Essen-Steele. Boote, Rasenmäher, Umkleidekabinen: Die Fluten haben bei den Steeler Vereinen an der Ruhr vieles mitgerissen. Das Freibad haben sie verschluckt.

Retten, was zu retten ist: So lautet das Motto beim Steeler Kanu-Club schon in der Nacht, als der Pegel der Ruhr unaufhörlich steigt. Am Morgen dann ist vom Freibad des Schwimmvereins Steele 11 nicht mehr zu sehen, als zwei Duschen, die aus den Wassermassen ragen. Die Ehrenamtlichen kämpfen unermüdlich mit den Folgen des Dauerregens, finanzielle Sorgen kommen hinzu.

Vier Mitglieder waren es beim Steeler Kanu-Club, die schon nachts damit begonnen haben, die Boote aus der Halle ins Freie zu bringen. Das Wasser hätte sie andernfalls gegen die Decke gedrückt, alle wären zerstört worden. So liegen sie nun am Tag darauf festgebunden im Wasser, wo sonst keines ist. Denn das Vereinsheim ist trockenen Fußes nicht mehr zu erreichen. „Wir sind Überschwemmungen gewohnt, das aber nicht“, sagt einer der Sportler. Selbst die langjährigen Mitglieder erinnern sich an solch eine Dimension nicht.

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Einige Campingwagen konnten nicht gerettet werden

Und so haben im Inneren des Gebäudes die Spundwände das Wasser nicht zurückhalten können. „Die sind einen Meter hoch und haben bislang stets ausgereicht“, sagt ein Mitglied. Jetzt ist das Wasser darüber gelaufen, unter Wasser war auch die Elektrik, der Strom ist längst abgestellt, damit sie weitere Boote aus der Halle holen können. Fast ganz untergegangen sind indes einige der Campingwagen, die Mitglieder auf dem Gelände abgestellt haben. „Sie waren nicht mehr schnell genug.“

Viele Menschen kommen in Steele zur Ruhr wie hier an der Kurt-Schumacher-Brücke und sind überwältigt von den Wassermassen, die darunter fließen.
Viele Menschen kommen in Steele zur Ruhr wie hier an der Kurt-Schumacher-Brücke und sind überwältigt von den Wassermassen, die darunter fließen. © WAZ | Dominika Sagan

Früh stehen bereits zahlreiche Menschen auf der Kurt-Schumacher-Brücke, sehen wie unterhalb das Wasser am Steeler Ruderverein steigt, während Ruderer auch hier ihre Boote aus dem Untergeschoss holen. Im Laufe des Vormittags werden es immer mehr Spaziergänger auf der Promenade, sie kommen ins Gespräch, tauschen Erinnerungen aus, machen Bilder, blicken auf Tonnen und Boote, die die Wucht des Wassers mitgerissen hat.

„Das ist gewaltig, was da für eine Kraft hinter steckt und wie sich alles verändert“, sagt ein Passant mit Blick auf die weitläufig überschwemmten Wiesen in Richtung Überruhr. Andere erinnern sich an hohe Pegelstände in den 1990ern. Das Ausmaß aber überwältigt viele: „Ich lebe seit 40 Jahren hier, so etwas habe ich noch nicht gesehen.“

Ein ganzes Freibad ist unter den Wassermengen versunken

„Dreh mal ein Video, dann zeigen wir Papa, wo sein Schwimmbad gewesen ist“, fordert eine Mutter ihren Sohn auf, als sie fassungslos neben dem Vereinsheim des Schwimmvereins Steele 11 stehen. Es ist das öffentliche Freibad in Steele, in dem sonst viele Familien abtauchen, und das nun selbst versunken ist. 1911 gründete eine Gruppe schwimmbegeisterter Männer den Verein, in dessen Reihen es dann auch Deutsche Meister gab. Heute zählen die engagierten Ehrenamtlichen des rund 700 Mitglieder starken Vereins dazu, die den Badebetrieb aufrecht erhalten und das Gelände pflegen.

Von dem Freibad des Schwimmvereins Stele 11 (hier ein Blick aus dem Bürofenster) ragen nur noch Duschen aus dem Wasser.
Von dem Freibad des Schwimmvereins Stele 11 (hier ein Blick aus dem Bürofenster) ragen nur noch Duschen aus dem Wasser. © WAZ | Dominika Sagan

An diesem Morgen können sie auf diesem nichts mehr tun. Da sind schon einige Boote davongeschwommen, den Rasenmäher und die gerade erst angeschafften Umkleidekabinen haben die Fluten ebenfalls mitgerissen. „Die sahen aus wie Leuchttürme, vielleicht entdeckt sie ja jemand“, sagt Sozialwart Bodo Peters, seit mehr als 30 Jahren Vereinsmitglied. In dieser Nacht sei das Wasser einfach zu schnell gestiegen, sie mussten hilflos zuschauen.

Beten, dass der Steg der Kanuabteilung hält

Die Pumpen haben sie gerade noch angeschmissen, „die sind aber abgetrieben, die Ruhr hat sie verschlungen“, sagt Bodo Peters und schaut aus dem Vereinssaal. Davor hat die Holzskulptur „Turmspringer“ schon nasse Zehen, ist umzingelt vom Wasser, bis zu den Knien wir ihr das wohl noch reichen, fürchtet Peters den steigenden Pegel. „Jetzt können wir nur noch beten, dass der Steg unserer Kanuabteilung hält“, sagt er. Der gesamte Schaden fürs Freibad mit seinen Liegewiesen und dem Heim ist da noch überhaupt nicht abzuschätzen, fest steht, er wird immens sein. Er wird sie viel Kraft und Geld kosten. Allein in die Umkleiden hätten sie gerade erst rund 10.000 Euro investiert.

Der „Turmläufer“ hat bis zum Mittag schon einen nassen Fuß, er steht in Nähe des Schwimmvereins Steele 11 - üblicherweise auf dem Trockenen.
Der „Turmläufer“ hat bis zum Mittag schon einen nassen Fuß, er steht in Nähe des Schwimmvereins Steele 11 - üblicherweise auf dem Trockenen. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

„Wir sind ohnehin schon coronagebeutelt“, sagt er auch mit Blick auf ihr Vereinsheim, das sie nun hätten wieder vermieten können. Ein Krisenstab ist da inzwischen einberufen. Denn rasch gesellt sich zu dem verheerendem Anblick die finanzielle Sorge, wie es weitergeht. Aus eigner Kraft werden sie es wohl nicht schaffen, sie werden über Spenden sprechen müssen. Und Bodo Peters spricht aus, was die Mitglieder in ihrem Schwimmverein bewegt: „Wir haben hier schon manches Hochwasserszenario erlebt, aber das ist eine Katastrophe hoch drei.“

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