Gelsenkirchen. Die Kita-Beiträge in Gelsenkirchen werden ab Mitte 2025 ausgesetzt. Die Stadt muss jetzt aber auch prüfen, ob Erzieher mehr verdienen könnten.

In Gelsenkirchen kommt zum Start des nächsten Kindergartenjahres 2025/2026 tatsächlich die Kostenlos-Kita. Ein entsprechender Antrag von SPD und CDU hat eine weitere wichtige Hürde genommen. Es bleibt nur noch die als sicher geltende Abstimmung im Rat der Stadt am 12. Dezember, um die Elternbeiträge für die Betreuung in den Kindertagesstätten ab dem nächsten Sommer für unbestimmte Zeit auszusetzen.

Gestimmt für den Antrag hatten neben der GroKo auch die Grünen, die AfD und die FDP. Enthalten haben sich Linke und WIN. Diskutiert wurde im Vorfeld des Antrags auch darüber, ob auch die Beiträge für die Offene Ganztagsbetreuung (OGS) ausgesetzt werden sollen und ob Eltern schon vor dem nächsten Kita-Jahr rückwirkend ihre Kita-Beiträge erstattet bekommen sollen. Diese beiden Vorschläge sind nun erst einmal vom Tisch. Wer nur noch bis zum 31. Juli 2025 Kita-Beiträge zahlen muss, profitiert also nicht.

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Eine hitzige Diskussion hatte es zuletzt noch darüber gegeben, welche Entscheidungen im Zusammenhang mit den wegfallenden Kita-Beiträgen stehen sollen – vor allem, ob Erzieherinnen und Erzieher besser bezahlt werden sollen.

Stadt Gelsenkirchen muss jetzt prüfen, ob sie Erzieher besser bezahlen kann

Insbesondere die Grünen waren zuletzt dafür eingetreten, die Debatte über wegfallende Gebühren mit einer Entscheidung über eine bessere Bezahlung des Personals zu verknüpfen. In einem eigenen Antrag hatten sie gefordert, schnellstmöglich eine Möglichkeit ausloten zu lassen, um Erzieher im Stadtgebiet besser zu bezahlen. Das heißt zwar nicht, dass Erzieher künftig tatsächlich mehr auf dem Gehaltszettel haben werden, aber Optionen dafür sollen zumindest ernsthaft geprüft werden.

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Gegen diese Forderung stimmten FDP und AfD. Norbert Emmerich von der AfD-Fraktion machte unter anderem darauf aufmerksam, dass man im Fall einer besseren Bezahlung von Erziehern in Gelsenkirchen zu einem „Verdrängungswettbewerb“ unter den Kommunen ausrufe.

Die Zustimmung der GroKo (SPD, CDU) aber konnten die Grünen für ihren Erzieher-Antrag am Ende doch noch gewinnen – obwohl es zuvor grundsätzliche, bisweilen scharfe Debattenbeiträge gab, die auch Oberbürgermeisterin Karin Welge zu einem Appell veranlassten.

Oberbürgermeisterin Karin Welge: Gelsenkirchen soll nicht Aufgaben des Landes übernehmen

Bei allen guten Absichten, die hinter den Vorschlägen zu den Kitas stecken mögen, müsse man im Auge behalten, ob Gelsenkirchen tatsächlich „als ärmste Kommune in Nordrhein-Westfalen“ mehr und mehr die gesetzlichen Aufgaben des Landes übernehmen könne, so Welge. Die Personalausstattung und die frühkindliche Bildung obliege dem Land. Deswegen könne man nicht „bei allen guten Dingen den Reflex haben, sich das auch noch leisten zu wollen“. Wichtiger sei also „parteiübergreifend zusammenzubleiben“, um beim Land auf eine auskömmliche Finanzierung der frühkindlichen Bildung zu pochen.

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Interessanterweise positionierte sich Welge damit kritisch gegenüber einem Vorhaben, für das sich ihre Partei zunächst ausgesprochen hatte: In Gang gebracht wurde die Kostenlos-Kita in Gelsenkirchen auf dem Parteitag der SPD im September 2024. Dort hatte sich der Unterbezirk nicht nur für ein Ende der kostenpflichtigen Kita in Gelsenkirchen ausgesprochen, sondern auch gesondert für einen Antrag gestimmt, die Entgeltstufe für Erzieher erhöhen zu wollen. Die CDU besetzte das Thema Kita-Gebühren dann mit einem eigenen Antrag für den Stadtrat.

Städtische Finanzen sind in Gelsenkirchen bereits auf Kante genäht

In Ihrer Rolle als Präsidentin der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) hatte sich Oberbürgermeisterin Welge kürzlich ebenfalls zur besseren Bezahlung von Erziehern geäußert. Hier sei der öffentliche Dienst schon heute gut aufgestellt, so Welge. Anreize bräuchte es vielmehr für die Übernahme von Führungspositionen. Hier müsse der öffentliche Dienst mit den Gehältern der freien Wirtschaft konkurrieren. Eine Entgelterhöhung von acht Prozent im öffentlichen Dienst, wie unter anderem von den Gewerkschaften gefordert, würden die ohnehin stark gereizten kommunalen Kassen dagegen überfordern.

Stimmen zu den ausgesetzten Kita-Beiträgen

Adrianna Gorczyk, Grüne: „Für uns wäre statt der Aussetzung der Gebühren auch eine Anpassung der Beitragstabelle denkbar gewesen.“

Susanne Cichos, FDP: „Wir finden es sehr gut, dass mal die arbeitende Bevölkerung entlastet wird.“

Ralf Lehmann, SPD: „Ziel des Antrags ist es, die Leistungsträger in der Gesellschaft zu entlasten..“

Jan Specht, AUF: „Für beides ist in der Gesellschaft genug da.“ (Höhere Gehälter und freie Kita; Anm. d. Rdk)

Sascha Kurth, CDU: „Die Elternbeiträge sind ein kleiner Teil im Haushalt. So zu tun, als würde ohne dieses Geld das Abendland untergehen, führt die Diskussion ad absurdum.“

Ali-Riza Akyol, WIN: „Ein Millionen-Geschenk zum Wahljahr 2025 ohne echten Mehrwert“ (Akyol machte sich damit den Kommentar von WAZ-Redaktionsleiter Sinan Sat zum Thema zu Eigen)

Wie sehr die jährlich um die fünf Millionen Euro teure Streichung der Kita-Beiträge den Haushalt am Ende belasten wird, das war bei der Debatte über die Erziehergehälter und Elternbeiträge im Hauptausschuss am Donnerstag (5. Dezember) aber bestenfalls nur noch ein Rand-Thema, auch wenn die Stadt in den nächsten Jahren in die Haushaltssicherung schlittern könnte.

Stadt Gelsenkirchen muss weitere Fakten zu Folgen für Beitragsbefreiung liefern

Auch hier waren es die Grünen, die darauf zu Beginn der Debatte aufmerksam gemacht hatten. Das Geld brauche man eigentlich ganz dringend für Aufgaben wie die Steigerung der in Gelsenkirchen weiterhin extrem niedrigen Betreuungsquote, so der Tenor. Für den Preis, ihre eigenen Haushaltsanträge durchzubringen, sahen sich die Grünen nun aber offenbar gezwungen, trotzdem zuzustimmen.

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Durchsetzen konnte die Partei aber noch, dass die Stadt im Zusammenhang mit den Kita-Beiträgen noch einige Fakten nachliefern muss. So soll die Verwaltung bald darlegen, welche Mehrbedarfe beim städtischen Träger GeKita entstehen könnten, wenn mehr Eltern aufgrund der Kostenlos-Kita einen Platz haben wollen. Außerdem soll ausgerechnet werden, wie viele Eltern sich in welcher Gehaltsstufe bei den nach Einkommen gestaffelten Kita-Beiträgen befinden.

Es dürfte eine leise Hoffnung der Grünen sein, dass sich durch die nachgereichte Faktenlage ein Bild über den Mehrbedarf an Betreuungsplätzen ergibt, dass man die Aussetzung der Kitagebühren wieder einkassiert. Ob die GroKo sich dann noch mal umstimmen ließe, das steht freilich auf einem anderen Blatt.