Gladbeck. Geht bei der Feuerwehr Gladbeck der Alarm los, ist alles genau getaktet. Jede Minute zählt. Was bei einem Notruf hinter den Kulissen passiert.
Eine blaue, zylinderförmige Warnlampe leuchtet über Georg Fragemanns Bürotür auf, während ein Signalton heult. Eine Computerstimme ruft einen Einsatz aus. Fragemann bleibt gelassen. „Das ist der Gong für einen Krankentransport“, erklärt der Abteilungsleiter für den Rettungsdienst. Drei verschiedene Signaltöne schallen durch die Gladbecker Feuerwache – je nachdem, welcher Fahrzeugtyp gefragt ist.
Der Tag des Notrufs liegt passgenau auf dem 11. Februar: dem 11.2. In ganz Europa sind unter der 112 Feuerwehr und Rettungsdienst erreichbar. Im Ernstfall zählt jede Sekunde. Je schneller sich Menschen an eine Nummer erinnern, umso schneller kann auch die Hilfe eintreffen. In Gladbeck erreichen Anruferinnen und Anrufer unter der 112 die Leitstelle in Recklinghausen.
Gladbecker Einsatzkräfte bekommen Alarm auf drei Wegen
„Die Leitstelle belegt den eingehenden Notruf mit Alarmstichworten und löst hier dann entweder das Signal für einen Rettungstransportwagen, einen Krankentransportwagen oder einen Brandeinsatz aus“, sagt Fragemann. Für den Alarm gebe es außerdem Sprachbausteine, die die Leitstelle bei Bedarf ergänzen müsste.
Damit das Team möglichst gut vorbereitet am Einsatzort eintrifft, sammelt der Disponent in der Leitstelle schon möglichst viele Informationen. In dieser strukturierten Notrufabfrage geht es um die klassischen W-Fragen. „Im Notfall ist bereits Hilfe unterwegs, während das Telefonat noch geführt wird“, erklärt Lena Heimers, Pressesprecherin beim Kreis Recklinghausen.
Standort der Person geht automatisch an die Leitstelle
Der Standort der anrufenden Person wird über den Positionsbestimmungsdienst AML (Advanced Mobile Location) automatisch mitgeschickt. „Darüber hinaus hat die Leitstelle weitere Möglichkeiten, den Standort zu bestimmen“, so Heimers. Bei einem Unfall läuft das etwa über den E-Call eines Fahrzeugs.
Die ersten Infos laufen also akustisch und auf einem Bildschirm in der Gladbecker Zentrale ein. Dort erscheint, um welche Art Notfall es sich handelt und welches Fahrzeug ausfahren soll. So wissen die Einsatzkräfte sofort, ob sie Sonderrechte haben, also mit Blaulicht und Sirene fahren dürfen, welches Team ausrückt und wohin sie müssen. „Wir haben den akustischen und optischen Alarm, einen Melder und auch eine App auf dem Telefon, die uns alarmieren“, sagt Christian Siemes, Abteilungsleiter Vorbeugender Brandschutz.
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Statusmeldungen zeigen Fortschritt des Einsatzes
Geht der Alarm los, reagiert das Team schnell. Die Leitstelle schätzt die Größe des Einsatzes ein und vergibt direkt eine Kategorie. „Bei einem F3-Notruf, bei dem Menschenleben in Gefahr sind, haben wir zum Beispiel mindestens 18 Leute im Einsatz“, so Fragemann. Alle Informationen der Leitstelle bekommen die Einsatzkräfte als Ausdruck mit auf den Einsatz.
„Das Tor geht mit dem Gong automatisch auf und das Einsatzteam gibt einen neuen Status 3, hat also einen Einsatz übernommen“, erläutert Siemes. Jeden Schritt meldet das Team ab jetzt über einen neuen Statusknopf, bis der Einsatz beendet ist. Darüber stehen Rettungsdienst und Feuerwehr auch während des Einsatzes immer wieder im Austausch mit der Leitstelle. „Bei der Feuerwehr haben wir im Einsatzleitwagen einen kleinen Besprechungsraum und auch eine Funkstelle“, erklärt Siemes. „Über eine Drohne können wir uns aus der Luft ein Bild von der Lage machen und sowohl mit der Leitstelle als auch mit anderen Institutionen Kontakt halten.“
Blick in die Feuerwache Gladbeck
Mit einer eigenen, kleinen Zentrale ist die Gladbecker Feuerwehr auch für Ausfälle gerüstet. Sollte die Leitstelle außer Gefecht gesetzt sein, kann die Gladbecker Wehr für ihr eigenes Einsatzgebiet im Notfall übernehmen. „Das machen wir auch, wenn es eine sogenannte Vielschadenslage gibt“, erläutert Siemes. Das seien Situationen, in denen es zu zahlreichen Einsätzen an unterschiedlichen Orten kommt, zum Beispiel bei einem Hochwasser. Die Zentrale habe außerdem den Überblick, welches Fahrzeug gerade wo ist, und ob es einsatzbereit ist.
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Derzeit seien die Einsätze noch von viel handschriftlicher Bürokratie begleitet, erklärt Fragemann. Die Einsatzinfos gibt es als Ausdruck mit auf den Weg, sämtliche Medikamente und Behandlungen muss das Team handschriftlich dokumentieren und auf einen Bogen eintragen. Diesen werte ein weiterer Kollege schließlich aus und trage sie ins System ein, um beispielsweise Abrechnungen zu erstellen.
Zahlen und Fakten
Die Notruf-Nummer 112 gilt in ganz Europa.
Die Notrufe aus und für Gladbeck gehen in der Kreisleitstelle Recklinghausen ein.
In der Kreisleitstelle arbeiten insgesamt 60 Disponenten.
Im gesamten Kreis Recklinghausen arbeiten mehr als 900 hauptamtliche Kräfte in Feuerschutz und Rettungsdienst sowie 1900 ehrenamtliche Feuerwehrleute und unzählige Freiwillige bei Hilfsorganisationen.
Im Jahr 2024 gab es für den Kreis Recklinghausen durchschnittlich 512 Anrufe pro Tag über die Rufnummer 112 und den Krankentransport 19222.
Die Feuerwehr Gladbeck rückte im Jahr 2024 zu insgesamt 17.048 Einsätzen aus. Das sind durchschnittlich 46 pro Tag.
Die Gladbecker warten sehnsüchtig darauf, dass sie diesen Arbeitsschritt direkt digital machen können. Eine große Erleichterung stehe aber bereits in diesem Jahr an: Der Telenotarzt erspart Einsatzkräften und auch hilfsbedürftigen Menschen die eine oder andere Fahrt ins Krankenhaus. „Der sitzt in Münster und kann sich den Patienten über Video ansehen, sodass er oder sie vielleicht doch nicht ins Krankenhaus muss, sondern die Versorgung vor Ort ausreichte und die Person zu Hause bleiben kann“, erklärt Fragemann. Denn der Rettungsdienst sei verpflichtet, Menschen auch ins Krankenhaus zu fahren, wenn diese es möchten.
„Es gibt auch Personen, die versuchen, das auszunutzen“, berichtet Fragemann. Wenn es allerdings kein Notfall sei, erspare ihnen auch der Rettungswagen die Wartezeit im Krankenhaus nicht. Fragemann appelliert daher an die Solidarität der Gladbecker Bürgerinnen und Bürger. „Wenn wir rausfahren müssen, obwohl jemand auch einen einfachen Krankentransport hätte nutzen können, fehlt das Einsatzteam an anderer Stelle“, so Fragemann. „Dann muss ein Fahrzeug von woanders zum echten Notfall und im Zweifel fehlen dann wertvolle Minuten, weil es länger braucht.“
Wann wähle ich welche Nummer?
Ist die Erkrankung oder Verletzung lebensbedrohlich, etwa Symptome, die auf Herzinfarkt oder Schlaganfall hinweisen: Notruf 112.
Ist die Erkrankung nicht lebensbedrohlich, kann aber nicht bis zur nächsten Sprechstunde beim Arzt warten, also alle Arten von Erkrankungen oder Verletzungen, mit denen man sonst zu seinem Arzt gehen würde, beispielsweise Infekte: Patientenservice 116 117.
Für einen Krankentransport, der planbar ist: 19222
Eine weitere Erleichterung erhofft sich das Team von einer digitalen Schnittstelle zum Krankenhaus – und auch der Möglichkeit, die Krankenkassenkarte auszulesen. Mit der digitalen Patientenakte könnten die Einsatzkräfte viel schneller Vorerkrankungen feststellen und gezielter handeln. Auch ein digitaler Kontakt ins Krankenhaus würde die Arbeit erleichtern. „Aktuell können wir nur anrufen und den Schockraum auslösen, dann stehen also alle parat, sobald wir kommen.“ Eine automatische Information des Krankenhauses, etwa über Medikation und Werte, sei ein großer Gewinn.
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