Duisburg. Eine WDR-Sendung zeigt, wie Bewohner heute in der Rheinpreußensiedlung in Duisburg leben. Diese tiefen Einblicke bekommen die Zuschauer.

„Es ist grün, überschaubar und man kennt die Nachbarn“ – so beginnt die WDR-Sendung über drei Zechensiedlungen im Ruhrgebiet. Direkt folgen erste Aufnahmen aus Duisburg und historische Fotos, auf denen zum Beispiel ein altes Haus der Rheinpreußensiedlung und die Hanielstraße in Hochheide zu sehen sind.

Die Arbeitersiedlung im Duisburger Westen steht im Fokus der Produktion „Ruhrgebiets Oasen – Drei Siedlungen im Revier“. Der WDR war ebenso in den Siedlungen Flöz Dickebank in Gelsenkirchen und Ripse in Oberhausen unterwegs. Die Sendung läuft am Freitag um 20.15 Uhr im dritten Programm.

WDR-Sendung gibt tiefe Einblicke in die Duisburger Rheinpreußensiedlung

Zu Beginn wird erklärt, wie Unternehmer der Zechen, Hütten und Stahlwerke eigene Siedlungen bauen ließen, um Fachkräfte anzulocken und die Arbeiter unterzubringen. „Hier wuchsen Gemeinschaften zusammen, sie gründeten Vereine, feierten Feste“, heißt es. Bis sich die Bewohner gegen die Abrisspläne in den 1970ern wehren mussten.

Die Hanielstraße in Hochheide: Dieses historische Foto ist auch in der Doku über die Rheinpreußensiedlung zu sehen.
Die Hanielstraße in Hochheide: Dieses historische Foto ist auch in der Doku über die Rheinpreußensiedlung zu sehen. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Als das einleitende Lied „Komm zur Ruhr“ von Herbert Grönemeyer ausläuft, ist die Doku auch schon in Duisburg angekommen, denn sie dreht sich als erstes um die Rheinpreußensiedlung in Hochheide. Die Siedlung entstand zwischen 1897 und 1905 mit hunderten Häusern für die Arbeiter der Zeche Rheinpreußen.

Bewohner schwärmen von der Siedlung: „Es gibt hier praktisch alles“

Dagmar Herzog und Silvia Deckers erklären, wie eng die Bewohner heute miteinander verbunden sind und wie sie sich über alltägliche Dinge unterhalten: „Das war früher die Tradition und irgendwie hat die sich fortgesetzt. Auch heute trifft man sich noch op de Dörpel und trinkt ’nen Kaffee zusammen“, meint Deckers.

Sie schildert auch, dass alle Bewohner heute Mitglied in der Wohnungsgenossenschaft sind, die die Häuser seit 1984 verwaltet: „Mir gehört nicht mein Haus, sondern mir gehört ein Stück von allen Häusern.“ So wachse die Leidenschaft für die Siedlungshäuser.

Mehrere Anwohner plaudern aus dem Nähkästchen, von Plumpsklos in den Häusern und einer 19 Mark teuren Miete. Klaus Hau aus dem Genossenschaftsvorstand schwärmt vom eigenen Garten mitten in der Großstadt, Thorsten Möller von den Feiern der Siedlung wie an Karneval, Silvester und Geburtstagen: „Es gibt hier praktisch alles.“

Unternehmer Kun kaufte Häuser, Anwohner wehren sich gegen Abrisspläne

Über die Friedrich-Ebert-Brücke fährt das Kamerateam Richtung Gelsenkirchen zur Siedlung Flöz Dickebank. Dort formierte sich ebenfalls Anfang der 1970er eine Bürgerinitiative, die den Abriss der Häuser verhindern konnte. Auch Roland Günter berichtet von seinem Kampf um den Erhalt der Arbeitersiedlung Eisenheim in Oberhausen, der eine Bürgerbewegung im ganzen Ruhrgebiet auslöste.

Zurück in der Rheinpreußensiedlung. 1966 kaufte Unternehmer Josef Kun 447 Zechenhäuser mit 1700 Wohnungen. Der WDR erzählt nach, wie er riesige Hochhäuser bauen und Gebäude in der Siedlung abreißen ließ, wie Anwohner auf die Pläne schimpfen und vor ihren Häusern verharren, bis der Bagger kommt.

Zechenhäuser in der Rheinpreußensiedlung: Unternehmer Josef Kun kaufte die Gebäude und ließ einige abreißen. Seine Firma meldete 1973 Insolvenz an. (Archivbild)
Zechenhäuser in der Rheinpreußensiedlung: Unternehmer Josef Kun kaufte die Gebäude und ließ einige abreißen. Seine Firma meldete 1973 Insolvenz an. (Archivbild) © WAZ FotoPool | Tanja Pickartz

Nach der Pleite von Kuns Firma 1973 will eine Frankfurter Bank den Abriss vorantreiben. Ulrich Möller war damals Briefträger in der Siedlung und erinnert sich in der Produktion, wie sich Anwohner gegenseitig vor den Baggern warnten: „Es gab eine Sirene, die an eine Autobatterie angeschlossen werden konnte.“ Sie sei betätigt worden, sobald Polizei-Autos anrückten, „und dann rannten alle dahin, wo die Tröte war“.

Hungerstreik in Duisburg erfolgreich: Anwohner weinen vor Freude

Natürlich wird auch der Hungerstreik vor dem Duisburger Rathaus aufgegriffen. Der WDR zeigt alte Aufnahmen von Margret Jakopitsch, die die Proteste mit anführte. Ulrich Möller beschreibt sie als „1,65 groß und quadratisch“ und erklärt, wie sie gegenüber der Verwaltung mit der Faust auf den Tisch schlug. Er sagt: „Das kann man nicht beschreiben, die Frau war einmalig.“

Margret Jakopitsch und die anderen protestierenden Bewohner hatten Erfolg: 1979 kaufte die Stadt Duisburg die verbliebenen Häuser der Siedlung. In der Sendung ist zu sehen, wie Menschen die Nachricht feiern und vor Freude weinen.

Genossenschaft verwaltet Wohnungen: „Regiebetrieb besteht heute noch“

Fünf Jahre später gründete sich die Wohnungsgenossenschaft Rheinpreußensiedlung. Die Bewohner begannen, ihre Häuser zu renovieren. Möller erklärt: „Dann haben wir einen Regiebetrieb gebildet, und der Regiebetrieb besteht heute noch.“ Er selbst habe auch viele Jahre mitgearbeitet – „als Briefträger während der Arbeitszeit“.

Der Weiße Riese an der Ottostraße 24-30 wurde 2021 gesprengt. Der WDR zeigt Luftaufnahmen der Sprengung. (Archivbild)
Der Weiße Riese an der Ottostraße 24-30 wurde 2021 gesprengt. Der WDR zeigt Luftaufnahmen der Sprengung. (Archivbild) © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Mindestens eine Szene dürfte den Zuschauern aus Duisburg noch ganz zum Schluss der Produktion auffallen: Luftaufnahmen zeigen, wie der zweite „Weiße Riese“ in sich zusammenkracht. 2019 wurde das erste Hochhaus gesprengt, 2021 fiel das zweite. Voraussichtlich 2025 soll der dritte und vorerst letzte Riese abgerissen werden.

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>> Sendung über die Rheinpreußensiedlung: Wiederholung läuft am Sonntag

  • Wer die Produktion „Ruhrgebiets Oasen – Drei Siedlungen im Revier“ am Freitagabend nicht gesehen hat, kann entweder die Wiederholung am Sonntag um 8.15 Uhr schauen oder in der ARD-Mediathek einschalten.
  • Die Autorinnen des Films sind Katja Lüber und WDR-Redakteurin Barbara Schmitz. Die Sendung gehört zur Dokureihe „Heimatflimmern“.