Essen. Der Fall des Schauspielers Heinz Hoenig machte Schlagzeilen, auch in Essens Krankenhäusern landen unversicherte Patienten. Das kann teuer werden.

Es war ein Fall, der Schlagzeilen machte – und Ängste wachrief: Der Schauspieler Heinz Hoenig wurde im April wegen einer Herzerkrankung ins Krankenhaus eingeliefert und wusste nicht, wie er die hohen Kosten für seine lebenswichtige Behandlung zahlen sollte: Krankenversichert sei er nicht. Auch in Essener Kliniken landen immer wieder Patienten ohne Krankenversicherung. Alle Träger beruhigen: „Notfälle werden immer behandelt.“

So auf den Punkt bringt es Pressesprecherin Dorothee Renzel für die Krankenhäuser der Contilia. Egal ob ambulant oder stationär - die Behandlung gehe im Notfall immer vor, sagt auch Uniklinik-Sprecher Achim Struchholz: „Zumal teilweise der Versichertenstatus nicht sofort festgestellt werden kann“.

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Wer Opfer eines Unfalls wird oder schwerkrank kollabiert, ist oft nicht ansprechbar. Und wer wollte da eine Versichertenkarte suchen? „In Notfällen ist es vorrangig, den Betroffenen schnell zu helfen“, stellt der Ärztliche Direktor der Ev. Kliniken Essen-Mitte (KEM), Prof. Dr. Christian Jackisch, klar. So halten es auch die beiden Krupp-Krankenhäuser: „Ein anderes Verfahren ist aufgrund unserer Werte- und Ethikvorstellungen nicht denkbar“, betont Sprecherin Hille Ahuis.

Essener Krankenhäuser bleiben mitunter auf Behandlungskosten sitzen


„In Notfällen ist es vorrangig, den Betroffenen schnell zu helfen“, stellt der Ärztliche Direktor der Ev. Kliniken Essen-Mitte (KEM), Prof. Dr. Christian Jackisch, klar.
 
„In Notfällen ist es vorrangig, den Betroffenen schnell zu helfen“, stellt der Ärztliche Direktor der Ev. Kliniken Essen-Mitte (KEM), Prof. Dr. Christian Jackisch, klar.   © KEM | KEM

Gleichzeitig sind Kliniken auch gehalten, wirtschaftlich zu agieren; so ergänzt Ahuis: „Im Nachgang bemüht sich unser Patientenmanagement gemeinsam mit dem Sozialdienst um eine Lösung zur Rechnungstellung.“ Für diese Fälle gebe es rechtliche Vorgaben, erklärt Dorothee Renzel: „Es tritt das Nothelfergesetz in Kraft, welches die Kostenübernahme über die Sozialämter der Kommune sicherstellt.“ Nur müssen sich Patienten nach einem Tag beim Sozialamt melden, werden sie am Wochenende eingeliefert, nach drei Tagen. „Sollte der Patient innerhalb dieser Frist noch nicht ansprechbar sein und sich nicht um die Kostenübernahme kümmern können, bleiben die Kosten bei der Contilia und werden nicht erstattet“, sagt Renzel.

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Keiner der Träger mag beziffern, auf welchen Beträgen man Jahr für Jahr sitzen bleibt. Allerdings kann eine stationäre Behandlung leicht Hunderttausend Euro kosten. Es ist also nur logisch, dass die Kliniken versuchen, ihr Risiko zu minimieren. „Die Überprüfung des Versicherungsstatus von Patienten gehört in jedem stationären Fall zu den Aufgaben der Sachbearbeiter im stationären Patientenmanagement. Bei nicht ansprechbaren Patienten arbeiten alle Beteiligten wie etwa Pflegekräfte, der Sozialdienst oder Verwaltungsmitarbeitende eng zusammen, um die erforderlichen Informationen zu erhalten“, heißt es bei der Uniklinik.

Patienten ohne Versicherung sollte es laut Gesetz nicht mehr geben

Wenn es um Leben und Tod geht, wird nicht nach dem Versicherungsschutz gefragt. Bei planbaren Eingriffen bitten Krankenhäuser Patienten ohne Versicherung um Vorkasse.
Wenn es um Leben und Tod geht, wird nicht nach dem Versicherungsschutz gefragt. Bei planbaren Eingriffen bitten Krankenhäuser Patienten ohne Versicherung um Vorkasse. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel

Nach dem Willen des Gesetzgebers sollte es Patienten ohne Versicherung nicht mehr geben, erläutert der Ärztliche Direktor der KEM, Prof. Christian Jackisch: „Seit 2009 besteht eine allgemeine Versicherungspflicht, welche bei elektiven und planbaren Behandlungen standardmäßig abgefragt wird.“ Doch es gibt noch Altfälle von vor 2009, bei denen der Versicherungsschutz weiter fehlt. Mitunter verlieren Privatversicherte, die ihre Beiträge nicht mehr bedienen können, den Versicherungsschutz. 

Oft fällt die Versicherungslücke erst auf, wenn – wie im Fall Hoenig – eine teure Therapie ansteht. „In Fällen, in denen kein Versicherungsschutz vorliegt, wird versucht u.a. zusammen mit den Krankenkassen und der Stadt Essen nach Lösungen zu suchen, damit notwendige Behandlungen durchgeführt werden können“, sagt Prof. Jackisch.

Keine Versicherung? Uniklinik bittet bei planbaren Behandlungen um Vorkasse

In der Uniklinik finden planbare Eingriffe nur statt, wenn der Patient versichert ist. Ist klar, dass jemand aus eigener Tasche zahlen müsse, „wird Vorkasse für die komplette Behandlung verlangt“. Auch die Contilia fordert dann Vorkasse.

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Bei „Krupp“ ist ebenfalls eine Vorauszahlung zu leisten. Bloß dürfte es vielen Patienten unmöglich sein, Summen im sechsstelligen Bereich aufzubringen. Selbst Heinz Hoenig, der einst im Filmklassiker „Boot“ mitspielte, war es zuletzt nach eigener Aussage nicht gelungen, auch nur die Beiträge für seine private Versicherung zu bedienen. Um seine kostspielige Behandlung zu bezahlen, richtete seine Ehefrau ein Spendenkonto ein; 500.000 Euro sollen darauf eingegangen sein.

Kliniken treiben Kosten notfalls vor Gericht ein

Für weniger Prominente dürfte das keine Option sein, doch auch sie finden mitunter Spender, weiß Krupp-Sprecherin Hille Ahuis: „Es kommt vor, dass nichtversicherte Patienten und Angehörige von karitativen Einrichtungen unterstützt werden, die bereit sind die Behandlungskosten zu übernehmen.“

Auf Nachsicht der Kliniken sollten Patienten nicht setzen: Werden Rechnungen und Mahnungen ignoriert, gebe man die Sache an ein „auf Forderungsmanagement spezialisiertes Unternehmen“, sagt die Contilia. Ähnlich klar formuliert es die Universitätsmedizin: „Sollten offene Forderungen bestehen, beschreiten wir die üblichen juristischen Wege, die vom Mahnschreiben bis zum Klageverfahren vor Gericht reichen.“

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