Duisburg. Hans-Joachim Paschmann spricht offen über seine 15 Jahre als Bezirksbürgermeister. Woran er sich gerne erinnert und was er besonders bedauert.

Spätabends klingelt das Telefon. Es ist halb zwölf, ein Bürger fragt um Hilfe. Es gibt irgendeinen Streit in der Nachbarschaft. Der Bezirksbürgermeister soll kommen, um ihn zu lösen. Ob er mal auf die Uhr geschaut habe, fragt Hans-Joachim Paschmann den Anrufer. Und der antwortet nur: „Was wollen Sie denn damit sagen? Sie sind doch Rentner und haben Zeit.”

Der Grund war wohl banal, die Uhrzeit unmenschlich. Und doch steckte ein Funken Wahrheit in der frechen Antwort, denn Paschmann sagt selbst auf die Frage, warum er kurz vor der Frührente mit Lokalpolitik anfing: „Ich wusste, dass ich bald mehr Zeit haben werde.“

Paschmann tritt nach 15 Jahren als Bezirksbürgermeister zurück

Seine Rente wusste der heute 77-Jährige gut zu nutzen. Er wurde Vorsitzender des SPD-Ortsvereins Homberg, zog 2002 zunächst als Nachrücker in die Bezirksvertretung ein und wurde 2009 Bürgermeister des Bezirks Homberg/Ruhrort/Baerl.

Ex-Bezirksbürgermeister Hans-Joachim Paschmann in seinem Büro 2019.
Ex-Bezirksbürgermeister Hans-Joachim Paschmann in seinem Büro 2019. © FUNKE Foto Services | Markus Weissenfels

15 Jahre blieb Hans-Joachim Paschmann im Amt, ehe ihn seine Krebserkrankung vor zwei Monaten zum Rücktritt zwang. Für ihn war es die zweite Krebsdiagnose, 2008 hatte er die Krankheit besiegt. „Ich habe Schmerzen, bin nicht mehr mobil und kann nicht mehr der Bürgermeister sein, der ich sein will. Deswegen habe ich aufgehört“, sagt er. Seit dem 1. November ist er Bezirksbürgermeister a.D.

Ottoschule, Rheinpreußen, Sachtleben: Paschmann ist in Homberg tief verwurzelt

Dass er „über viele Jahre das Gesicht des Bezirks Homberg“ war, wie Oberbürgermeister Sören Link bei seiner Verabschiedungsfeier sagte, verwundert nicht. Paschmann wurde in Hochheide geboren, ist in der Rheinpreußensiedlung aufgewachsen und lebt dort noch heute in einer Eigentumswohnung. Das dazugehörige Haus stammt von Josef Kun, der auch die Weißen Riesen gebaut hat. „Ich kannte Jupp persönlich, damals noch als Maurer.“

Sein Lebenslauf weist Paschmann als Ur-Homberger aus. Nach acht Jahren auf der Ottoschule begann er eine Lehre als Mess- und Regelmechaniker auf der Zeche Rheinpreußen. Weil er irgendwann vergaß, seine Rückstellung vom Wehrdienst zu beantragen, wurde er 1968 eingezogen. Nach zwei Jahren Dienst fing er im Chemiewerk Sachtleben an, das heute Venator heißt.

1975 wechselte Paschmann zu den Stadtwerken Duisburg. Er machte seinen Kraftwerksmeister in Elektro- und Leittechnik und wurde Werkstattleiter. Mit 50, als es langsam auf die Rente zuging, trat er in die SPD ein. „Für mich kam keine andere Partei in Frage. Ich war überzeugt, dass die SPD als Arbeitnehmerpartei für mich die richtige Partei ist, die ich im Bezirk vertreten kann.“

+++ Folgen Sie der WAZ Duisburg auch auf Instagram +++

Paschmann zieht mit dem Ruhestand in die Bezirksvertretung ein

Statt den Vorruhestand ab 2003 zu genießen und die Füße hoch zu legen, ließ sich Hans-Joachim Paschmann in die Bezirksvertretung wählen. Außerdem wurde er fleißiger Wahlkämpfer für seine Partei: „Wir mussten jedes einzelne Plakat auf die Pappe kleistern und sind bei jeder Wahl mit einem Zehn-Liter-Eimer Kleister durch den ganzen Bezirk gefahren.“

Für die Kommunalwahl 2009 suchte der Ortsverein nach Kandidaten für den Bezirk und Stadtrat. „Mit Udo Vohl hatten wir einen sehr guten Ratsherren für Hochheide, gegen den ich nicht antreten wollte.“ Also trat Paschmann als SPD-Kandidat für die Spitze im Homberger Bezirksrathaus an.

Wahl zum Bezirksbürgermeister: Paschmann gewinnt knapp

Die SPD holte sieben Sitze, die CDU mit Spitzenkandidat Klaus Radny acht. Durch die Unterstützung der Grünen und Linken gewann jedoch Paschmann die Wahl. Die eine Stimme von den Linken, die am Ende die Wahl entschied, hatte sich der SPD-Mann erst spät gesichert: „Die Zusage habe ich erst eine halbe Stunde vor der Sitzung erhalten.“

Ex-Bezirksbürgermeister Hans-Joachim Paschmann (links) und sein ehemaliger Stellvertreter Klaus Radny: Beide blieben lange politische Kontrahenten. (Archiv)
Ex-Bezirksbürgermeister Hans-Joachim Paschmann (links) und sein ehemaliger Stellvertreter Klaus Radny: Beide blieben lange politische Kontrahenten. (Archiv) © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Bezirksbürgermeister Paschmann und Stellvertreter Radny blieben Kontrahenten, die sich privat nicht mehr als „guten Tag“ und „auf Wiedersehen“ sagten, wie der 77-Jährige berichtet. Auch die Zusammenarbeit in der Bezirksvertretung sei zunächst sehr schwierig gewesen. „Eine Sitzung musste ich um 23 Uhr abbrechen, weil wir so lange diskutiert haben.“

Auf die rot-grüne Mehrheit konnte sich Paschmann aber verlassen – auch bei den Kommunalwahlen 2014 und 2020, bei denen er im Amt bestätigt wurde. Was von ihm politisch hängenbleibt, sollen andere beurteilen, meint er. „Aber ich freue mich, dass wir einiges auf den Weg gebracht haben.“

Fachmarktcenter und „Problemviertel“ beschäftigten Paschmann lange

Als Erfolg verbucht er zum Beispiel, dass der Bezirk beim Flüchtlingsstrom 2015 schnell reagiert und viele Geflüchtete in der Glückauf-Halle untergebracht habe. Stolz ist er darauf, vielen „kleinen Bürgern“ geholfen zu haben. „Das war mir immer sehr wichtig. Deswegen war ich bis auf Kurzurlaube und Krankenscheine auch immer vor Ort.“

Ein großes Thema seiner Amtszeit war das Fachmarktcenter in Hochheide, das 2018 eröffnet hat. Wo heute Edeka, Aldi und DM stehen, standen vor zehn Jahren noch eine Netto-Filiale, eine Autowerkstatt und alte Häuser der Gebag. Acht Jahre habe Paschmann mit Investor Hans Nühlen am Umbau gearbeitet. „Uns wurden genug Knüppel zwischen die Beine geworfen“.

Lesen Sie auch diese Artikel aus Duisburg-Hochheide:

Ebenfalls ein Dauerbrenner: die Sanierung des „Problemviertels“ rund um die Weißen Riesen. Seit 2002 arbeitet er in verschiedenen Arbeitsgruppen am Projekt mit. Teilweise sei es falsch angepackt worden, meint Paschmann. „Vielleicht hätte man das Hochhaus, das nächstes Jahr gesprengt wird, erhalten können, wenn man dem Eigentümer Fromberger die Brandschutz- und Asbestsanierung nicht so stark aufgedrückt hätte.“

Enttäuscht ist er über andere Bauprojekte im Bezirk, die während seiner Amtszeit nicht mehr fertig geworden sind. Dazu zählt er den Umbau von Schacht Gerdt, der Moerser Straße und des Abenteuerspielplatzes Tempoli. „Besonders weh tut mir, dass die neue Erich-Kästner-Gesamtschule noch nicht steht.“ Dabei wolle er „weiter Druck machen“.

Hans-Joachim Paschmann ist jetzt „Alt-Bezirksbürgermeister“

Das macht er künftig als normaler Bürger. So sitzt er nicht mehr im Anzug auf dem Chefsessel im Homberger Ratssaal, sondern im Schalke-Pullover auf der Couch in seinem Wohnzimmer. Stolz zeigt er einen Helm mit der Aufschrift „Paschi“, Nummer 530, den er bei seiner Abschiedsfeier am 9. Dezember von Feuerwehrleuten bekommen hat. 

Hans-Joachim Paschmann in seinem Wohnzimmer: Stolz zeigt er einen Helm, den er bei seiner Abschiedsfeier von Feuerwehrleuten geschenkt bekommen hat.
Hans-Joachim Paschmann in seinem Wohnzimmer: Stolz zeigt er einen Helm, den er bei seiner Abschiedsfeier von Feuerwehrleuten geschenkt bekommen hat. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

OB Sören Link überreichte ihm ein Bild der Ebert-Brücke, das goldene Ehrenwappen der Stadt und ernannte Paschmann zum Alt-Bezirksbürgermeister. „Da fühlt man sich gleich so gebrechlich“, lacht der 77-Jährige.

Alles war auf ihn zugeschnitten, „ich war ganz beeindruckt“. Nur das Essen, ein schickes Fingerfood-Büfett, habe sein „Image als Koloniebär“ nicht ganz getroffen. „Da hätten Schnittchen mit Mett und Ei besser gepasst.“

>> Bezirksbürgermeister: Wann Paschmanns Nachfolger gewählt wird

  • Wer auf Hans-Joachim Paschmann ins Amt der Bezirksbürgermeisters folgt, entscheiden die Mitglieder der Bezirksvertretung in der nächsten Sitzung am 23. Januar 2025.
  • Die gewählte Person bleibt bis zu nächsten Kommunalwahl im September 2025 im Amt. Danach wird über den Posten neu abgestimmt.
  • Bis zur Neuwahl im Januar übernehmen Paschmanns Stellvertreter die Amtsgeschäfte. Erster Vertreter ist Wolfgang Krüger (CDU), zweiter Vertreter ist Dietmar Beckmann (Grüne).
  • Parteifreunde und Weggefährten haben Paschmann am 9. Dezember im Bezirksrathaus Homberg feierlich verabschiedet.
  • CDU-Chef Michael Büttgenbach gibt dem Ex-Bürgermeister mit auf den Weg: „Als Fraktionsvorsitzender werde ich ihn vermissen und wünsche ihm ganz viel Freude im verdienten Ruhestand.“