Gladbeck. Der denkmalgeschützte Rote Turm ist das Symbol des einstigen Schlachthofes in Gladbeck. Im Straßennamen „Am Roten Turm“ wurde er verewigt.

Sie ist klein, weist aber auf eine durchaus große Vergangenheit hin: Die Straße Am Roten Turm in Gladbeck erschließt das gleichnamige moderne und ansprechende Wohngebiet, das auf dem einstigen Schlachthof der Stadt entstand. Der Rote Turm, einst ein Turm zur Wasserhaltung des Schlachthofbetriebes, heute denkmalgeschütztes Relikt der Ortshistorie, war das Wahrzeichen der einst viel gelobten städtischen Einrichtung.

Die Straße Am Roten Turm gibt es seit 2016, als das rund 12.000 Quadratmeter große ehemalige Schlachthofgelände neu bebaut wurde. Jahrelang hatte es brach gelegen und wartete auf eine neue Nutzung, der ehemalige Wasserturm aus roten Backsteinen (daher Roter Turm!) blieb stehen – wie übrigens auch die beiden Betriebsführer-Villen an der Grabenstraße am Eingang zum kleinen Neubaugebiet.

Auf dem Schlachthof-Gelände entstand ein schmuckes Wohngebiet

Gladbeck historisch: Der Schlachthof Gladbeck auf einem historischen Foto von 1918. Das Bahngleis im Vordergrund ist die Moltkebahn – das Anschlussgleis der Zeche Graf Moltke zum Bahnhof Gladbeck-Ost.
Gladbeck historisch: Der Schlachthof Gladbeck auf einem historischen Foto von 1918. Das Bahngleis im Vordergrund ist die Moltkebahn – das Anschlussgleis der Zeche Graf Moltke zum Bahnhof Gladbeck-Ost. © Stadtarchiv

Die Wohnstraße entstand im Hinterland der Grabenstraße, zwischen Feuerwehr und B 224. Sie schlängelt sich über rund 330 Meter als Carrée um die Wohnhäuser mit kleinen Stichwegen und Garagenhof. Es entstanden hochwertige Eigentumswohnungen in Mehrfamilienhäusern und Eigenheimen, die ab 2018 bezogen wurden. Außerdem entstand im hinteren Bereich des Areals eine Wohnanlage für Senioren und Menschen mit besonderen Pflegebedarf. Noch saniert und neu genutzt werden soll der Rote Turm, der einstweilen ungenutzt und leer in dem schmucken Wohngebiet steht.

Auch interessant

Der Turm ist das Symbol für den Schlachthof, der 1908 seinen Betrieb aufnahm in einer blühenden Entwicklungsphase des jungen Gladbecks, als Zeichen der Stadtwerdung, des Aufbruchs und vor allem als Beweis der Gemeinde, für eine geregelte Lebensmittelversorgung der Bevölkerung sorgen zu können, deren Zahl stetig zunahm (1905: 20.000; 1910: 39.000; 1915: 50.000). Der Schlachthof war aber nicht nur ein Fleisch verarbeitender Betrieb: Viele Menschen fanden hier viele Jahrzehnte einen Arbeitsplatz.

Der Bau des Schlachthofes war ein Teil der Entwicklung Gladbecks zur Stadt

Die Straße Am Roten Turm erschließt das Wohngebiet, das auf dem einstigen Schlachthofgelände entstand.
Die Straße Am Roten Turm erschließt das Wohngebiet, das auf dem einstigen Schlachthofgelände entstand. © FUNKE Foto Services | Lutz von Staegmann

Symbol der „kraftvollen Stadtentwicklung“ waren in jener Zeit auch die Errichtung neuer Zechensiedlungen, der Bau von 40 Straßen und 18 Schulgebäuden (bis 1914) und die Realisierung eines neuen Amtshauses (1910, heute Altes Rathaus). 1905 wurde die Sparkasse gegründet, 1909 eröffnete mit Althoff das erste Kaufhaus in Gladbeck, 1911 wurde die Christuskirche fertig gestellt, die erste Sporthalle an der Gustavstraße (heute Rathauspark) frei gegeben und das Kaiserliche Postamt an der Friedrichstraße (heute Seniorenberatung) nahm seinen Betrieb auf.

Auch interessant

Der Schlachthof entstand ab 1907 vor den Toren der Stadt, direkt gelegen an der „Moltkebahn“, die damals vom Zechengelände im geschwungenen Bogen über die heutigen Aldi- und Baustoffmann-Gelände zu den Ostgleisen führte, um dort Anschluss ans öffentliche Gleisnetz zu finden. Erst später wurde eine Verbindung vom Moltkegelände Richtung Süden geschaffen.

Auch interessant

1999 wurde der Schlachthof Gladbeck endgültig geschlossen

Die Schlachthof-Gebäude wurden in rotem Backstein und im typischen Stil der damaligen Industriearchitektur gebaut – mit großen Rundbogenfenstern und gläserner Deckenkonstruktion. Als der Schlachthof 1999 geschlossen wurde, war er längst zum Wahrzeichen einer lange vergangenen Industrieepoche geworden.

2013/2014 wurden die Betriebsgebäude abgerissen. Kein Wunder, dass die Vestische 2015 auf Wunsch der Stadt auch den Namen der Bushaltestelle am Neubaugebiet von „Schlachthof“ in „Roter Turm“ änderte.

Immer ein kleines Stück Stadtgeschichte

Der Bericht zur Straße Am Roten Turm ist die 140. Folge der WAZ-Serie „Straßen der Stadt“, die seit Januar 2011 läuft. Berichtet wurde über kurze und lange, alte und junge Straßen, Straßen, die es noch gar nicht gibt oder verschwunden sind. Und sogar über Straßen, die verlegt wurden. Meist waren es kurze Beiträge, es gab auch acht „Spezial“ mit großen Storys.

Gladbeck hat inzwischen über 440 Straßen, mit 31 Straßennamen fing es 1898 an. Das Straßennetz ist rund 230 Kilometer lang, unterteilt in Hauptverkehrsachsen, Neben-, Wohn- und Erschließungsstraßen. Die WAZ-Serie erläutert die Namensherkunft und die Historie der Straße – jeweils ein kleines Stück Stadtgeschichte.

Auch interessant