Gladbeck. Die Neueigentümer neben dem alten Wasserturm streiten mit der Volksbank. Sie wollen keinen Lückenschluss zwischen ihren Eigenheimen.
Neueigentümer im schmucken Baugebiet „Carrée am Roten Turm“ am Rande der Gladbecker Innenstadt sind sauer. Sie streiten mit einer Tochtergesellschaft der Volksbank Immobilien Rhein-Ruhr um den Lückenschluss zwischen ihrem neuen Wohneigentum. Im notariellen Kaufvertrag sei ihren Mandanten nicht ersichtlich gewesen, dass die Baulücke um den denkmalgeschützten alten Wasserturm geschlossen werden soll, sagt Rechtsanwältin Sarah Walisko. Sie wären von dieser Absicht „überrascht worden“ und auch über mögliche Bodenaltlasten seien die Käufer nicht informiert worden.
Die beiden an das Turmareal angrenzenden Wohnhäuser seien in den Werbebroschüren klar als Doppelhaushälften und nicht als Reihenhäuser angeboten worden. Und auch eine Anlage zum Kaufvertrag zeige deutlich, „dass die Fläche um den Roten Turm frei gehalten ist und lediglich Doppelhaushälften errichtet werden“. Die Bottroper Juristin wirft dem Vertragspartner, der Gladbecker Wohn- und Gewerbepark Roter Turm GmbH (GWP), widersprüchliche Vertragsinhalte vor und sagt zudem, „dass die Notarverträge keinen konkreter Hinweis beinhalten, dass unsere Mandanten möglicherweise ein Altlastengrundstück erworben haben“. Hintergrund sei eine noch nicht ausreichend geklärte, eventuelle Belastung des Untergrundes des ehemaligen Schlachthofgeländes mit dem Schadstoff PFT (Perfluorierte Tenside).
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Der Bebauungsplan sieht den Lückenschluss am Roten Turm vor
Für Frank Purrnhagen, sowohl Geschäftsführer der Volksbank Immobilien-Ruhr wie deren Tochter GWP, stellt sich die Sachlage anders dar. „Der Bebauungsplan sieht eindeutig eine Anbauverpflichtung am Roten Turm vor. Zudem sei von Beginn des Bauprojektes öffentlich auch über die WAZ und in Veranstaltungen für interessierte Bürgern berichtet worden, „dass die Baulücke zwischen den Doppelhäusern um den Roten Turm geschlossen werden soll“. Dass das mit zeitlicher Verzögerung zur bereits erstellten Wohnbebauung geschehe, habe auch an Überlegungen gelegen, wie der noch zu errichtende Baukörper genutzt wird. Die Volksbank Immobilien hatte beispielsweise selbst überlegt, sich mit Büros im repräsentativen Denkmalensemble anzusiedeln. Nach letzten Aussagen soll nun aber weitere Wohnbebauung die Lücke schließen.
In Sachen Bodenbelastung mit Schadstoffen informiert Stadtbaurat Volker Kreuzer auf Anfrage, dass sich noch eine Altlastensituation im Boden befinden könnte, „durch Löschschäume, die bei Übungen der Feuerwehr verwendet wurden“. Konkrete Untersuchungen, ob die erworbenen Grundstücke tatsächlich eine Belastungssituation aufweisen, sind offensichtlich noch nicht erfolgt. Dies könnte eine Wertminderung für die Eigentümer bedeuten. Frank Purrnhagen sagt, dass im Vorfeld jedem Käufer öffentlich bekannt gewesen sei, „dass es sich bei dem Baugrundstück um eine ehemalige, gewerbliche Schlachthoffläche handelt“. Und im vorgeschriebenen Genehmigungsverfahren hätten alle einzubindenden Behörden und Prüfstellen mit ihren Expertisen letztlich „grünes Licht für die Wohnbebauung gegeben“.
Die Vertragspartner wollen sich zu einem Gespräch treffen
Wasserturm erinnert an den Schlachthof
Der denkmalgeschützte Wasserturm, 1907 in rotem Backstein und typischen Stil der damaligen Industriearchitektur errichtet, ist Wahrzeichen und Erinnerung an den Gladbecker Schlachthof. Das 1999 aufgegebene 10.000-Quadratmeter-Areal wurde 2008 von der Gladbecker Wohnungsbaugesellschaft (GWG) an die Volksbank verkauft. 2013 begann die Volksbank Immobilien Rhein-Ruhr über ihre Tochter GWP Roter Turm mit der Vermarktung des Wohnquartiers „Carrée am Roten Turm“.
Im Juli 2017 wurde der Richtkranz im Neubaugebiet aufgehängt. Entstanden sind hier letztlich vier sogenannte Stadtvillen mit jeweils vier Eigentumswohnungen und je einem Penthouse. Zudem vier Eigenheimen in zwei Doppelhaushälften, die in direkter Nachbarschaft neben dem Roten Turm stehen. Rückwärtig steht ein Wohngebäude mit Seniorenappartements und zwei Intensivpflege-Wohngemeinschaften mit je zwölf Betreuungsplätzen.
Rechtsanwältin Sarah Walisko sagt, dass es aufgrund der bislang nicht zu klärenden offenen Fragen, und um Fristen sowie Rechtsansprüche ihrer Mandanten zu wahren, leider notwendig gewesen sei, „das Klageverfahren einzuleiten“. Man sei aber gesprächsbereit, „wir hoffen, dass eine Entspannung der Situation eintritt“. Auch Frank Purrnhagen will offenbar mit den Roter Turm-Anliegern verhandeln. „Es handelt sich hier doch um ein sehr wertiges, schönes Baugebiet. Wenn die ganze Sache einen vernünftigen Abschluss findet, ist das doch im Interesse aller“, so der GWP-Chef zur WAZ. Nach Informationen der Redaktion wollen sich die Vertragspartner in der kommenden Woche zum Gespräch treffen.