Gladbeck. Weil es Probleme mit Wasserleitungen gibt, transportierte ein Ehepaar Gießkannen per Rad. Doch Beschwerden über Radler auf Friedhöfen nehmen zu.
„Wenig Leistung, aber Strafen“, so hat Rüdiger Stahlhut eine Mail an die WAZ-Redaktion überschrieben. Der 68-Jährige hat sich mächtig geärgert – über die nach seiner Meinung mangelhafte Pflege der Gemeinschaftsgräber auf dem Friedhof in Brauck, über die auch ein Jahr nach der Bestattung seiner Schwiegermutter immer noch fehlende Bodenbepflanzung auf dem Gemeinschaftsgrab und vor allem, weil Mitarbeiter des Kommunalen Ordnungsdienstes ihm und seiner Frau Ulrike (67) ein Bußgeld in Höhe von jeweils 1000 Euro angedroht haben, als sie das Ehepaar radelnd auf dem Friedhof erwischten.
Stahlhuts müssen sechs Gräber bewässern. Weil im mittleren Teil des Friedhofs derzeit wegen eines Leitungsschadens keine Wasserzapfstellen funktionieren, haben sie die Gießkannen auf den Rädern transportiert, obwohl sie wissen, dass Radfahren auf den Friedhöfen verboten ist. Entsprechende Schilder hängen an allen Zugängen. „Das Tragen der 10-Liter-Kannen über mehrere hundert Meter ist kaum zumutbar“, findet Rüdiger Stahlhut und fügt in seiner Mail sarkastisch hinzu: „Letztendlich bezahlen wir die 2000 Euro ,gerne‘, vielleicht entlasten wir dann einen säumigen Vater auf Zahlung des Unterhaltgeldes und somit unser Solidarsystem!“
„Die 35 € pro Person halte ich für reichlich übertrieben, aber vielleicht kann das ZBG dann jemanden für die Unkrautbeseitigung bezahlen, also zahle ich die 70 € gerne.“
Muss er nicht. Der Zentrale Betriebshof (ZGB) hat auf WAZ-Anfrage mitgeteilt, dass, nach der schriftlichen Stellungnahme der Eheleute, der Verstoß gegen die Friedhofssatzung jetzt als geringfügige Ordnungswidrigkeit eingestuft und ein Bußgeld von 35 Euro pro Person festgesetzt wurde. Laut der Satzung sind Bußgelder bis zu 1000 Euro möglich – bei besonders gravierenden Verstößen. Sinn der Satzung sei nicht, durch Verwarn- und Ordnungsgelder zusätzliche Einnahmen zu generieren, sondern auf ein „der Würde des Ortes entsprechendes“ Verhalten hinzuwirken, betont ZBG-Pressesprecher Christian Salewski.
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Bei der Stadtverwaltung werde über verstärkte Kontrollen des KOD nachgedacht, weil es immer häufiger Beschwerden über rücksichtslose Rad- und E-Scooter-Fahrer gebe, deren rasante Fahrweise auf engen Friedhofswegen ein Unfallrisiko darstelle. Selbst bei Bestattungen werde keine Rücksicht genommen. Beschwerden gebe es auch über freilaufende Hunde und deren Hinterlassenschaften.
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Zurück zum konkreten Fall Stahlhut, bei dem es ja nicht nur um das Bußgeld geht. Die Bepflanzung der Gemeinschaftsgräber mit Stein auf dem Friedhof in Brauck verzögere sich aktuell tatsächlich, räumt der ZBG ein. Gründe seien die Witterung (u. a. starker Regen), Personalmangel (sechs Mitarbeiter sind für eine Fläche von zwölf Hektar zuständig) und eine höhere Anzahl von Bestattungen.
Die von Rüdiger Stahlhut kritisierte mangelnde Pflege der Gemeinschaftsgräber („In Relation zu den hohen Friedhofsgebühren sind die erbrachten Leistungen eine Frechheit!“) kommentiert der ZBG so: „Die Pflege obliegt einer Fremdfirma, die in diesem Jahr die Ausschreibung für sich entschieden hat. Aufgrund des sehr feuchten Wetters herrschten im Frühjahr und Frühsommer jedoch ideale Vegetationsbedingungen, sodass es hier, wie im gesamten Stadtgebiet, aufgrund begrenzter Ressourcen vereinzelt zu Pflegerückständen kam.“
ZBG räumt ein: Bepflanzung der Gemeinschaftsgräber mit Stein auf dem Friedhof in Brauck verzögert sich
Auch eine positive Nachricht hat der ZBG für Rüdiger Stahlhut: Das Grab der Schwiegermutter sei Anfang August bepflanzt worden. Und auch ein Ende der „wasserlosen“ Zeit auf dem Braucker Friedhof scheint in Sicht: Die Firma, die bei der Ausschreibung den Zuschlag bekam, beginne mit den Arbeiten Ende August.
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Dass sie für ihren Verstoß gegen die Friedhofssatzung „nur“ jeweils 35 Euro zahlen müssen, haben Stahlhuts übrigens bisher nur von der WAZ erfahren. Kommentar des 68-Jährigen: „Die 35 € pro Person halte ich für reichlich übertrieben, aber vielleicht kann das ZBG dann jemanden für die Unkrautbeseitigung bezahlen, also zahle ich die 70 € gerne.“ Einen Vorschlag hat er auch noch: „Vielleicht lässt man Fahrräder im Schritttempo auf dem Friedhof in der Friedhofssatzung zu und erspart sich den gesamten Verwaltungsaufwand. Außerdem käme eine Aufhebung des Befahrungsverbotes vielen älteren Mitmenschen zugute!“
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