“, sagt Foth. Erfahrungen zeigten, dass Tauben sich bis zu 80 Prozent des Tages in Taubenhäusern aufhielten, weil sie dort Futter und Wasser bekämen: „Wir holen Tauben damit von der Straße.“ Frei fliegen könnten sie von ihren Häusern und Schlägen natürlich weiterhin.

Taubeneier werden gegen Gipseier ausgetauscht

Dieses Konzept ermögliche es zudem, den Gesundheitszustand zu überprüfen und Kot zu entfernen. Und auch eine Populationskontrolle könne dort erfolgen: Tauben legten zwei- bis sechsmal im Jahr zwei Eier, die dann gegen Gipseier ausgetauscht werden könnten. Dadurch könnte die Zahl der Tauben mittelfristig reduziert werden. Einmal im Jahr sollte Tauben jedoch ein „Bruterfolg“ ermöglicht werden, so Foth.

Ein Bild des Elends: Tauben sitzen in der Herner Bahnhofsunterführung.
Ein Bild des Elends: Tauben sitzen in der Herner Bahnhofsunterführung. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Foth, Mielke & Co. stellen nicht nur Forderungen, sondern unterbreiten der Stadt auch ein Angebot. Wenn die Stadt Taubenhäuser errichte und sie durch einen Verein mehr Man- und Womanpower hätten, wären sie bereit, für „ein, zwei Jahre“ ehrenamtlich die Betreuung zu übernehmen. Anschließend könnte man über ein neues Modell nachdenken. So hätten andere Kommunen „Taubenwärter“ eingestellt.

Den Verweis auf die leeren Kassen wollen sie nicht gelten lassen. Taubenhäuser kosteten keine Unsummen, betont das Quartett. Und: Bei den Reinigungskosten könnten erhebliche Einsparungen erzielt werden.

„We need kindness, no kicks“ („wir brauchen Freundlichkeit, keine Tritte“): Tierschützerin Sabine Mielke vermittelt über ihr T-Shirt diese Botschaft. Gestaltet wurde es von ihrer Mitstreiterin Jacqueline Foth.
„We need kindness, no kicks“ („wir brauchen Freundlichkeit, keine Tritte“): Tierschützerin Sabine Mielke vermittelt über ihr T-Shirt diese Botschaft. Gestaltet wurde es von ihrer Mitstreiterin Jacqueline Foth. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Das sei wichtig: Der zu gründende Verein stehe alle Menschen offen. Egal, ob Menschen das Elend der Tauben nicht mehr hinnehmen wollten oder den Kot nicht mehr sehen könnten - „bei uns sind alle willkommen.“ Bernd Blech, der als Stadtverordneter für die Gruppierung Unabhängige Bürger dem Rat angehört, will mit dem Verein auch betroffene Geschäftsleute ins Boot holen und mit ihnen kooperieren.

Taubenvereine aus anderen Städten, die nach Notrufen bisweilen auch in Herne aktiv würden, seien völlig ausgelastet. „Alle stoßen an Kapazitätsgrenzen“, wissen die Tierschützerinnen und Tierschützer. Deshalb sei es höchste Zeit, endlich auch in Herne einen Verein zu gründen, Menschen für dieses Anliegen zu gewinnen und die Hilfe auf ein solides Fundament zu stellen.

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Mit ihrer Forderung stehen sie nicht allein da: Bereits 2023 hat der Tierschutzverein Herne-Wanne das „Taubenelend“ in Herne beklagt und einen XXL-Taubenschlag gefordert. Im selben Jahr scheiterte die Linke mit einem entsprechenden Vorschlag in Herne-Mitte. Vor wenigen Wochen hat die SPD das Thema im Umweltausschuss auf die Tagesordnung gebracht, ist bei der Verwaltung aber (zunächst) auf Granit gestoßen. SPD-Ratsherr Roberto Gentilini - er steht in Kontakt zu den designierten Gründern eines Vereins - will das nicht so stehen lassen und alle Beteiligten an einen Tisch holen.

Kontakt zu den Vereinsgründern per Mail: Herner-Stadttaubenprojekt@web.de.

Als Vorzeigeprojekt gilt das Taubenmanagement in Gelsenkirchen. Im Bild: ein Taubenhaus - ein Container - in einem kleinen Park in der Gelsenkirchener Innenstadt.
Als Vorzeigeprojekt gilt das Taubenmanagement in Gelsenkirchen. Im Bild: ein Taubenhaus - ein Container - in einem kleinen Park in der Gelsenkirchener Innenstadt. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

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  • Die fränkische Metropole Augsburg gilt als Vorzeigekommune beim Umgang mit Stadttauben. „Das dortige Konzept hat sich bewährt“, sagt Sabine Tkotz.
  • Das Konzept basiert vor allem auf der Einrichtung betreuter Taubenschläge, auch in denkmalgeschützten Gebäuden. Zehn Taubenschläge und zwei Taubentürme sind seit Projektstart 2017 eingerichtet worden.