Gladbeck. Neue Eigentümer in der Siedlung Roter Turm erheben Vorwürfe gegen die Volksbank Immobilien Rhein-Ruhr. Baumängel würden seit 2018 nicht behoben.
Der Ärger im städtebaulichen Prestigeprojekt „Wohnen im Carrée am Roten Turm“ neben der Gladbecker Feuerwache schwelt weiter. Eigentümer im Neubaugebiet erheben Vorwürfe gegen den Geschäftsführer der Volksbank Immobilien Rhein-Ruhr. Zusagen des Bauträgers seien nicht eingehalten, Mängel nicht beseitigt und den Käufern im Verkaufsgespräch und Kaufvertrag wichtige Informationen, etwa über Altlasten, vorenthalten worden.
Dabei hatte vor fast einem Jahr, Anfang März 2021, alles nach schneller gütlicher Einigung ausgesehen, als die WAZ erstmals von den Divergenzen berichtete. Frank Purrnhagen, Chef der Volksbank Immobilien Rhein-Ruhr und zugleich Geschäftsführer der Voba-Tochter GWP (Gladbecker Wohn- und Gewerbepark GmbH), die das Projekt Roter Turm als Bauherr vermarktet, hatte zugesagt, einen Sachverständigen zu beauftragen, alle Mängel im Baugebiet zu erfassen, um diese aufzuarbeiten.
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Der Sachverständige für die Baumängel „wurde plötzlich abberufen“
Ein Sachverständiger sei tätig geworden, habe die Liste mit mehr als 30 Mängeln erstellt, die dann aber nicht mehr zur Rede stehen sollten, „weil der Sachverständige plötzlich abberufen wurde“, berichtet Rechtsanwältin Sarah Walisko, die einige der 27 Roter-Turm-Nachbarn juristisch vertritt. Seitdem versuchten ihre Mandanten, ein Gespräch mit der GWP terminieren zu können, „um alle strittigen Fragen etwa zu wichtigen Mängeln in der Heizungs- oder Elektroinstallation anzusprechen und abklären zu können“. Dies sei aber nicht möglich, „die GWP taucht immer wieder ab, verschiebt Termine oder gibt gar keine Rückmeldung auf Kontaktversuche“.
Dieses Verhalten eines Unternehmens der seriösen Volksbank Immobilien und ihres Geschäftsführers Purrnhagen, der sich im März-Gespräch „sehr verbindlich und entgegenkommend wie mit einem Handschlag gezeigt hat, zügig die Mängel klären zu wollen“, verwundere sie sehr, sagt die Rechtsanwältin. Ihr Vertrauen und das vieler Nachbarn in die Volksbank Immobilien/ die GWP sei erschüttert, sagen ihre Mandanten Heiko Hartherz, Reiner Joseph und Marc Duve, beim Vor-Ort-Termin mit der WAZ, welche stellvertretend für viele andere sprachen. Sie werfen der GWP auch vor, „im Kaufvertrag wichtige Informationen nicht genannt“ zu haben. Auch die Bauunterlagen für ihr Eigentum hätten sie bislang nicht erhalten.
Im Kaufvertrag habe es keine Hinweise zu Altlasten auf dem Gelände gegeben
„In unseren Verträgen steht klar drin, dass wir Doppelhaushälften erwerben und kein Reihenhaus“, sagen Hartherz und Duve, deren Eigentum in einer Reihe mit dem denkmalgeschützten Roten Turm, einstiges Wasserreservoir des abgerissenen Schlachthofes, steht. „In unseren Plänen ist da eine Baulücke um das historische Bauwerk und nicht ersichtlich, dass diese zugebaut werden soll“, sagen beide. Ebenso wenig sei in ihrem Vertrag kenntlich gemacht worden, „dass das Gelände oder Grundwasser mit Altlasten belastet war oder ist. So dass wir zum Bespiel keinen Brauchwasserbrunnen oder eine geothermische Wärmepumpe einbringen dürfen“. Dies mindere auch den Wert der Immobilie bei einem Wiederverkauf.
Diese Einschränkung bestätigt David Hennig, Pressesprecher der Stadt Gladbeck. Wie auch in politischen Gremien öffentlich berichtet worden sei, habe es seit 2001 mehrere Altlastuntersuchungen auf dem einstigen Schlachthofgelände gegeben und 2015 sei ein Bodenmanagementkonzept erstellt worden, als Voraussetzung für den Bebauungsplan, der 2016 in Kraft trat. 2017 und 2018 seien Altlastensanierungen erfolgt, indem mit PCB, MKW und PAK verunreinigter Boden ausgekoffert und durch sauberen Boden ersetzt worden sei. „Der Boden dürfte demnach keine Altlasten mehr aufweisen“, so Hennig. Anders das Grundwasser, das noch erhöhte PFT-Werte und Salzgehalt aufweise, so dass zum Beispiel empfohlen werde, „kein Brauchwasser zu nutzen“.
Eigentümer wollen das Gesprächsangebot annehmen, setzen aber eine Frist
Der Rote Turm ist für 240.000 Euro zu haben
Obgleich Siedler gegen den Bebauungsplan geklagt haben, hat die Volksbank Immobilien Rhein-Ruhr u.a. auf ihrer Homepage im Dezember 2021 das „Baugrundstück für innovatives Wohnen und Arbeiten, verbunden mit dem denkmalgeschützten Roten Turm“ zum Kauf angeboten.Das 530 Quadratmeter große Areal ist für 240.000 Euro zu haben. Es warte auf Gestaltungsideen. Realisieren lasse sich „eine zweigeschossige Bauweise in Form eines Lückenschlusses zu einer Baugruppe mit drei Wohneinheiten“. Eine Baugenehmigung liege bereits vor.
Konkrete Nachweise über Bodenaustausch im Jahre 2018, in dem Jahr sind die Erwerber in die Häuser bereits eingezogen, „haben die Erwerber durch die GWP trotz Nachfrage nicht vorgelegt bekommen, auch keine Beprobungsergbnisse“, sagt Sarah Walisko. Frank Purrnhagen sagt im Gespräch mit der WAZ, dass „jeder Kaufvertrag am Roten Turm eine Verweisurkunde und als Anlage den kompletten Bebauungsplan hat“, indem auch der Punkt Altlasten mit Informationen aufgelistet sei. Dass Kontaktversuche nicht beantwortet wurden, sei falsch. „Mir ist keine Sache bekannt, die nicht bedient wurde“. Er stehe „jederzeit bereit“, so Purrnhagen, „wenn Kontaktbedarf besteht“.
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Rechtsanwältin Walisko widerspricht: „Eine korrekte Altlasten-Information gibt es im Vertrag eben nicht“. Die Roter-Turm-Eigentümer wollen den Geschäftsführer der Volksbank Immobilien Rhein-Ruhr beim Wort nehmen. „Wir werden einen offenen Brief mit unserer Mängelliste an Herrn Purrnhagen per Einschreiben schicken, mit der Bitte um Termin und Fristsetzung von einer Woche“.