Gladbeck. Althoff und später Karstadt prägten über Jahrzehnte die Gladbecker Einkaufsstraße. Ein Sammler sucht nun Erinnerungsstücke an diese Ära.

Von Gladbecks langer Kaufhaustradition ist nichts mehr zu sehen. Das Karstadthaus an der Hochstraße ist inzwischen längst einem Neubau gewichen. Doch fragt man in der Stadt nach, so sind die Erinnerungen an das große Warenhaus nach wie vor präsent, und viele Gladbeckerinnen und Gladbecker wünschen es sich zurück. Das wird wohl nicht kommen, doch wer weiß, vielleicht hat der eine oder andere Gladbecker ja auch noch Erinnerungsstücke an Althoff bzw. Karstadt daheim. Darauf hofft zumindest Holger-Philipp Bergt.

Der Bremer besitzt die größte private Sammlung zu den Kaufhäusern Althoff und Karstadt – und er ist immer auf der Suche nach weiteren Raritäten. Er hofft, dass die Gladbecker ihre Keller, Speicher oder Schränke nach Erinnerungsstücken an das Gladbecker Kaufhaus durchforsten. Denn erfahrungsgemäß gebe es da noch einige, weiß Bergt aus ähnlichen Aufrufen in anderen Städten.

Kleiderbügel waren früher ein Marketinginstrument in Kaufhäusern

Kleiderbügel seien beispielsweise solche Dinge, die über Jahrzehnte weitergegeben würden. Vier Umzugskartons voll mit Kleiderbügeln aus allen möglichen Althoff- und Karstadtfilialen gehören zu seiner Sammlung. Der 57-Jährige ist immer wieder beeindruckt, wie viel Aufwand bis in die 1960er-Jahre teilweise mit den Bügeln betrieben wurde. „Es gab in den Häusern mindestens fünf bis sechs verschiedene Bügelarten“, weiß Bergt.

Kleiderbügel waren ein wichtiges Marketinginstrument für Kaufhäuser. Sie waren mit Namen, Standort und sogar Abteilung beschriftet. In seiner Sammlung hat Holger-Phillip Bergt schon zahlreiche dieser Stücke. 
Kleiderbügel waren ein wichtiges Marketinginstrument für Kaufhäuser. Sie waren mit Namen, Standort und sogar Abteilung beschriftet. In seiner Sammlung hat Holger-Phillip Bergt schon zahlreiche dieser Stücke.  © Privatarchiv | Holger-Philipp Bergt

Zum einen stand auf den Bügeln immer, aus welcher Stadt er stammt. Auf Bügeln des hiesigen Kaufhauses lasen die Kunden also zunächst einmal „Althoff Gladbeck“, später dann „Karstadt Gladbeck“. Dazu kam dann meist auch noch der Name der entsprechenden Abteilung. Bügel aus der Herrenabteilung konnten also nicht in Damenabteilung eingesetzt werden – und umgekehrt. Ja es habe sogar Bügel speziell fürs Lager gegeben, sagt Bergt. „Die Kunden bekamen diese Bügel dann auch beim Einkauf mit, das war Marketing.“ Aus Sicht eines heutigen Buchhalters wohl eher ein Albtraum.

In der Bremer Sammlung leben goldene Kaufhauszeiten wieder auf

Aber so lief es eben in den goldenen Kaufhauszeiten. Die leben in Bergts Sammlung zum Teil wieder auf. Deutlich wird es auch in der Zeitungsanzeige, die Althoff zur Eröffnung des Althoff-Neubaus an der Hochstraße 23 im Jahr 1909 schaltete. Darin heißt es: „Die Eröffnung, des in großstädtischem Stile erbauten modernen Kaufhauses erfolgt Sonnabend, den 12. Juni, nachmittags 4 Uhr.“ Ausdrücklich wurde darauf hingewiesen, dass auch Nichtkäufer willkommen seien, „es herrscht kein Kaufzwang“.

Mit dieser Anzeige in der Tageszeitung warb Althoff für die Neueröffnung des Kaufhauses in Gladbeck am 12. Juni 1909. Die Anzeige findet sich in der Sammlung von Holger-Philipp Bergt
Mit dieser Anzeige in der Tageszeitung warb Althoff für die Neueröffnung des Kaufhauses in Gladbeck am 12. Juni 1909. Die Anzeige findet sich in der Sammlung von Holger-Philipp Bergt © Privatarchiv | Holger-Philipp Bergt

Was auch aus der Anzeige hervorgeht: Schon damals klappte auf dem Bau nicht alles, eigentlich hätte die Eröffnung schon früher stattfinden sollen. Und so konnten sich die Gladbeckerinnen und Gladbecker schon zum Start auf Schnäppchen im Kaufhaus freuen, denn: „Infolge der durch bauliche Hindernisse bedingten verspäteten Eröffnung werden alle Saison-Waren zu besonders billigen Preisen verkauft.“

Schon vor dem Krieg gab es Neubaupläne für das Gladbecker Kaufhaus

Im Krieg wurde das Haus zerstört, in den 1950er-Jahren erfolgte dann der Neubau gegenüber dem Rathaus. Verantwortlich für den Entwurf des Hauses war der Leiter der Bauabteilung bei Karstadt, Philipp Schaefer. Er hatte schon vor dem Krieg den für Karstadt- und Althoffhäuser typischen Stil entwickelt. Anklänge daran habe man auch im Gladbecker Haus finden können, ebenso im Bottroper, das zeitgleich gebaut wurde, sagt Holger-Philipp Bergt. Die Rede ist da von den vertikalen Elementen oberhalb des Haupteingangs.

Das Gladbecker Karstadt-Haus im Jahr 2005. Kurz darauf hat sich der Kaufhauskonzern von dem Haus getrennt, unter dem Namen Hertie wurde es weitergeführt, inzwischen ist das Gebäude abgerissen worden und dort steht das neuen Geschäftshaus Hoch10.
Das Gladbecker Karstadt-Haus im Jahr 2005. Kurz darauf hat sich der Kaufhauskonzern von dem Haus getrennt, unter dem Namen Hertie wurde es weitergeführt, inzwischen ist das Gebäude abgerissen worden und dort steht das neuen Geschäftshaus Hoch10. © WAZ | Ilja Höpping

Schon vor dem Krieg, sagt Bergt, sei für Gladbeck sogar ein Neubau geplant gewesen – ähnlich wie in Bottrop und Recklinghausen. Doch während dort gebaut wurde, fielen die Pläne für Gladbeck der Weltwirtschaftskrise zum Opfer. So wie Gladbeck sei es damals vielen Städten ergangen, weiß Bergt. Auch in Münster wurde der Bau gestoppt – obwohl die Baugrube schon ausgehoben war.

Silberne Kaffeekanne aus einem Althoff-Restaurant als Prunkstück der Sammlung

Die Architektur war es auch, aus der Bergts Leidenschaft entstand: Eigentlich habe er Architektur studieren wollen. Das Thema seiner Diplomarbeit sollte die Architektur der Karstadt- und Althoff-Häuser aus den 1920er- und 30er-Jahren sein. Das Studium zerschlug sich, die Leidenschaft für den Kaufhauskonzern hingegen ist mit den Jahren immer weiter gewachsen. Zu sehen sogar in seinem Wohnzimmer. Über dem Sofa hängt bei ihm ein großes Karstadt-Emailleschild aus Stettin.

Die Kaffeekanne aus einem der Restaurants von Althoff gehört zu den Prunkstücken Holger-Philipp Bergts Sammlung. 
Die Kaffeekanne aus einem der Restaurants von Althoff gehört zu den Prunkstücken Holger-Philipp Bergts Sammlung.  © Privatarchiv Holger-Philipp Bergt | Privatarchiv Holger-Philipp Bergt

Nach dem Krieg und mit dem Wirtschaftswunder boomten die Kaufhäuser wieder. Davon wiederum zeugen zahlreiche Stücke in Bergts Sammlung. Besteck und Geschirr aus den Restaurants – damals hießen sie noch Erfrischungsräume –, oder auch Fotos von prächtig geschmückten und dekorierten Häusern sind nur zwei Dinge, die das belegen. Prunkstück seiner Sammlung ist eine silberne Kaffekanne aus dem Karstadthaus in Buer.

Bei der Schließung des Gladbecker Kaufhauses gingen schon einige Stücke nach Bremen

Als das Haus in Gladbeck dichtgemacht wurde, habe ihn der damalige Filialleiter angerufen. Seither ist Bergt im Besitz mehrer Fotoalben – etwa aus der Bauzeit. Außerdem besitzt er nun zwei großformatige Bilder der Gründerväter des Konzerns. „Das sind Nachdrucke von Porträts in Öl von Theodor Althoff und Rudolf Karstadt. Zum 75-jährigen Bestehen des Konzerns hat die jedes Haus erhalten.“

Bergt hofft nun, dass in Gladbeck noch Erinnerungsstücke schlummern. Seien es Fotos, Anzeigen, Tüten oder auch Mitarbeiterkleidung, er freut sich über alles. Erreichbar ist Bergt per Telefon, 0421-47885875 – dort läuft ein Anrufbeantworter – oder per Mail: holger.bergt@web.de.

Selbstverschuldeter Niedergang

Der Niedergang des Kaufhauskonzerns – aktuell befindet sich Galeria-Karstadt, wie er inzwischen heißt, erneut in einem Insolvenzverfahren – ist aus Holger-Philipp Bergts Sicht zu großen Teilen selbstverschuldet. Über 20 Jahre sei das Unternehmen an die Wand gefahren worden, so die harsche Kritik des Bremers. Als „größten Fehler“ bezeichnet er den Verkauf der Immobilien. Seither ächzten die Häuser teils unter den hohen Mieten. Ein weiterer Fehler aus Bergts Sicht. „Das Sortiment wurde nicht regelmäßig den Bedürfnissen der Kunden angepasst – gerade regional.“ Aus Bergts Sicht wäre es wichtig gewesen, stärker auf regionale Eigenarten zu achten und sie im jeweiligen Sortiment zu berücksichtigen. Dazu hätten Eigentümer Geld aus dem Unternehmen gezogen und es sei an falschen Stellen investiert worden.Seiner Sammelleidenschaft tut das keinen Abbruch. Und inzwischen sind seine Erinnerungsstücke stark gefragt. Im Mai öffnet im stadtgeschichtlichen Museum in Wismar eine Ausstellung zur Kaufhausgeschichte. Rund drei Viertel der Ausstellungsstücke stammten von ihm, sagt Bergt.