Bottrop. Nach dem Einsatz wegen austretendem Kohlenmonoxid in Bottrop klärt ein Fachmann über potenzielle Gefahrenquellen und Schutzmöglichkeiten auf.
Um 0.24 Uhr klingelte bei dem Schornsteinfeger und Feuerwehrmann Michael Rößler das Telefon. Ein Anwohner an der Gustav-Ohm-Straße in der Innenstadt hatte zuvor den Rettungsdienst gerufen, er klagte über Atemprobleme. Vor Ort schlugen sofort die Kohlenmonoxid-Melder der Einsatzkräfte an. Zehn Bewohner mit Verdacht auf Kohlenmonoxid-Vergiftung mussten umgehend ins Krankenhaus gebracht werden, zwei davon in eine Spezialklinik zur Druckkammerbehandlung. Rößler legte daraufhin die Kokskohle-Zentralheizung im Keller des Wohnhauses still. Von hier aus stieg das hochgiftige Gas offenbar in die Wohnräume.
Die Reaktion des Bewohners, der den Notruf wählte, rettete wahrscheinlich mehrere Menschenleben. „Am nächsten Morgen hätten sie sicher nicht mehr gelebt“, sagt Rößler in seinem Feldhausener Büro. Als Bezirksschornsteinfeger ist er für Kirchhellen zuständig, aufgrund seiner Erfahrung als Feuerwehrmann wurde er zur Einsatzstelle gerufen.
In rund 50 Jahren Berufserfahrung habe er um die 100 Fälle von Kohlenmonoxid-Vergiftung miterlebt, in zwei Fällen mit tödlichem Ausgang. Er weiß, woran man eine erhöhte Konzentration von Kohlenmonoxid (CO) erkennt und wie man sich schützen kann.
Bei welchen Heizungstypen kann es zu einem CO-Austritt kommen?
„Dazu kann es bei jeder Verbrennung, egal mit welchem Brennstoff, kommen“, so Rößler. Damit sind also alle Heizungstypen, ob mit Kohle, Öl, Gas oder Holz betrieben, potenzielle Gefahrenquellen. Hinzu kommen Gasgrills, Shishas oder Heizpilze. Selbst elektronische Heizsysteme mit Photovoltaik-Anlage und Wärmepumpe bieten keine hundertprozentige Sicherheit, denn auch durchschmorende Batterien können zur CO-Quelle werden.
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Normalerweise sollten die Abgase vollständig nach draußen transportiert werden, geschehe dies nicht, wie wahrscheinlich in der Nacht zu Mittwoch passiert, kann es sehr schnell sehr gefährlich werden.
Woran erkennt man eine erhöhte CO-Belastung in der Luft?
„Kohlenmonoxid ist ein sehr, sehr tückisches Gift“, sagt Rößler. Man riecht, schmeckt und sieht es nicht. Ebenso wie Rauch stört es auch den Schlaf nicht. Allenfalls Hunde bemerkten etwas und fingen schon mal an zu bellen, wenn die Konzentration steigt, so Rößler weiter.
Zu den Symptomen einer beginnenden Vergiftung zählen: Kopfschmerz, Übelkeit, Schwäche und Atemnot. Bei entsprechend hoher Konzentration kommt es zu Krampfanfällen und dem Verlust des Bewusstseins. Nur leicht defekte Abgasleitungen können auch schleichend über lange Zeiträume zu anhaltenden Beschwerden führen.
Wie sollte man bei Verdacht auf eine erhöhte Kohlenmonoxid-Konzentration reagieren?
„In diesem Falle sollte man sofort die Fenster öffnen“, sagt Rößler. Klingen die Symptome dann ab, könnte es sich um eine Vergiftung handeln. Im Notfall sollte man umgehend die Räumlichkeiten verlassen. Weil CO ein äußerst flüchtiges Gas ist, könne es nicht nur durch Türschlitze, sondern sogar durch Wände und Decken dringen, sagt Rößler.
Selbst wenn die Quelle eine Zentralheizung im Keller ist, kann es deswegen zu einer toxischen Konzentration auf mehreren Etagen kommen.
500 Todesfälle im Jahr
Nach Angaben der Bundesärztekammer werden jedes Jahr rund 3000 Menschen wegen einer Kohlenmonoxidvergiftung im Krankenhaus behandelt, in circa 500 Fällen mit Todesfolge.
Wird Kohlenmonoxid eingeatmet, gelangt es über die Lunge ins Blut. Dort bindet der rote Blutfarbstoff Hämoglobin das Kohlenmonoxid an sich, die Bindestelle für den Sauerstoff wird blockiert und es kommt zu Sauerstoffmangel.
Wie kann man sich schützen?
Michael Rößler empfiehlt, sich einen CO-Melder zuzulegen. Die sind im Handel ab 20 Euro zu haben und funktionieren wie die gesetzlich vorgeschriebenen Rauchmelder. Angebracht werden sollte der Melder in 1,80 bis zwei Metern Höhe mit 1,5 Metern Abstand zur Gefahrenquelle, auch um, etwa bei Kaminen, Fehlalarme zu vermeiden.
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Das Alarmsignal sollte Rößler zufolge dann, auch in weiter Entfernung, noch ausreichend gut zu hören sein. Zudem müssten die Abgasleitungen zweimal im Jahr vom Schornsteinfeger gereinigt werden.
Wie verbreitet sind Kokskohle-Zentralheizungen heute noch?
„Das ist eigentlich ein Auslaufmodell“, erklärt Rößler, „ein Relikt der Bergbauzeit.“ Man fände sie allenfalls noch in Zechenhäusern, wie auch im Falle jenes Hauses, bei dem es nun zu einem Einsatz in Bottrop gekommen ist.