Düsseldorf.. Jetzt liegen die Pläne für die Umgestaltung der Kliniken auf dem Tisch. Die Bürger in NRW müssen mit Versorgungs-Einschnitten rechnen.

NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hat am Dienstag die Ergebnisse zur Krankenhausplanung vorgestellt. Die Bürgerinnen und Bürger müssen demnach vielerorts mit empfindlichen Einschnitten bei der Versorgung rechnen. Das gilt aber nicht für die Versorgung im Notfall.

„Diese Reform bedeutet große Veränderungen“, stellte Laumann klar. Am Montag erhielten die rund 330 NRW-Krankenhäuser ihre so genannten Feststellungsbescheide, in denen ihnen mitgeteilt wurde, welche Aufgaben sie künftig übernehmen dürfen. Damit steht fest, welches Krankenhaus welche Leistungen, zum Beispiel Herz-Operationen oder Geburtshilfe, anbieten kann und zu welchen Veränderungen es in der NRW-Krankenhauslandschaft kommen wird.

Nur ein Drittel der Häuser, die Krebs-OP machen wollten, dürfen dies auch

Diese Änderungen sind zum Teil gravierend. Zum Beispiel haben 191 Klinik-Standorte beantragt, die Revision eines künstlichen Kniegelenks, also die Überprüfung und gegebenenfalls den Austausch eines solchen Gelenks, durchführen zu dürfen. Tatsächlich sollen nur 75 Standorte diesen Zuschlag bekommen (minus 61 Prozent). Ganz ähnlich ist der Rückgang bei der Revision von künstlichen Hüftgelenken. Hier gab es 201 Anträge und 79 Zuschläge.

Ebenfalls stark rückläufig sind den Planungen zufolge die Möglichkeit von Leber- und von Speiseröhren- und Bauchspeicheldrüsenoperationen (minus 74, minus 63 beziehungsweise minus 60 Prozent). Diese starke Konzentration sei beabsichtigt, erklärte Laumann. Sie bedeute, dass Patientinnen und Patienten von echten Spezialisten behandelt werden könnten.

NRW-Klinikplan vor Abschluss
„Diese Krankenhausplanung ist die anspruchsvollste Geschichte, die ich in meinem langen politischen Leben gemacht habe“: Karl-Josef Laumann (CDU), NRW-Gesundheitsminister. © DPA Images | Rolf Vennenbernd

Bei der Geburtshilfe gibt es praktisch keine Einschränkungen

Nur leicht ist der Rückgang bei der Geburtshilfe. 133 Klinik-Standorte haben sie beantragt, 126 bekommen den Zuschlag. Die Kardiologie-Standorte verzeichnen ein Minus von 15 Prozent.

Im Notfall soll die Klinik schnell erreichbar sein

Die ortsnahe Notfallversorgung soll den Bürgerinnen und Bürgern erhalten bleiben, egal, ob sie in einer Stadt oder auf dem Land leben. Ein Krankenhaus mit Chirurgie und innerer Medizin muss in NRW für 90 Prozent der Bevölkerung in 20 Autominuten erreichbar sein. Intensivmedizin muss demnach flächendeckend in NRW vorgehalten werden. 

Laut Karl-Josef Laumann beinhaltet diese Reform trotz der vielen Einschnitte große Versorgungs-Vorteile für die Menschen und wirtschaftliche Vorteile für die Kliniken. Der ruinöse Wettbewerb zwischen den Häusern werde damit beendet. In Notfällen seien Krankenhäuser nach wie vor erreichbar. Und bei planbaren Operationen, zum Beispiel bei Krebserkrankungen, würden zum Teil zwar die Wege zum Krankenhaus weiter. „Dafür werden solche Eingriffe in Kliniken vorgenommen, die eine Expertise dafür haben“, so der Minister.

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Krankenhausgesellschaft spricht von einem „Meilenstein“

Der Vizepräsident der Krankenhausgesellschaft NRW, Sascha Klein, nannte die neue Krankenhausplanung einen „Meilenstein“. Die Kliniken seien bereit, die vielen Veränderungen mitzugestalten und mitzutragen. „Wir schaffen Spezialisierung, ohne die Versorgung auf dem Lande auszuhöhlen“, sagte er. Die Bürgerinnen und Bürger müssten sich zwar umstellen, aber die Kliniken könnten nun ihr Profil schärfen und die unsichere „Gelegenheitsmedizin“ falle weg.

Die neue Krankenhausplanung tritt zum 1. April 2025 in Kraft. Für bestimmte Leistungsgruppen sind Übergangsfristen bis Ende 2025 vorgesehen.

Laumann: „Das Anspruchsvollste, was ich in meinem politischen Leben gemacht habe“

Seit sechs Jahren feilt NRW an einer neuen Krankenhausplanung, und dieser tiefe Eingriff ins System steht jetzt vor der Bewährungsprobe. „Diese Reform ist das Anspruchsvollste, was ich in meinem langen politischen Leben gemacht habe“, sagte NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) am Dienstag.

Als der Minister erklärt, man mache sich nun gemeinsam auf den „Weg der Veränderung“, nicken die Damen und Herren zu seiner Rechten: Sascha Klein, „Vize“ der Krankenhausgesellschaft (KGNW) NRW, Dirk Ruiss als Vertreter der Krankenkassen, Dr. Hans-Albert Gehle von der Ärztekammer Westfalen-Lippe und Sandra Postel, Präsidentin der Pflegekammer NRW.

Die Vorgänger-Reform stammt aus den 1970-er Jahren

Diese Zustimmung ist angesichts der dramatischen Eingriffe in die Krankenhauslandschaft alles andere als selbstverständlich. Laumann ist es gelungen, alle wichtigen Akteure von Beginn an in die Reform einzubinden und das bei einer Großoperation, die in einem Bundesland sehr selten durchgeführt wird. Die Vorgänger-Krankenhausreform hatte der kürzlich verstorbene Ex-Gesundheitsminister Friedhelm Farthmann (SPD) in den 1970-er Jahren durchgesetzt.

Die Krankenhausplanung NRW

Die Kliniklandschaft in NRW wird grundlegend neu sortieren. Anders als bislang soll dabei nicht mehr im Zentrum stehen, wie viele Betten ein Krankenhaus anhand der Einwohnerzahl, Liegedauer oder Auslastung benötigt. Laumann will vielmehr planen, welche medizinische Fachrichtung wo und in welcher Stärke erhalten oder angesiedelt sein soll. Dazu hat das Land 64 Leistungsgruppen von der Geriatrie bis zur Lebertransplantation ausgewiesen und Qualitätskriterien vorgeschrieben, die die Kliniken erfüllen müssen.

Ziel der Reform, die bundesweit als Vorreiter gilt, ist, dass Kliniken mehr zusammenarbeiten. Sie sollen sich stärker spezialisieren, damit am Ende die Versorgung der Menschen in NRW an Qualität gewinnt. NRW stellt bis 2027 rund 2,5 Milliarden Euro für den Umbau bereit.

Der Nachteil: Wege zu den Kliniken werden unter Umständen weiter. Nicht im Notfall, aber dann, wenn es um spezielle Operationen geht wie zum Beispiel Eingriffe bei Krebspatienten. Gesundheitsminister Laumann rechnet fest damit, dass Krankenhäuser gegen die Pläne klagen werden. „Aber ich fürchte keine einzige dieser Klagen“, sagte er.

Die Frage, ob die neue Krankenhausplanung Kliniken ihrer Existenzgrundlage beraube, verneinen alle auf dem Podium. „Ich erwarte gar keine Schließungen als Folge der Reform. Im Gegenteil“, erklärte KGNW-„Vize“ Sascha Klein. Mit dieser Planung würden sich die Kliniken so aufstellen, dass sie überleben könnten.

Im Hintergrund plant Karl Lauterbach eine Bundes-Reform

Dass Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) parallel dazu eine Krankenhausreform auf Bundesebene plant, müsse NRW nicht beunruhigen, betonte Laumann. Die hiesige Reform sei ein Vorbild für alle anderen Bundesländer. „Wir schreiben Krankenhausgeschichte für ganz Deutschland“, so der NRW-Minister.

Die NRW-Reform sei im Gegensatz zu der aus Berlin kein Risiko für die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung. Im Übrigen seien Lauterbachs Pläne nicht in Stein gemeißelt. „Es könnte sein, dass es bald eine politische Mehrheit gibt, die das Bundesgesetz ändert. Ich strebe sie an“, sagte Laumann mit Blick auf die Bundestagswahl im Februar.

SPD kritisiert Laumann: „Zu viele Leistungen fallen weg“

Die SPD-Opposition im Landtag hält die Reform in NRW für fehlerhaft. „Im Detail sind viele Krankenhäuser immer noch mit den Entscheidungen des Gesundheitsministeriums nicht einverstanden: Zu viele Leistungen fallen weg. Wir teilen insbesondere die Kritik, dass bei der kinder- und jugendmedizinischen Versorgung nachgebessert werden muss“, erklärten Fraktionsvize Lisa-Kristin Kapteinat und der SPD-Gesundheitsexperte Thorsten Klute.

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