Essen. Die Uniklinik Essen soll keine reinen Herztransplantationen mehr durchführen dürfen. Der Ärztliche Direktor kündigt dagegen Widerstand an.
Enttäuschung an der Uniklinik Essen: Das Landesgesundheitsministerium hält an seinen Einschnitten für Essens größtes Krankenhaus fest. So muss das Klinikum nicht nur, wie befürchtet, auf die Geriatrie verzichten. Auch der so hochspezialisierte wie prestigeträchtige Bereich der Herztransplantationen wird schmerzhaft reduziert.
Krankenhausplan sorgt an Essens größtem Krankenhaus für Unmut
Der Ärztliche Direktor der Uniklinik, Prof. Jochen A. Werner, hatte die Stoßrichtung der NRW-Krankenhausplanung stets begrüßt: Diese soll zu einer stärkeren Spezialisierung der Krankenhäuser führen und Doppelstrukturen abbauen. Am Montag (16.12.) hatten die gut 330 Krankenhäuser im Land die so genannten Feststellungsbescheide erhalten, in denen ihnen mitgeteilt wurde, welche Aufgaben sie künftig übernehmen bzw. beibehalten dürfen. Grundsätzlich beurteilt Werner den Bescheid für das Uniklinikum positiv: „Es gibt nur geringfügige Abweichungen bei den beantragten Leistungen, insgesamt sind sicherlich die meisten Maximalversorger in der Krankenhaus-Planung fair und angemessen berücksichtigt worden.“
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Allerdings streicht die Reform von Landesgesundheitsminister Karl-Josef Laumann die Altersmedizin komplett aus dem Leistungskatalog der universitären Kliniken. Die Uniklinik Essen hatte daher keinen der 800 beantragten Geriatrie-Fälle erhalten. Vergeblich hatte das Klinikum darauf hingewiesen, dass das auch die Forschung zu altersmedizinischen Fragen gefährde: Der Einspruch blieb erfolglos. „Die Leistungsgruppe Geriatrie haben wir, ebenso wie alle anderen Universitätskliniken, nicht erhalten. Damit ist die Universitätsmedizin in diesem sehr wichtigen Fachgebiet nicht abgebildet. In Anbetracht der Herausforderungen des demographischen Wandels ist dies nicht nachvollziehbar“, kommentiert Prof. Werner.
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Während die Uniklinik in puncto Geriatrie wohl keine großen Hoffnungen mehr auf eine Wende hatte, hatte sie um die Herztransplantationen mit viel Einsatz und mit Rückendeckung durch die Stadtspitze gekämpft. Das Ministerium argumentiert, dass bei planbaren Eingriffen eine wohnortnahe Versorgung nicht zwingend erforderlich sei. Daher hatte man im Sommer mitgeteilt, dass die Unikliniken Bonn, Köln und Essen die Herztransplantationen verlieren sollten. Den Zuschlag sollte allein die Uniklinik Düsseldorf erhalten, der „mit Abstand fallzahlstärkste Standort im Landesteil“.
Die Uniklinik Essen soll die reinen Herztransplantationen verlieren
Essen hatte 20 Herztransplantationen beantragt und sich gegen die komplette Streichung gewehrt. Das führte zu einem Teilerfolg, so erklärte das Ministerium Anfang November: „Entgegen dem Anhörungsschreiben vom 14. Juni 2024 soll das Universitätsklinikum Essen eine Zuweisung mit geringer Fallzahl in Höhe von 10 Fällen erhalten.“ Verbunden mit der Einschränkung, dass diese zehn Fälle „ausschließlich für die Erbringung der kombinierten Herz-Lungen-Transplantation“ zugewiesen werden. Diese sind komplexer als reine Herz-Transplantation – und viel seltener.
Für isolierte Herztransplantationen soll das Herzzentrum Essen nun eine Kooperation mit einem anderen Krankenhausträger anstreben. Für die Uniklinik, die in diesem Jahr bis zum November schon 13 Herzen transplantiert hat, ist das kaum akzeptabel. Zumal die Frage, ob ein Krankenhaus Herztransplantationen durchführt oder nicht, auch im Wettbewerb um medizinisches Personal eine Rolle spielt.
„Dies ist als bedeutendstes Transplantationszentrum mitten im Ruhrgebiet, der bevölkerungsreichsten Region Deutschlands, vollkommen unverständlich. Wir werden dies nicht unwidersprochen akzeptieren und notwendige Schritte einleiten.“
Dass hier nicht noch einmal nachjustiert wurde, sorgt nun am Uniklinikum für Verstimmung. So erklärt Prof. Werner am Mittwoch (18.12.): „Die isolierte Herztransplantation ist der Essener Universitätsmedizin nicht zugesprochen worden, lediglich die kombinierte Herz-Lungen-Transplantation. Dies ist als bedeutendstes Transplantationszentrum mitten im Ruhrgebiet, der bevölkerungsreichsten Region Deutschlands, vollkommen unverständlich. Wir werden dies nicht unwidersprochen akzeptieren und notwendige Schritte einleiten.“
Um welche Schritte es sich handelt, sagt der Ärztliche Direktor zum jetzigen Zeitpunkt nicht. Man darf aber vermuten, dass intern auch ausgelotet wird, ob man den Rechtsweg beschreitet.
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Keine Überraschungen für die Krupp-Krankenhäuser
Ähnlichen Unmut gibt es bei den drei anderen Krankenhausträgern in Essen nicht. So erklärt die Geschäftsführerin der beiden Krupp-Krankenhäuser, Dr. rer. oec. Michaela Lemm, es habe „keine besonderen Überraschungen“ gegeben. „Insgesamt sind wir mit dem Ergebnis zufrieden. Wir freuen uns besonders über das Votum der Kostenträger für unser Haus in Steele, das damit eine sehr gute Perspektive für die Zukunft hat.“ Nur einen Einwand erhebt „Krupp“: Allein bei der Entscheidung im Leistungsbereich Bauchaneurysmen werden wir prüfen, welche Möglichkeiten wir haben und welche Schritte sinnvoll sind.“
Kliniken Essen-Mitte sprechen von einem „sehr erfreulichen Resultat“
Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den Evangelischen Kliniken Essen-Mitte. Er freue sich, dass dem Haus „nahezu alle Leistungsgruppen zugesprochen wurden“, sagt der Ärztliche Direktor, Prof. Dr. Christian Jackisch. „Das ist ein sehr erfreuliches Resultat, das die exzellente Arbeit an den drei Standorten widerspiegelt und uns in der Ausrichtung unserer klinischen Schwerpunkte bestätigt. Als Resultat des Einspruchsverfahrens wurde uns die Leistungsgruppe „Leukämien und Lymphome“ zugesprochen.“ Die KEM seien für die weitere Umsetzung der Krankenhausplanung „sehr gut aufgestellt“. So sei bereits vereinbart, dass man die Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie zum April an das St. Josef-Krankenhaus in Werden abgebe, das zur Universitätsmedizin gehört.
Contilia nennt Bescheide zur Krankenhausplanung eine „ausgesprochen gute Nachricht“
Als „ausgesprochen gute Nachricht“, wertet Contilia-Sprecher Thomas Kalhöfer die Bescheide. Es zeige sich nun, „dass es in den vergangenen Jahren die richtige Strategie war, die Einrichtungen der Contilia nicht isoliert voneinander zu betrachten, sondern die Gesundheitsversorgung der Menschen in dieser Region als Aufgabe für den gesamten Verbund zu organisieren“. Unter dem Dach der Contilia firmieren in Essen neben Elisabeth-Krankenhaus, Philippusstift und St. Josef in Kupferdreh auch Angebote wie das Geriatrie-Zentrum Haus Berge und der Gesundheitspark Altenessen; dazu kommen Standorte in Mülheim und Hattingen. Um der geforderten Spezialisierung zu entsprechen, verschiebt die Contilia auch Schwerpunkte und Abteilungen im eigenen Netzwerk. Diese Strategie werde durch die Bescheide aus Düsseldorf „maximal anerkannt und gestärkt“, sagt Kalhöfer. Das vorhandene Leistungsspektrum bleibe erhalten.
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