Hattingen. Leichte Entspannung in Hattingen: Der Ruhrverband gibt den Ruhr-Pegel aktuell (12.30 Uhr) mit 5,78 Metern an – ein Meter weniger als gestern.

Der Ruhr-Pegel in Hattingen ist seit seinem Höchststand von Donnerstag (7,00 Meter) um etwa einen Meter gesunken. Die automatische Ansage des Ruhrverbands gibt ihn am Freitagmittag um 12.30 Uhr mit 5,78 Meter an.

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Blick aus der Luft auf die Wasserburg Haus Kemnade in Blankenstein.
Blick aus der Luft auf die Wasserburg Haus Kemnade in Blankenstein. © FFS | Hans Blossey

Die Arbeiten und das Sichten der Schäden laufen derweil weiter. Folgende Straßen meldet die Stadt Hattingen noch immer als gesperrt: Bredenscheider Straße in Höhe 116 (einseitig), Wittener Straße komplett ab Tankstelle Steinenhaus, Schleusenstraße, Auf dem Stade, Auf dem Felde, Weg zum Wasserwerk, Königsteiner Straße, Isenbergstraße, Kratzmühle, Teile der Kohlenstraße, Deilbachstraße, An der Kemnade, Kiefernstraße, Sünsbruch sowie die Stichstraße Zum Ludwigstal.

Im Bürgerzentrum Holschentor haben am Donnerstag 70 Menschen Hilfe gesucht. Sie wurden mit Essen, Medikamenten und Kleidung versorgt, teilt die Stadt mit. Für alle in Not geratenen Menschen wurde eine Unterkunft gefunden.

Unwetter-Berichterstattung vom Donnerstag, 15. Juli:

Dramatische Zuspitzung am Abend und in der Nacht zum Donnerstag: Der anhaltende Starkregen hat auch in Hattingen die Menschen in Notsituationen gebracht. Die Ruhr steht zurzeit so hoch wie noch nie – der Pegel steht um 10.30 Uhr bei exakt sieben Metern. Es gibt Evakuierungen an mehreren Straßen in der Stadt.

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Was für ein unwirkliches Bild am frühen Donnerstagmorgen: Blauer Himmel und Sonnenschein über die Stadt – dabei sind die zwölf Stunden zuvor nicht für alle so schön gewesen. Flutwellen bilden sich an Abhängen, vieles wird einfach weggeschwemmt, Holzbruch in der Natur, Wasserstau in Senken. Am Hang unterhalb der Burg Blankenstein hat es auf einer Länge von 50 Metern offenbar eine leichte Erdverschiebung gegeben. Die Feuerwehr zählt bis Donnerstagvormittag 246 Einsätze.

Krisenstab der Stadt Hattingen tagt zur aktuellen Lage

Der Krisenstab der Stadt Hattingen hat eine Anlaufstelle im Bürgerzentrum Holschentor eingerichtet. Hier finden Menschen, die ihre Häuser und Wohnungen verlassen mussten, Hilfe und werden beispielsweise mit Essen versorgt. „Die meisten sind bereits bei Verwandten oder in Hotels untergekommen“, sagt Stadtsprecherin Susanne Wegemann. „Wir haben aber auch noch etwa 15 Personen, die noch nicht wissen, wo sie hinsollen.“

Die Stadt schaut derzeit, ob in den Hotels Hattingens noch Plätze frei sind. „Im Zweifel könnten wir aber auch eine Schule bereitstellen“, so Wegemann. „Betten sind vorhanden.“

Wohnhäuser an der Birschel-Mühle werden geräumt

Wohnhäuser im Bereich der Birschel-Mühle müssen am Donnerstagmorgen geräumt werden – zu hoch steht das Wasser. „Wir holen die Menschen zum Teil mit Booten aus dem Gebäude“, sagt Feuerwehrsprecher Jens Herkströter gegenüber der WAZ. Auch an der Königsteiner Straße müssen Häuser evakuiert werden. Sie ist ebenso wie die Isenbergstraße überflutet. Kurz hinter der Stadtgrenze stehen zudem die Bahnschienen unter Wasser, die S 3 fährt nicht mehr.

Die Pontonbrücke zwischen Niederwenigern und Dahlhausen wurde in der Nacht durch den Starkregen stark beschädigt, teilt der EN-Kreis mit. „Sie bleibt zunächst sowohl für den motorisierten Individualverkehr als auch für Fußgänger und Radfahrer vollständig gesperrt.“

Der anhaltende Starkregen sorgt für einen Ruhrpegel wie es ihn noch nie gegeben hat. Dieses Foto wurde am Mittwoch (14.7.) an der Kost aufgenommen.
Der anhaltende Starkregen sorgt für einen Ruhrpegel wie es ihn noch nie gegeben hat. Dieses Foto wurde am Mittwoch (14.7.) an der Kost aufgenommen. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Feuerwehr Hattingen ist seit 19 Uhr am Mittwoch im Dauereinsatz

„Wir sind seit 19 Uhr im Dauereinsatz“, so Herkströter. In Holthausen kamen etwa Sturzbäche den Hang von der Reha-Klinik herunter, die für einen stundenlangen Einsatz der Rettungskräfte im Wohngebiet Bermes Feld/Am Kistner sorgten. „An der Kost in Welper mussten wir einige Häuser aufgeben, weil die Pumpen die Wassermassen nicht mehr geschafft haben.“

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Bei den Evakuierungen, etwa an der Schleusenstraße oder Auf dem Stade, „wollten nicht alle freiwillig gehen“, berichtet Stadtsprecherin Susanne Wegemann. „Im Haus zu bleiben, ist zum Teil aber lebensgefährlich, weil keiner weiß, ob das Gebäude durch das Wasser nicht einsturzgefährdet ist.“

Der Krisenstab der Stadt geht davon aus, dass die Ruhr vorerst weiter ansteigt – „weil noch viel Wasser aus dem Sauerland zu uns kommt“, sagt Wegemann. In der Mittagszeit gibt es die nächste Sitzung.

Wasser in der Altstadt steht zum Teil „Oberkante Oberlippe“

Auch in der Altstadt gibt es wie vor zwei Wochen Schäden. Gastwirt Semi Hassine („Fachwerk“) postet bei Facebook: „Kinas, wir haben gerade das erste Wasser raus und jetzt steht es schon wieder Oberkante Oberlippe. Wir bedauern sehr, dass wir alle Reservierungen absagen müssen und bemühen uns, noch diesen Sommer wieder für euch da sein zu dürfen.“

Die Vogelstation an der Paasmühle in Bredenscheid-Stüter hat zwei Videos von strömenden Wassermassen veröffentlicht. Leiter Thorsten Kestner schreibt dazu „Houston – wir haben ein Problem!“

1450 Kubikmeter Wasser fließen pro Sekunde durch die Ruhr

Wettermann Jörg Kachelmann teilt in sozialen Medien Zeitraffer-Aufnahmen vom Ruhrpegel in Hattingen, der innerhalb von knapp zwei Tagen um nahezu das Vierfache angestiegen ist. Der Durchfluss liegt bei gewaltigen 1450 Kubikmetern Wasser pro Sekunde, meldet der Ruhrverband. Der bisherige Höchststand lag bei 6,18 Meter.

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Das Wasser strömt durch das Bett des Sprockhöveler Bachs.
Das Wasser strömt durch das Bett des Sprockhöveler Bachs. © WAZ | Michael Brandhoff

Selbst der sonst so beschauliche Sprockhöveler Bach hat sich ausgeweitet und wirkt so wie die Ruhr an normalen Tagen. Er hat in der Nacht die kleine Brücke im Sünsbruch komplett weggespült.

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