Essen. Wenn es mit der Potenz hapert, bestellen viele Männer vermeintliche Wunderpillen im Internet. Warum ein Essener Facharzt davon dringend abrät.

Priv-Doz. Dr. Tobias Jäger ist Urologe, Androloge und Teilzeit-Missionar: Er will Männer zum Arztbesuch bewegen, sie überzeugen, Vorsorge und die eigene Gesundheit ernster zu nehmen. Es gehe um Krebs, Krankheit, um Sex und Lebensqualität. Auf Wunsch eines Fachbuchverlags hat Jäger jetzt das Buch „Männergesundheit“ geschrieben, das er am Samstag (19.10.) auf der Frankfurter Buchmesse vorstellen wird.

Essener Arzt schreibt über Hoden, Hormone, Erektionsstörungen und die Wechseljahre des Mannes

Da, wo Bestseller-Autoren oder junge Lyriker lesen, behandelt der Mediziner Themen von Hoden bis Hormonhaushalt, von Vorhautverengung bis vorzeitigem Samenerguss. Er schreibt über die Wechseljahre des Mannes und wirbt mit diesem ersten Satz um die Aufmerksamkeit des Zielpublikums: „Männer werden öfter krank und sterben früher.“ Keine Floskel sei das, sondern anhand von Zahlen belegbar. Auf den folgenden knapp 150 Seiten schildert Jäger gut verständlich, wie man mit diesem Befund umgehen kann.

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Verantwortlich für die kürzere Lebenserwartung von Männern seien verschiedene Faktoren, allen voran der Lebensstil. Da gehe es nicht nur um klassische Sündenfälle wie Rauchen, zu viel Alkohol oder schlechte Ernährung, sondern auch um eine oft ausgeprägtere Risikobereitschaft: Männer sterben häufiger durch Verkehrsunfälle, Verletzungen, Vergiftungen. „Die Frage, ob das Testosteron im Körper eines Mannes zu einem anderen Risikoverhalten beiträgt, ist bis heute nicht beantwortet“, schreibt Jäger. Umgekehrt sei übrigens klar, dass Testosteronmangel ein großes Gesundheitsrisiko darstelle.

Ein weiterer Risikofaktor: Männer scheuen den Arztbesuch. So nähmen beispielsweise mehr als 80 Prozent der Frauen über 45 Jahre die Vorsorgetermine wahr, aber nur 30 Prozent der Männer. „Dabei kennen die allermeisten das Angebot.“

Vorbehalte gebe es etwa gegen die Tastuntersuchung zur Prostatakrebsvorsorge: „Viele Männer sagen: ,Ich lass‘ mir nicht im Hintern herumprockeln.‘“ Dazu komme leider, dass die Untersuchung nur selten Krebs im Frühstadium entdecke: „Einen Tumor taste ich erst, wenn er schon groß ist.“ Oft gebe es dann bereits Metastasen.

Der Essener Urologe Dr. Tobias Jäger stellt sein Buch „Männergesundheit“ am 19. Oktober auf der Frankfurter Buchmesse vor.
Der Essener Urologe Dr. Tobias Jäger stellt sein Buch „Männergesundheit“ am 19. Oktober auf der Frankfurter Buchmesse vor. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Je früher der Krebs entdeckt werde, desto größer seien Behandlungserfolg und Lebensqualität. Jäger hält die Bestimmung des PSA-Wertes für zuverlässiger und hofft, dass diese endlich von den Kassen übernommen wird. Er kennt den Einwand, dass auch PSA-Testergebnisse nicht immer eindeutig seien und zur Überdiagnose führen könnten, die für die Patienten belastend sei. Doch bei allen Unzulänglichkeiten der Vorsorge gelte: „Die häufig formulierte These, dass Prostatakrebs grundsätzlich harmlos ist und besser nicht gefunden wird, ist schlichtweg falsch! Jährlich versterben in Deutschland 15.000 Männer an Prostatakrebs.“

Viele Männer kaufen Wunderpillen im Internet statt zum Arzt zu gehen

Eine unglückliche Kombination von Leidensdruck und Scham sieht Tobias Jäger beim Thema Erektionsstörungen: Millionen Männer seien betroffen, und die Mehrzahl von ihnen wünsche sich Hilfe: Doch statt zum Arzt zu gehen, bestellten viele angebliche Wunderpillen im Internet. Jäger rät davon ab: „Man weiß ja nicht, ob die hygienisch und sicher hergestellt wurden – oder in irgendeinem Hinterhof.“ Und: Womöglich brauche der Betroffene sie gar nicht. Die Ursachen einer erektilen Dysfunktion seien vielfältig; eine Therapie lasse sich erst nach sorgfältiger Untersuchung festlegen.

Arzt und Autor

Das Buch „Männergesundheit“ von Dr. Tobias Jäger ist im Sommer 2024 im Springer-Verlag erschienen. Er stellt es am Samstag, 19. Oktober, auf der Frankfurter Buchmesse vor.
Jäger ist niedergelassener Urologe und Androloge in der Urologischen Praxisklinik (UPK) Essen und Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Mann und Gesundheit e.V.

Bei den Risikofaktoren für Erektionsstörungen stünden „Übergewicht und Bewegungsmangel an oberster Stelle“, damit einhergehend Bluthochdruck. Negativ könne sich auch Rauchen auswirken, da es zu Durchblutungsstörungen führe. Viele Betroffene wollten es zwar nicht hören, aber: „Allein die Reduktion des Bauchumfangs in Kombination mit intensiver sportlicher Betätigung kann die Erektionsfähigkeit verbessern.“

Letztlich tue Mann damit nicht nur etwas für sein Sexleben, sondern auch für die Allgemeingesundheit: „Erektionsstörungen können einem Herzinfarkt um fünf Jahre vorausgehen, sodass sie als Frühwarnsystem für Herz-Kreislauf-Erkrankungen ernst genommen werden sollten“, sagt Jäger. Regelmäßig stelle er bei der Diagnostik auch erhöhte Cholesterin-Werte oder einen Diabetes fest.

Priv.-Doz. Dr. med. Tobias Jäger, Urologe und Androloge

„Jede Erektion ist Training für die nächste Erektion.“ “

Priv.-Doz. Dr. Tobias Jäger, Essener Urologe, Androloge und Sachbuchautor

Und ja: Vielfach verschreibt Dr. Jäger seinen Patienten Viagra oder eins der heute verfügbaren Medikamente, die nach demselben Wirkprinzip arbeiten. Unbestreitbar habe die blaue Tablette, die 1998 zuerst in den USA und kurz darauf in Deutschland eingeführt wurde, „die Therapie zur erektilen Dysfunktion revolutioniert“.

Viagra & Co. unterstützen nur natürliche Prozesse: Die Lust muss schon da sein

Erektionsstörungen nähmen zwar im Alter erheblich zu, doch Viagra und verwandte Präparate könnten auch Jüngeren helfen: „Bei jungen Männern liegt das Problem oft im Kopf, etwa weil ihnen die Erfahrung fehlt und sie nervöser sind. Da kann sich eine Abwärtsspirale entwickeln, wenn der Druck, von Mal zu Mal zunimmt.“ Die Tablette könne ihnen als Starthilfe dienen und erstmal Sicherheit geben. „Jede Erektion ist Training für die nächste Erektion. Und plötzlich braucht man die Pille nicht mehr.“

80 Prozent der Nutzer erreichten mit den Tabletten eine „gute Zufriedenheit“. Die vorhandenen Präparate wirken dabei unterschiedlich stark und lang (Stichwort: „Wochenend-Pille“); alle unterstützen jedoch nur natürliche Prozesse. Heißt: Die Lust muss schon da sein. Anders als bei der „Skat“-Spritze: „Die macht auch bei der Gartenarbeit eine Erektion.“ Die Vakuumpumpe ist zwar eine Kassenleistung, aber offenbar weniger sexy: „Die ist nur für gefestigte Partnerschaften geeignet – nicht fürs erste intime Date.“

Jäger hat diese und andere lebensnahe Erkenntnisse zum Thema „Männergesundheit“ schon hundertfach erzählt und oft gedacht, dass er sie mal aufschreiben sollte. Nun freut er sich, dass er auf der Buchmesse werben kann: für Lektüre und Arztbesuch.

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