Essen-Südviertel. Im Südviertel gab es lange ein Jesuiten-Kloster. Die Kirche dort wird jetzt abgerissen. Kita erhält einen Neubau und macht Platz für Wohnungen.

Für die Katholiken im Essener Südviertel an der Grenze zu Holsterhausen beginnt das neue Jahr mit einem Abschied: Die Kirche St. Ignatius wird nach einer letzten Messe am 2. Februar außer Dienst gestellt. Danach werden die sakralen Gegenstände ausgeräumt. Zum 1. März wird das Gebäude an den Investor, das Dorstener Bauunternehmen Hütter GmbH, übergeben. Der Abriss der Kirche soll zeitnah erfolgen. Auf dem Grundstück entsteht ein Kindergarten, berichtet Michael Dörnemann, Pfarrer von St. Gertrud, wozu St. Ignatius gehört.

Die Kirche St. Ignatius im Essener Südviertel wird in Kürze abgerissen

Nach voraussichtlich anderthalb bis zwei Jahren Bauzeit soll der Kindergarten der Gemeinde in den Neubau umziehen und von drei auf vier Gruppen erweitert werden. Es soll dann zwei Gruppen für Zwei- bis Sechsjährige und je eine für Drei- bis Sechsjährige und Null- bis Dreijährige geben. Statt 51 werden dann 71 Kinder die Einrichtung besuchen. Träger wird weiterhin der Kita-Zweckverband im Bistum Essen sein. Das Kindergarten-Gebäude wird nach dem Umzug ebenfalls abgerissen, dort soll Wohnbebauung entstehen.

Die Kirche St. Ignatius wird in Kürze abgerissen. Gottesdienste und Gemeindearbeit werden aber weiterhin im benachbarten Ignatiushaus (r.) stattfinden.
Die Kirche St. Ignatius wird in Kürze abgerissen. Gottesdienste und Gemeindearbeit werden aber weiterhin im benachbarten Ignatiushaus (r.) stattfinden. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

„Die Kirche hat für viele Menschen im Umfeld eine große persönliche Bedeutung. Oft sind sie hier getauft worden, zur Erstkommunion gegangen, gefirmt und getraut worden. Sie hatten sieben, acht Jahre Zeit, sich auf diesen Moment vorzubereiten, seit sie das Ergebnis des Pfarreientwicklungsprozesses kannten. Aber wenn es dann so weit ist, schmerzt es natürlich doch“, so Dörnemann.

An der Stelle des heutigen Kirchbaus soll im Essener Südviertel eine neue Kita entstehen

Einige Gemeindemitglieder überlegten, dem letzten Gottesdienst fernzubleiben, weil es zu traurig sei. „Aber ich bin mir sicher, dass trotzdem viele da sein werden, wenn der Schlusspunkt gesetzt wird“, sagt der Pfarrer. Ein bisschen konnten die Gläubigen den Abschied schon proben: Der markante Turm der Kirche wurde wegen Baufälligkeit schon 2013 abgebaut.

Eines habe man jedoch erreicht, so Dörnemann: „Es wird auch weiterhin gemeindliches Leben an diesem Standort geben.“ Da dafür das 1923 errichtete Ignatiushaus unbedingt stehenbleiben sollte, seien einige Investoren abgesprungen. Sie wollten lieber das gesamte Gelände an St. Ignatius bebauen. „Wir haben da auf eine höhere Rendite verzichtet, um das Gemeindeleben hier zu erhalten“, betont der Pfarrer.

Fenster und Gestaltung der Kirche St. Ignatius sind typisch für die 1960er Jahre, als das Gotteshaus entstand.
Fenster und Gestaltung der Kirche St. Ignatius sind typisch für die 1960er Jahre, als das Gotteshaus entstand. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

So wird es weiter Gottesdienste in der Kapelle des Ignatiushauses geben, das früher ein Jesuitenkloster war. Für 50 Personen sei der Raum, der zunächst renoviert werden muss, geeignet: „Das passt gut für die kleine Gemeinde.“ Möglicherweise findet auch der Tabernakel aus der Kirche dort Platz. Im Haus sind auch Institutionen wie KAB, DPSG, Caritas, italienische Gemeinde, BDKJ und die Jugendkirche Cross Roads beheimatet. Ansprechpartner für die Gläubigen bleibt weiter Pastor Gary Albrecht.

Abschiedswoche von St. Ignatius

Die Abschiedswoche von St. Ignatius beginnt mit der Sonntagsmesse am 26. Januar, 11.15 Uhr. Im Anschluss gibt es einen Imbiss und die Gelegenheit, von 13 bis 15 Uhr in der Kirche zusammenzubleiben und sich gegenseitig Geschichten zu erzählen, die mit der Kirche zu tun haben. Dazu können auch Bilder oder Gegenstände mitgebracht werden. Die Veranstaltung wird von Referentin Katrin Sickora moderiert, die als spirituelle Begleiterin den Prozess des Abschiednehmens unterstützen soll.

Während der gesamten Woche ist die Kirche täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Es stehen Ignatius-Kerzen und ein Erinnerungsbuch bereit, aber auch Informationen zur Geschichte und Zukunft der Kirche.

Am Mittwoch, 29. Januar, nehmen vormittags die Kita-Kinder Abschied von der Kirche. Der letzte Gottesdienst zur Profanierung (Entweihung) der Kirche findet am Sonntag, 2. Februar, 11.15 Uhr, statt.

Wie viele Essener Gemeinden verzeichnet auch St. Ignatius einen massiven Mitgliederschwund

Die Schließung des Gotteshauses sei unausweichlich, so Dörnemann. Der Mitgliederschwund in der katholischen Kirche hat in den vergangenen 15 Jahren noch einmal deutlich an Fahrt aufgenommen. Als die Pfarrei St. Gertrud 2008 ihrer jetzigen Form gebildet wurde, habe sie noch 18.000 Mitglieder gehabt, heute seien es 12.000, davon 2000 bis 2500 im Umfeld von St. Ignatius. „Und davon kommen 25 bis 40 sonntags in die Messe, an Weihnachten vielleicht 60 bis 80“, beschreibt Dörnemann die Situation.

Die Kunstgegenstände werden nach der letzten Messe am 2. Februar anderweitig untergebracht.
Die Kunstgegenstände werden nach der letzten Messe am 2. Februar anderweitig untergebracht. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos
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Religiosität habe sich in ihrer Form verändert, viele Menschen könnten mit der Institution Kirche nicht mehr viel anfangen. Immer weniger Eltern ließen ihre Kinder taufen, sodass es keinen Nachwuchs mehr in den Gemeinden gebe. Auch Grundschulen gebe es nicht mehr im Einzugsgebiet von St. Ignatius, sodass es auch keine Erstkommunion in der Kirche mehr gebe. „Die meisten gehen in St. Mariä Empfängnis in Holsterhausen zur Erstkommunion“, so der Pfarrer, der seit Oktober 2022 die Pfarrei St. Gertrud leitet. Er stelle zudem eine hohe Mobilität im Umfeld fest. „Viele ziehen nach ein paar Jahren in andere Vororte, wo das Umfeld für Kinder besser ist.“

Wenn auf dem Gelände der Kirche eine neue Kita entstanden ist, ziehen die Kita-Gruppen dorthin um. Die alte Kita wird dann ebenfalls abgerissen. Dort soll Wohnbebauung entstehen.
Wenn auf dem Gelände der Kirche eine neue Kita entstanden ist, ziehen die Kita-Gruppen dorthin um. Die alte Kita wird dann ebenfalls abgerissen. Dort soll Wohnbebauung entstehen. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Die Gemeinde in der Nähe der A 40 war viele Jahre Domizil der Jesuiten-Patres, bis diese 2012 nach fast 400 Jahren die Stadt Essen verließen und ihre Ordensresidenz im Südviertel aufgaben. Der Grundstein für die Kirche St. Ignatius wurde allerdings erst im März 1960 gelegt, im September 1961 wurde sie geweiht. „Es ist ein typischer Bau aus den 1960er Jahren, die Glasfenster, bei denen auf den Lichteinfall zu bestimmten Tageszeiten geachtet wurde, spiegeln ebenfalls die Vorlieben dieser Zeit“, so der Pfarrer.

In der Kirche St. Ignatius gibt es ein besonderes, aus Lateinamerika stammendes Marienbild, die „Mutter mit dem geneigten Haupt“.
In der Kirche St. Ignatius gibt es ein besonderes, aus Lateinamerika stammendes Marienbild, die „Mutter mit dem geneigten Haupt“. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Die Fenster werde man beim Abbruch nicht retten können, wohl aber die Kunstwerke in der Kirche, allen voran ein besonderes, aus Lateinamerika stammendes Marienbild, die „Mutter mit dem geneigten Haupt“. Dieses gehöre den Jesuiten. „Sie haben aber signalisiert, es hier zu belassen, solange es hier Verehrung erfährt“, sagt Dörnemann.

Das Essener Gotteshaus in eine Kita umzubauen, würde zu teuer

Die Kirche, wie anderswo bereits geschehen, zu einem Kindergarten oder einer ähnlichen Einrichtung mit sozialem Hintergrund umzubauen, sei angesichts der hohen Kosten keine echte Option gewesen, auch wenn man das kurz mit dem Architekten überlegt habe. Der Abriss sei deshalb die einzige realistische Möglichkeit, so sehr das auch schmerze.

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