Gelsenkirchen. Gelsenkirchens Grüne haben eine Stelle für sexuelle Vielfalt durchgesetzt. Währenddessen werden Anträge auf Geschlechtsänderung abgearbeitet.

Die Grünen-Fraktion in Gelsenkirchen hat beschlossen, dem Haushalt der Stadt Gelsenkirchen für 2025 erneut zustimmen zu wollen. Denn auch die elfköpfige Fraktion um die Vorsitzenden Adrianna Gorczyk und Peter Tertocha konnten in den Verhandlungen wieder einige eigene Anträge durchsetzen. Das Anliegen, auf das sie dabei als Erstes zu sprechen kommen: In Gelsenkirchen soll eine neue Beratungsstelle für sexuelle und geschlechtliche Vielfalt geschaffen werden.

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„Die Beratungsstelle bietet dringend benötigte Hilfe für Menschen, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität Unterstützung suchen, und fördert die Akzeptanz und Gleichberechtigung in unserer Stadt“, teilte Gorczyk hierzu mit. Für die Teilzeitstelle werden 50.000 Euro eingeplant. Ratsuchende Menschen aus LSBTIQ+-Kreisen (Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche sowie andere queere Menschen) müssten dann nicht mehr bis nach Mülheim fahren, um bei der dortigen Beratungsstelle „Lebenslust“ Rat zu finden.

In Gelsenkirchen wollen bisher 81 Personen ihr Geschlecht ändern

Wie groß der Bedarf für eine solche Stelle ist, lässt sich schwer beziffern. Einen Hinweis über die Größe der queeren Community in Gelsenkirchen gibt die Zahl der Geschlechtsänderungen beim Standesamt. Während regelmäßig mehrere hundert Menschen am „Christopher Street Day“ (CSD) in Gelsenkirchen teilnehmen, zählte das örtliche Standesamt im April 2023 lediglich einen einzelnen Eintrag mit der Geschlechtsangabe „divers“ in Gelsenkirchen. Am 1. November 2024 allerdings ist das Selbstbestimmungsgesetz der mittlerweile zerfallenen Ampel-Regierung in Kraft getreten. Seitdem ist die Geschlechtsänderung, auch die Eintragung des dritten Geschlechts, wesentlich einfacher möglich.

Gemütlich und grün: Die Pergola-Bänke wurden am Mittwochmorgen, 4. Juli, geliefert.
Pergola-Bänke wurden im Juli 2024 erstmals in Gelsenkirchen aufgestellt. © WAZ | Gordon Wüllner-Adomako

Nach Angaben der Stadt hat es bereits vor dem 1. November 76 Anmeldungen für die Geschlechtsänderung in Gelsenkirchen gegeben, fünf weitere Menschen meldeten sich dann nach Inkrafttreten des Gesetzes für einen Termin. Von diesen insgesamt 81 Terminen konnten mittlerweile 50 mit Erfolg durchgeführt werden, wie Stadtsprecher Martin Schulmann weiß. Überraschend: Das Geschlecht „divers“ hat weiterhin nur eine einzige Person in Gelsenkirchen gewählt. Es ist dieselbe Person, die schon vor dem 1. November diesen Geschlechtseintrag hatte.

Grüne in Gelsenkirchen setzen Anschaffung von eigenen „Stadt-Terrassen“ durch

Als einen weiteren wichtigen Punkt nennen die Grünen die Anschaffung von sogenannten „Stadt-Terassen“ (30.000 Euro) und begrünten Pergolabänken (26.000 Euro). Letztere wurden im Sommer 2024 erstmals auf dem Heinrich-König-Platz und Neumarkt aufgestellt. Das Zukunftsnetz Mobilität NRW hingegen hatte die Aktion „Stadt-Terrassen“ ins Leben gerufen. Alle Kommunen in NRW konnten sich dort um die kostenlose Ausleihe dieses Stadtmobiliars bewerben, mit denen für einen begrenzten Zeitraum Parkplätze in bunte, bepflanzte Treffpunkte umgewandelt werden sollen. In Gelsenkirchen wurden die Terrassen zeitweise an der Weberstraße (2023) und Hagenstraße (2022) aufgestellt. Peter Tertocha bezeichnet die Anschaffung als „wichtigen Beitrag zur Belebung des Stadtbilds“.

Die Fraktionsvorsitzenden der Gelsenkirchener Grünen-Fraktion Adrianna Gorczyk und Peter Tertocha stimmen dem Haushalt 2025 wieder zu.
Die Fraktionsvorsitzenden der Gelsenkirchener Grünen-Fraktion Adrianna Gorczyk und Peter Tertocha stimmen dem Haushalt 2025 wieder zu. © FUNKE Foto Services | Lutz von Staegmann

Mit einem Budget von 30.000 Euro soll außerdem die Denkmalpflege in Gelsenkirchen gefördert werden. Mit dem Geld soll unter anderem die Verwaltung gestärkt und die Unterstützung von Eigentümern historischer Gebäude verbessert werden. Der über die Stadtgrenzen hinaus bekannten „Lavia Trauerbegleitung“ von Mechthild Schroeter-Rupieper soll mit 13.500 Euro unter die Arme gegriffen werden. Dort hatte man zuletzt über mangelnde finanzielle Unterstützung geklagt.

Ü70-Gelsenkirchener sollen Führerschein gegen Deutschlandticket tauschen

5000 Euro werden die Grünen auch in den Haushalt einstellen lassen, um der Aktion „Tausche Führerschein gegen Deutschlandticket“ zu mehr Erfolg zu verhelfen. Nach einer Hochrechnung der Stadt Gelsenkirchen gibt es zirka 10.000 über 70-Jährige in Gelsenkirchen, die einen Führerschein besitzen. Eine Überprüfung der Fahrtüchtigkeit dieser älteren Menschen ist allerdings gesetzlich nicht vorgesehen und auch nicht geplant. Um ältere Menschen zum freiwilligen Umstieg von Auto auf Bus und Bahn zu motivieren und damit das Risiko auf der Straße für alle Verkehrsteilnehmer zu verringern, sollen Seniorinnen und Senioren nach Vorstellung der Grünen für die Rückgabe ihres Führerscheins mit einem Deutschlandticket belohnt werden.

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Einen solchen Austausch (Kostenübernahme für drei Monate) bietet die Bogestra nach Informationen der Stadtverwaltung tatsächlich auch schon seit 2020 an, was bislang lediglich von 20 Menschen genutzt wurde. Das verschwindend geringe Interesse an der Aktion wollen die Grünen mit Werbemitteln für den Umtausch ankurbeln.

„All diese Projekte bringen greifbare Fortschritte für Gelsenkirchen und machen den Unterschied genau dort, wo es darauf ankommt – in der Lebensrealität der Menschen“, meint das Vorstandsduo. Der Haushaltsplan 2025 soll bei der finalen Ratssitzung des Jahres am 12. Dezember verabschiedet werden.

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