Essen-Haarzopf. Vor knapp 20 Jahren fuhr der Bürgerbus zum ersten Mal von Essen-Haarzopf nach Rüttenscheid. Im neuen Jahr gibt es einige Veränderungen.
Mit neuem Vorsitzenden und digitalem Fahrkartensystem geht der Bürgerbus-Verein Haarzopf-Margarethenhöhe-Rüttenscheid (HMR) ins neue Jahr. Der Vorstand ist personell gut aufgestellt, allerdings bereitet die Kostenentwicklung einige Sorgen. Auch neue Fahrer und Wagenmeister werden benötigt, erklärt der Vorsitzende Rüdiger Goebel.
Durch die Einführung des Deutschland-Tickets nimmt der Verein weniger Geld ein, da inzwischen rund 50 Prozent der Fahrgäste dieses Ticket nutzen und nicht mehr gesondert für die Fahrt mit dem Bürgerbus zahlen. Dafür erhält der Verein einen Finanzierungsausgleich. Wie es damit jetzt weitergeht, ist allerdings unklar. „Durch das Ampel-Aus im Bund ist darüber noch keine Entscheidung gefallen“, sagt Rüdiger Goebel, seit November neuer Vorsitzender des Vereins.
Der Bürgerbus Essen-Haarzopf ging 2005 an den Start
Dabei ist der Bürgerbus eigentlich eine echte Erfolgsgeschichte: Gegründet wurde der Verein 2003, als die Essener Verkehr AG, heute Ruhrbahn, eine Buslinie einstellte, die während der Bauarbeiten an der Wienenbuschbrücke gut angenommen worden war. Angeblich bestand an der Verbindung kein Bedarf mehr.
Das sahen die betroffenen Bürger anders. Der Ideengeber und langjährige Vorsitzende Hans Zilles wird mit den Worten zitiert: „Dann fahren wir eben selbst.“ Und so kam es. Bis zur ersten Fahrt im August 2005 waren aber noch zahlreiche bürokratische Hürden zu überwinden. Man brauchte ein Finanzierungskonzept, Fördergelder, einen Fahrplan, ehrenamtliche Fahrer, Fahrzeuge und vieles mehr. Doch am Ende funktionierte es: „Im nächsten Jahr feiern wir das 20-jährige Bestehen des Angebots“, betont Rüdiger Goebel nicht ohne Stolz.
In dieser Zeit haben 355.000 Fahrgäste den Bürgerbus genutzt, der Haarzopf und die Margarethenhöhe mit dem Alfried-Krupp-Krankenhaus in Rüttenscheid verbindet. Doch nicht nur der ungeklärte Finanzierungsausgleich, der über die Stadt ausgezahlt wird, bereitet den Verantwortlichen Sorgen. „Die Fahrgastzahlen schwanken. Und das Niveau der Vor-Corona-Zeit ist noch längst nicht wieder erreicht“, sagt Goebel. Vor der Pandemie hätten rund 2100 Menschen im Monat den Bürgerbus genutzt, nach der coronabedingten Pause habe man sich langsam wieder hocharbeiten müssen, liege jetzt bei 1350 Fahrgästen pro Monat.
Die Zusammenarbeit mit der Essener Ruhrbahn läuft gut
Zum Glück arbeite man mit der Ruhrbahn gut zusammen und bekomme schon im September einen Teil des Geldes für das laufende Jahr ausgezahlt, den Rest im Folgejahr. So gut laufe es längst nicht bei allen der 148 Bürgerbusse in NRW, weiß Goebel aus diversen Gesprächen.
Der Bürgerbus-Verein benötigt nach seinen Angaben jährlich 80.000 Euro, um den Betrieb in dieser Form aufrechtzuerhalten. Das Geld wird fürs Tanken – die Busse fahren mit Dieselkraftstoff –, Reparaturen, Sommer- und Winterreifen benötigt. Der Ersatzbus hat schon 450.000 Kilometer auf dem Tacho und ist deshalb oft in der Reparatur, der Hauptbus ist bisher 220.000 Kilometer gefahren. Zwölf Mal geht es jeden Tag hin und zurück, 290 Kilometer kommen so tagtäglich dazu. „Ein neues Fahrzeug gibt es nur, wenn der Hauptbus 500.000 Kilometer erreicht hat“, so Goebel., der ein bisschen auf eine Ausnahmegenehmigung hofft.
Die Finanzierung des Essener Projekts basiert auf drei Säulen
Die Finanzierung basiert laut Goebel auf drei Säulen: Zu je einem Drittel läuft sie über Fördermittel, Werbung auf den drei Bussen sowie Fahrgelder. Letztere seien mit 1,50 Euro für die Kurzstrecke bis zur Margarethenhöhe und 2,50 Euro für die Langstrecke bis Rüttenscheid in all den Jahren stabil geblieben.
Der Verein hat aktuell 72 Mitglieder und 36 Fahrer, von denen aber gerade nur 29 eingesetzt werden können. „Unsere Fahrer sind meist über 65 Jahre alt und müssen jährlich einen ärztlichen Check absolvieren, bei dem Hören, Sehen und Reaktionsfähigkeit getestet werden. Manchmal muss nachgebessert werden, zum Beispiel durch eine neue Brille oder eine OP am Grauen Star“, erklärt Goebel.
Für das neue Jahr haben die Verantwortlichen drei Wünsche: Neben weiteren ehrenamtlichen Fahrern und gern auch Fahrerinnen, hofft der Vorstand, dass mehr Firmen Werbeflächen auf den Bussen buchen. „Außerdem wünschen wir uns ein oder zwei ehrenamtliche Wagenmeister, die vielleicht als Automechaniker gearbeitet haben und jetzt in Rente sind“, so Goebel. Wer Lust hat, den Fuhrpark zu beaufsichtigen, die Busse zum TÜV oder in die Werkstatt zu fahren, ist willkommen. „Sie müssen nicht selbst schrauben“, sagt der Vorsitzende und lacht. Bisher kümmere sich ein Mitglied um diese Dinge, er wolle aber zum Jahresende aufhören.
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Mit seinen 69 Jahren ist Rüdiger Goebel noch einer der jüngeren im Team. Nachdem Gründer Hans Zilles vor zwei Jahren aus Altersgründen sein Amt zur Verfügung gestellt hatte, übernahm Adelheid Harms-Prions für zwei Jahre. „In der Zeit war ich Geschäftsführer, konnte mich schon mal einarbeiten und in die Aufgaben hereinwachsen, was auch gut war“, so Goebel. Im kommenden Jahr hören der zweite Vorsitzende und der Schatzmeister auf. Kandidaten für die Nachfolge gibt es schon.
Manchmal sind die Fahrer des Bürgerbusses als Seelsorger gefragt
„Den Bürgerbus zu fahren, ist eigentlich eine angenehme Aufgabe“, macht Goebel ein bisschen Werbung für das Ehrenamt. Morgens fahren einige Schüler mit, ansonsten sind es meist ältere Menschen, die zu Besuchen oder Therapien ins Krupp-Krankenhaus wollen. „Viele erzählen ihre Geschichte, da sind die Fahrer auch schon mal als Seelsorger gefragt“, weiß der Vorsitzende.
Zum 1. Januar soll in den Fahrzeugen ein digitales Kassensystem einführt werden. Die Fahrscheine werden dann nicht mehr lose verkauft, sondern per Tablett und Drucker ausgedruckt. Die Fahrer wurden bereits in Kleingruppen geschult. „Die Befürchtung, dass das vielleicht nicht alle älteren Ehrenamtlichen gut finden, war komplett unbegründet. Die meisten wollten es sofort ausprobieren“, freut sich der Vorsitzende. Auch die Abrechnung mit der Ruhrbahn, die Erstattung von Schwerbehinderten-Fahrten sowie der Dieselsteuer könnten so auf Knopfdruck weitergeleitet werden, was die Arbeit enorm erleichtere.
Über die Feiertage gelten andere Fahrzeiten beim Essener Bürgerbus
Der Bürgerbus fährt eigentlich täglich von 7.25 bis 19.30 Uhr. Über Weihnachten und den Jahreswechsel gelten jedoch andere Fahrzeiten: Am 25. Dezember und 1. Januar entfallen die Fahrten komplett, am 24., 26. und 31. Dezember fährt der Bürgerbus von 9.25 bis 15.30 Uhr. Wer ehrenamtlich mitarbeiten möchte, kann sich bei Rüdiger Goebel unter 0172 270 26 23 oder per E-Mail unter rogerdoubletrust@aol.com melden.
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