Gladbeck. . 1950 begannen die Bauarbeiten für das Kaufhaus Althoff. Zweimal wurde das Haus erweitert. In den besten Zeiten gab es bis zu 500 Mitarbeiter.
Der Abriss des Karstadt-/Hertie-Hauses, der Ende März begann, liegt im Plan. Hauptsächlich arbeiten sich die Bagger von hinten vor, daher ist vom Rathausplatz oder von der Hochstraße aus nicht viel zu sehen. Schon im Juni plant der Investor Implementum den Neubaustart.
Mit der Niederlegung des traditionsreichen, seit einigen Jahren geschlossenen Warenhausgebäudes, das mehrfach erweitert wurde, geht die Kaufhaus-Tradition in Gladbeck nach 120 Jahren unwiederbringlich zu Ende. Viele Erinnerungen an die Kaufhauskönige Althoff, Karstadt und Hertie werden aber bleiben. Mit einigen, teils bislang noch unveröffentlichten Fotos, lassen wir die Vergangenheit noch einmal aufleben.
Theodor Althoff war ein Kaufhaus-Pionier
Die Warenhaus-Geschichte begann 1897, als Kaufhaus-Pionier Theodor Althoff auch in dem aufstrebenden Bergbauörtchen Gladbeck den Kaufhaus- und Selbstbedienungsrausch auslöste.
Holger-Philipp Bergt kennt sich aus
Holger-Philipp Bergt ist ein erlesener Kenner der Historie der Warenhäuser Althoff und Karstadt. Seit 1989 sammelt der 51 Jahre alte Bremer alles, was ihm dazu in die Finger kommt. Mehr als 80 Karstadt-Ordner mit Raritäten stehen bei ihm zu Hause in einer Vitrine. Daneben gibt es unzählige Fotos, Zeichnungen und Werbeplakate. „Alles zusammen würde locker 50 bis 60 Umzugskartons füllen“, erzählt der Speditionskaufmann, von vielen inzwischen „Mr. Karstadt“ genannt.
Eigentlich wollte Bergt Architekt werden, studierte auch lange und nahm bereits seine Abschlussarbeit ins Visier – er wollte der Architektur der Karstadt-Häuser nachspüren. Am Ende wurde aus der Examensarbeit nichts – aber seine Leidenschaft für die Karstadt-Historie war entfacht.
Bergt kennt auch jedes Detail der Gladbecker Karstadt-Filiale und hat viele historische Fotos, von denen er der WAZ einige zur Verfügung stellte.
An der Hochstraße 57 (heute Cura-Seniorenzentrum) eröffnete er ein erstes, noch bescheidenes Kaufhaus. Es war zunächst ein Zweiggeschäft seines „Einkaufs-Vereins deutscher Kurzwaren-Geschäfte“, mit dem er den Kunden durch Zentraleinkauf niedrige und stabile Preise garantierte.
Der Verkauf übertraf schnell alle Erwartungen, heißt es, so dass man sich alsbald mit Neubauplänen befasste. 1908 kaufte Althoff das Grundstück Hochstraße 23 (heute Mayersche Buchhandlung), begann mit dem Bau eines Wohn- und Geschäftshauses, das der Architekt Otto Engler entwarf. Er kreierte auch die Althoff-Häuser Dortmund und Essen sowie das Kaufhof-Haus in Düsseldorf.
Viele Jahre führte das jüdische Ehepaar Oppenheimer das Kaufhaus
1910 eröffnete Althoff das neue Gladbecker Haus. Auf 1200 Quadratmetern Verkaufsfläche kümmerten sich 50 Mitarbeiter um die Kundschaft. Viele Jahre wurde das Haus von dem jüdischen Ehepaar Adolf und Pauline Oppenheimer geführt, die später dem Holocaust zum Opfer fielen. 1918 wurde das Kaufhaus um das Nachbarhaus Hochstraße 25 erweitert – die Geschäfte florierten. 1920 kam es zur Fusion mit der Karstadt AG, die Althoff-Häuser behielten aber den alten Namen.
Im 2. Weltkrieg wurde das Haus Nr. 23 durch Bomben zerstört, das Nachbargebäude schwer beschädigt. Es wurde notdürftig repariert, so dass Althoff im Oktober ‘46 wieder eine kleine Verkaufs- und Tauschstelle eröffnete. Nach einer provisorischen Reparatur auch im ersten Obergeschoss verfügte man 1949 über bescheidene 205 Quadratmeter Verkaufsfläche. Doch die Zukunft lag andernorts in der Innenstadt.
Der Neubau entstand im „Stielmus-Park“
1950 erwarb das Unternehmen das Grundstück Hochstraße 10 von der Stadt, eine Grünanlage, die im Volksmund „Stielmuspark“ hieß. Im Februar 1950 gab’s die Baugenehmigung zum Bau eines neuen Kaufhauses hier am Eingang zur Hochstraße. Architekt war Philipp Schaefer, der Leiter der Karstadt-Bauabteilung von 1925 bis 1952. Einen nahezu ähnlichen Bau errichtete Schaefer für Karstadt zeitgleich in Bottrop. Auffallend an dieser typischen Nachkriegsarchitektur der 50er Jahre waren die querlaufenden Fensterbänder und eine Art Bauvorsprung oder Relief über dem mittig gelegenen Hauptportal.
Zunächst wurde bis 1951 in einem ersten Bauabschnitt ein Flachbau mit einem Obergeschoss errichtet (zusammen 1645 Quadratmeter Verkaufsfläche). Es gab zehn Schaufenster, und 250 neu eingestellte Mitarbeiter bemühten sich um die Kundschaft. Schon 1954 erfolgte die Aufstockung um zwei weitere Obergeschosse (Verdoppelung der Verkaufsfläche).
Und dann bekam das Kaufhaus sogar eine Rolltreppe!
Im Rahmen dieser Aufstockung erhielt das Kaufhaus auch seine erste Rolltreppe – eine Neuheit in Gladbeck! 1961 kam eine Erweiterung nach hinten dazu (u.a. mit der einige Stufen tiefer gelegten Lebenmittelabteilung). Die Verkaufsfläche wurde nochmals kräftig ausgeweitet. 1963 wurde aus Althoff endgültig Karstadt.
Die Verkaufsfläche betrug zu diesem Zeitpunkt 4700 Quadratmeter, in den besten Jahren arbeiteten bis zu 500 Mitarbeiter im Gladbecker Karstadt-Haus. Später wuchs die Fläche durch Umstrukturierung im Innern (u.a. Wegfall vieler Schaufenster) auf 5300 Quadratmeter.
Kaufhäuser gerieten immer mehr in die Krise
1981 kam das Parkhaus dazu, 1989 gab es einen kompletten Umbau des Hauses. Nach der Jahrtausendwende gerieten Kaufhäuser immer mehr in die Krise – auch Karstadt und die Filiale Gladbeck, die 2004 in die Firma „Karstadt kompakt“ überging. Ab März 2007 firmierte das Haus unter dem Namen Hertie, bevor es – nur noch mit 40 Mitarbeitern – im August 2009 schloss. Es folgten 2010 das „Gladbecker Kaufhaus“ und das „K&K Outlet“. Seit 2012 war das Kaufhaus geschlossen.
Zweimal war das Haus Konzernzentrale
Das Kaufhausgebäude war zum Schluss sogar zweimal Konzernzentrale: Zunächst wurden ab 2004 von Gladbeck aus 74 kleinere Karstadt-Häuser als Nachfolge-Firma „Karstadt kompakt GmbH“ geführt. Ab 2007 (aus Karstadt kompakt war zu diesem Zeitpunkt Hertie geworden) war dann auch die Hertie-Zentrale zunächst in Gladbeck ansässig. 2008 zog sie nach Essen-Kettwig um, wo sie bis zum Hertie-Aus war.