Hattingen. Ein junger Mann aus Hattingen rastet immer wieder aus. Die Polizei bezeichnet ihn als unberechenbar. Für die Richter ist der Fall nicht einfach.
Er fauchte wie ein Tier, würgte die eigene Mutter, bedrohte Polizisten: Immer wieder hat ein junger Mann aus Hattingen für Angst und Schrecken gesorgt. Sein Weg in die geschlossene Psychiatrie war eigentlich vorgezeichnet. Doch jetzt kann der 19-Jährige wieder hoffen.
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Seit rund einem Monat steht der Hattinger vor Gericht und ist kaum wiederzuerkennen. Er ist höflich und ruhig, hat offenbar verstanden, dass er Hilfe braucht. Von Krankheitseinsicht ist plötzlich die Rede. Und dass er damit begonnen habe, sich mit seinen Taten auseinanderzusetzen. „Er möchte an sich arbeiten“, so die Staatsanwältin.
Polizisten mit Stichflamme gedroht
Aber kann man ihm trauen? Immer wieder ist die Polizei zu der Adresse der Familie in Welper gerufen worden. Einmal stand der 19-Jährige vor ihnen – mit Deo und einem Feuerzeug. „Ihr werdet brennen“, so seine Worte. Dass das Feuerzeug nicht funktionierte, konnten die Beamten nicht wissen.
„Wäre er ganz alleine für sich, würde vielleicht nichts passieren. Dann würde er auf der Couch sitzen und fernsehen.““
„Das war eine sehr bedrohliche Situation“, sagte die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer vor der 24. Strafkammer des Essener Landgerichts. „Was wäre, wenn es wirklich eine Stichflamme gegeben hätte?“ Die eingesetzten Polizisten hatten den 19-Jährigen später als „unberechenbar“ bezeichnet.
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Einmal stand der Hattinger mit einem Steakmesser vor der Wohnungstür eines Nachbarn. „Der ist ein Vampir“, hatte er später dazu erklärt. Ein anderes Mal drohte er seiner Mutter mit dem Tod. Die 56-Jährige flüchtete ins Badezimmer, stürzte in die Wanne, schlug sich den Kopf auf.
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Hintergrund der Taten ist paranoide Schizophrenie. Der Hattinger litt zur Tatzeit unter Verfolgungswahn, wusste sich offenbar nicht anders zu helfen. Hinzu kam Alkoholmissbrauch.
„Jeder hat eine Chance verdient“
Trotzdem glaubt die Staatsanwältin, dass es noch Hoffnung gibt. „Er hat in seiner eigenen Welt gelebt“, so die Anklägerin. Mutter und Nachbarn hätten ihn gestört. Wenn er ganz alleine für sich sei, würde vielleicht nichts passieren. „Dann würde er auf der Couch sitzen und fernsehen.“
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Die Anklägerin hat in ihrem Plädoyer zwar beantragt, die Unterbringung in der geschlossenen Psychiatrie anzuordnen – allerdings auf Bewährung. Das würde bedeuten: Nimmt der 19-Jährige regelmäßig seine Medikamente, kann er in Freiheit weiterleben. „Jeder hat eine Chance verdient.“
Richter müssen entscheiden
Das sieht auch Verteidiger Henner Sentner so. Er hat allerdings beantragt, die Unterbringung in der geschlossenen Psychiatrie überhaupt nicht anzuordnen – auch nicht auf Bewährung. Weil bis auf Drohungen eigentlich kaum etwas passiert sei.
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Klassisch bestraft werden kann der Hattinger nicht. Er gilt als schuldunfähig. Das Urteil soll in der kommenden Woche gesprochen werden.