Hattingen. Immer wieder tauchen in der Ruhr bei Hattingen Stoffe auf, die da nicht hingehören: von Unkrautvernichter bis Lösungsmittel. Das hat Folgen.
Unbekannte Substanz in der Ruhr: Diese Meldung machte im vergangenen Frühjahr die Runde. Inzwischen steht fest, welche Substanz das war. Aber längst gibt es neue Meldungen über mögliche Gefahrenstoffe - und auch eine neue Unbekannte, die in der Ruhr bei Hattingen nachgewiesen wurde.
Im April tauchte eine unbekannte Substanz an verschiedenen Messstellen in der Ruhr auf. Auch in Hattingen wurde sie nachgewiesen und das nicht zum ersten Mal. Schon im Oktober 2023 und Februar 2024 waren geringe Mengen des Stoffs an anderen Stellen des Flusses gemessen worden. Die Labore waren ratlos, um was es sich handeln könnte, obwohl es Hinweise zur Herkunft gegeben hatte.
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Inzwischen gibt es doch ein Ergebnis: „Diese Unbekannte konnte nach aufwendigen Untersuchungen durch unser Labor identifiziert werden: Tetraoxaundecan“, teilt das Landsamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) in NRW mit. Dabei handelt es sich um ein alternatives Lösemittel. Von Wetter bis Mülheim war die Substanz auch im Juli und August wieder gefunden worden. Eine Gefahr bestand aber aufgrund der geringen Konzentration weder für Wasserorganismen noch für Menschen.
„Wir messen so sensitiv, dass wenig reicht, um einen Alarm auszulösen.“
Auch im vergangenen Jahr wurde in Hattingen an sechs Tagen eine erhöhte Konzentration einer neuen unbekannten Substanz gemessen. Zwar gibt es eine grobe Einordnung, aber keine abschließende Identifikation. Auch hier bestand keine Gesundheitsgefahr. Dennoch wurde die Wasserschutzpolizei standardmäßig mit Ermittlungen beauftragt.
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Dass es extrem schwierig ist, Verursacher für Verunreinigungen zu finden, erklärt Wilhelm Deitermann, Sprecher des LANUV. Noch relativ einfach sei die Zurückverfolgung zu einem Schiff als Quelle, da es hier gute Dokumentationen gibt. Extrem schwierig wird es, wenn eine Substanz Ländergrenzen überschreitet - selbst innerhalb Deutschlands. Denn andere Bundesländer messen oft weniger aufwändig als NRW. Doch auf innerhalb der eigenen Grenzen bleibt die Quelle eines Stoffs oft unklar. „Wenn es zum Beispiel um Pflanzenschutzmittel oder ähnliches geht, sind wir eher bei der landwirtschaftlichen Saison. Wenn diese Stoffe durch Regen abgeschwemmt werden, ist es schwierig nachzuvollziehen, woher sie kommen“, erklärt Deitermann.
Fischsterben im Deilbach
Einen Umweltalarm rief im Dezember allerdings das Umweltamt der Stadt Essen aus, nachdem im Bereich des Wehres an der Kupferdreher Straße im Deilbach eine größere Anzahl toter Fische gefunden wurde. Bisher konnte keine Ursache des Fischsterbens gefunden werden.
Zuletzt waren im Deilbach tote Fische gefunden worden, als im Februar 2023 in Velbert ein Güllefass ausgelaufen war.
Auch in Hattingen waren erst vor wenigen Wochen erhöhte Konzentrationen eines Herbizids für Wintergetreide nachgewiesen worden, ebenso aber in Fröndenberg und Mülheim. Und auch ein Tensid, das in Druckertinten, Lacken, Metallreinigern, Textilfarben, Reinigungsmitteln, Zement und Pestiziden vorkommt, fiel bei Messungen 2024 auf. Die gemessenen Werte befanden sich aber jeweils weit unter der Schwelle, ab der der Stoff giftig für Mikroorganismen geschweige denn Wirbeltiere oder Menschen wirken könnte.
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„Wir messen so sensitiv, dass wenig reicht, um einen Alarm auszulösen“, betont der LANUV-Sprecher. Ziel dieser genauen Messungen sei an vorderster Stelle immer die Sicherung der Trinkwassergewinnung. Deshalb werden Umweltereignisse umgehend an die Betreiber von Trinkwassergewinnungsanlagen weitergegeben. Diese Meldungen erreichen die Verantwortlichen, dank einer automatisierten Überwachung der Messstellen rund um die Uhr, sehr schnell. Die Betreiber können dann selbst entscheiden, ob zum Beispiel die Wassergewinnung ausgesetzt wird, bis die Welle vorbeigezogen ist. Dann ist die spätere Aufarbeitung des Trinkwassers unter Umständen weniger aufwändig.
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„Es ist eine große Vorsorge, die wir hier betreiben. Gefährlich sind die Konzentrationen der nachgewiesenen Stoffe in der Regel nicht“, betont der Sprecher des Umweltamtes. Entsprechend wird auch die Bevölkerung nicht bei jedem Fund gewarnt. Wen die Meldungen interessieren, der findet sie aber auf der Internetseite des LANUV unter Service und dort Umweltereignisse.