Bottrop. Restaurant der Herzen ist in die Saison gestartet, Probleme bei den Bedürftigen werden mehr. Was weniger Geldspenden für Kolüsch bedeuten würden.

Das Restaurant der Herzen hat wieder geöffnet. Kolüsch ist im Pfarrsaal von Herz-Jesu in die 32. Saison gestartet. Traditionell servierten Mitarbeiter (klassisch im weißen Küchenhemd, roter Schürze) Grünkohl mit Mettwurst zum Auftakt. Wie oft ein wechselnder Mittagstisch fünf Tage in der Woche angeboten wird, hängt auch in Zukunft wieder vom Spendentopf ab.

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Ohne Sponsoren wird auch in den künftigen Saisons nämlich nichts laufen. Michaela Bosy, Diplom-Sozialarbeiterin bei der Evangelischen Sozialberatung (ESB), wird nicht müde, diese Tatsache immer wieder zu betonen. „Wir sind spendenbasiert und haben ein bestimmtes Budget zur Verfügung“, sagt sie.

Die ESB, die das Kolüsch betreibt, rechnet für die aktuelle Saison bis zum 28. März mit mindestens 100 Bedürftigen pro Öffnungstag (von Montag bis Freitag von 12 bis 14 Uhr). Das sind mehr Bedürftige als in den Vorjahren, da rechnete man mit der Ausgabe von 80 Mahlzeiten pro Tag. Vor allem zum Monatsende kann es wieder voll werden, weil dann in der Regel das Geld bei den Bedürftigen knapp wird.

Das Restaurant der Herzen „Kolüsch“ ist Montag bis Freitag von 12 bis 14 Uhr im Pfarrsaal von Herz-Jesu geöffnet. Bedürftige bekommen eine kostenlose warme Mahlzeit.
Das Restaurant der Herzen „Kolüsch“ ist Montag bis Freitag von 12 bis 14 Uhr im Pfarrsaal von Herz-Jesu geöffnet. Bedürftige bekommen eine kostenlose warme Mahlzeit. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

Michaela Bosy: „Ich will nicht daran denken, was passiert, wenn irgendwann die Spenden ausbleiben.“ Was weniger Spenden bedeuten würden, lässt sich auf eine einfache Formel bringen: weniger Geld, weniger Mahlzeiten für wahrscheinlich immer mehr Bedürftige.

Die Probleme der Kolüsch-Besucher sind auch nach 32 Jahren nicht geringer geworden. Die hohen Lebensmittelpreise bereiten ihnen schon länger Kopfzerbrechen. „Die Neuwahlen sind auch ein Thema“, sagt Michaela Bosy. Die Männer und Frauen machen sich Sorgen, je nachdem welche Partei in der Bundesregierung sein wird, was das für eine Auswirkung auf die eigene Lebenssituation haben wird.

„Ich will nicht daran denken, was passiert, wenn irgendwann die Spenden ausbleiben.“

Michaela Bosy, Evangelische Sozialberatung

Unter den Kolüsch-Gästen sind viele im Rentenalter. Viele haben jahrzehntelang gearbeitet und leben trotzdem an der Grenze zur Bedürftigkeit. Sollte es soziale Einschnitte geben, wären sie mit hoher Wahrscheinlichkeit davon betroffen.

„Viele machen sich auch Sorgen darüber, weil die Grundsteuer erhöht wird“, sagt Michaela Bosy. Was macht der Vermieter? Legt er die Erhöhung auf die Miete um? Die Gäste im Restaurant der Herzen erleben deswegen schlaflose Nächte. Auch die hohen Energiepreise waren, sind und bleiben ein Thema. Bosy: „Jetzt zum Jahreswechsel werden die ersten Abrechnungen verschickt.“ Auch geflüchtete Menschen aus der Ukraine suchen „Kolüsch“ auf.

Eine Premiere zur 32. Saison: Kolüsch verteilt Zählchips am Eingang zum Pfarrsaal

Denn das Restaurant der Herzen trägt seinen Namen nicht ohne Grund. Die Gäste lenken sich ab, klönen, quatschen, holen sich Hilfe und vergessen für einige Zeit ihren Alltag.

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Beim Start in die neue Saison sind am Eingang des Pfarrsaals zum ersten Mal Zählchips an die Kundinnen und Kunden ausgeteilt worden. „Wir probieren das erstmals aus“, sagt Michaela Bosy. Dadurch bekommt die ESB einen Eindruck davon, wie viele Menschen tatsächlich das Restaurant der Herzen aufsuchen. Bei Kolüsch gilt nach wie vor: Es kann kommen, wer will. Man setzt auf das Prinzip „Ehrlichkeit“.

Letzter Tag in 2024: Offener Tisch erlebt einen Ansturm bei der Weihnachtsfeier

Die Chip-Idee haben sie vom Offenen Tisch übernommen. Ein Angebot, ebenfalls für Bedürftige, ebenfalls im Pfarrsaal von Herz-Jesu und ebenfalls erhielten sie eine warme Mahlzeit, Kaffee und Kuchen. „Bei der Weihnachtsfeier wurden wir überrannt. Bei 200 habe ich aufgehört zu zählen“, sagt Janine Schramm, vom neu gegründeten Verein „Offener Tisch Bottrop.“

Am Ende sollen es schätzungsweise 250 bei der Weihnachtsfeier gewesen sein. An den Dienstagen und Donnerstagen ging es weniger stürmisch zu. „Im Schnitt haben wir 70 Mahlzeiten am Tag ausgeteilt“, sagt Schramm. Der Offene Tisch hat jetzt Pause und startet ab April, wenn Kolüsch zum 28. März wieder endet. Beide Angebote finanzieren sich über Spenden, sitzen quasi bei der Finanzierung im selben Boot.

Und trotz aller Sorgen und Nöte kommt das Menschliche nicht zu kurz. Janine Schramm: „Es ist faszinierend zu sehen, dass unterschiedliche Gruppierungen wie Obdachlose, Wohnungslose oder vereinsamte Menschen zusammensitzen, sich helfen, zuhören und miteinander sprechen. Es findet eine Begegnung auf Augenhöhe statt und nicht von oben herab.“

Das Restaurant der Herzen der Evangelischen Sozialberatung ist auf Spenden angewiesen: IBAN DE40 4245 1220 0000 0020 89 (Sparkasse Bottrop), Stichwort Kolüsch

Spenden für den Offenen Tisch Bottrop e.V.: Vereinte Volksbank, IBAN: DE46 4246 1435 5414 5053 00