Essen.. Wer nicht versichert ist, muss Behandlungen selbst zahlen – oder ausstehende Versicherungsbeiträge begleichen. Das rät ein Experte der AOK Essen.

Glaubt man den Experten der AOK, ist es kaum möglich, seine Krankenversicherung zu verlieren. „Es betrifft verschwindend wenige Leute, aber die Schicksale sind teils hart“, sagt Oliver Hartmann, Regionaldirektor der AOK Ruhrgebiet. Er rät eindringlich: Wer in eine Notlage gerate, solle sofort Hilfe suchen.

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Seit 2009 besteht hierzulande die Pflicht, eine Krankenversicherung abzuschließen. Trotzdem gibt es laut Statistischem Bundesamt bundesweit gut 60.000 Menschen ohne Versicherung. Und das sind nicht nur Altfälle. Kritiker gehen von einer weit höheren Zahl aus und monieren, die Versicherungspflicht werde überhaupt nicht kontrolliert. Völlig „unter dem Radar“ flögen aber nur die Allerwenigsten, etwa jene, die sich zeitweilig ins Ausland verabschiedet hätten oder Menschen ohne festen Wohnsitz, betont Oliver Hartmann.

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Arbeitslose, Arbeitnehmer oder Bürgergeld-Empfänger unterliegen grundsätzlich der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und sind so auf der sicheren Seite.

Wer über einer bestimmten Gehaltsgrenze liegt oder selbstständig ist, kann in eine Privatversicherung wechseln oder sich freiwillig gesetzlich versichern. Grund für den Wechsel zur Privaten ist oft der anfangs geringere Beitrag. Da die Beiträge in der Privaten Krankenversicherung (PKV) im Alter jedoch stark steigen, fällt es Älteren häufiger schwer, sie noch zu bedienen. Eine Rückkehr in die Gesetzliche Versicherung ist für sie oft ausgeschlossen, weil sie die nötigen Versicherungszeiten in der GKV nicht erreichen, erklärt Hartmann: „Für über 55-Jährige ist der Zug dann meist abgefahren.“

„Es betrifft verschwindend wenige Leute, aber die Schicksale sind teils hart.“ “

Oliver Hartmann, Regionaldirektor der AOK Ruhrgebiet, über Menschen, die nicht mehr krankenversichert sind.

Damit sie in dieser Lage nicht völlig ohne Versicherung dastehen, müssen Privatversicherungen hilfebedürftige Mitglieder seit 2009 in einen Basistarif nehmen, der nicht höher ist als der Höchstsatz in der Krankenversicherung der Gesetzlichen, aktuell immerhin 844 Euro im Monat.

Doch viele Betroffene versäumen es, in den Basistarif oder den noch geringeren Notlagentarif für Härtefälle zu wechseln. Sie hören auf, Beiträge zu bezahlen, reagieren nicht auf ihre Post. „Dabei sollte man beim ersten Brief, den man nicht versteht, das Gespräch suchen und mitwirken“, rät Hartmann.

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Das gelte auch für Selbstständige, die freiwillig in der AOK versichert sind. Um ihre Beitragshöhe zu ermitteln, müssen sie einmal im Jahr einen Steuerbescheid einreichen. „Wer das nicht macht, wird jährlich von uns daran erinnert. Nach Ablauf von drei Jahren kommt er dann pflichtmäßig in die höchste Beitragsstufe“, erklärt Andreas Muth, der das Servicecenter Privatkunden der AOK in Duisburg leitet, das auch für Essen zuständig ist und rund 40.000 Versicherte betreut.

„ Man sollte beim ersten Brief, den man nicht versteht, das Gespräch suchen und mitwirken.““

 Oliver Hartmann, AOK-Regionaldirektor Ruhrgebiet, über Betroffene, die die Beiträge zur Krankenversicherung nicht zahlen können.

Doch der Höchstbeitrag überfordert einige Selbstständige, zumal wenn es geschäftlich mal nicht gut läuft. Wenn sie nun ihre Flaute belegen, kann die Beitragsfestsetzung überprüft werden: Im Mindesttarif sind dann nur etwa 250 Euro inklusive Pflegeversicherung monatlich fällig.

Krankenhäuser wenden sich an die letzte Versicherung säumiger Patienten

Kritisch werde es nur, wenn Betroffene nichts tun und die Beiträge nicht mehr zahlen. Mancher denke: „Ich bin gesund, was soll ich monatlich Geld an die Kasse überweisen? Da zahle ich lieber mal 200 Euro aus eigener Tasche, wenn ich zum Zahnarzt muss.“ Wird jedoch wie im Fall des Schauspielers Heinz Hoenig,der jüngst für Schlagzeilen sorgte, eine Klinikbehandlung nötig, kann es heikel werden, weil es da um viel höhere Summen geht.

„Das Krankenhaus geht dann auf die Kasse zu, bei der derjenige zuletzt war“, erklärt AOK-Experte Andreas Muth. „Wenn er gesetzlich versichert war, nehmen wir ihn grundsätzlich wieder auf.“ Zuletzt Privatversicherte sollten sich dagegen an eine private Versicherung wenden. Grundsätzlich müssen die Privaten bestimmte Personen ohne andere Absicherung in den Basistarif aufnehmen.

In wenigen Jahren werden Schulden in fünfstelliger Höhe angehäuft

Nur: Die Betroffenen müssen nun ausstehende Beiträge nachzahlen. Wenn jemand fünf Jahre lang den Höchstsatz von 844 Euro Krankenversicherungsbeitrag schuldig geblieben ist, sind das über 50.000 Euro. Keine wirklich günstige Alternative zum Zahlen der teuren Klinikrechnung. In so tückische Zwangslagen geraten im Jahr jedoch höchstens 200 seiner Kunden, schätzt Andrea Muth. Die AOK biete ihnen Ratenzahlungen an, suche nach Lösungen. Sei jemand nachweislich bedürftig, könne der Sozialhilfeträger Beiträge übernehmen.

Bloß bleibe mancher neben dem Geld auch alle Belege für seine Notlage schuldig. „Es gibt leider immer Kunden, die einfach nicht mitwirken und völlig beratungsresistent sind“, weiß Andreas Muth. Für solche Fälle habe die AOK eine Vollstreckungsbehörde: Die treibt das Geld für den Gesundheitsfonds ein.