Bottrop. Seit über 50 Jahren gibt es den Bikertreff in Bottrop. Wie der Imbiss die PS auf die Straße bringt – und warum der Sandmann vor der Tür sitzt.
Bierbänke, Currywurst, leere Ölfässer als Tische – mitten im Freizeitzentrum Grafenmühle in Bottrop steht eine kleine Hütte mit roten Jalousien: der Bikertreff Ruthmann. „Uns gibt es schon seit weit über 50 Jahren“, erklärt die Eigentümerin Eva-Maria Schulte-Kellinghaus. Für die 43-Jährige sei immer klar gewesen, dass sie den Treff von ihrem Vater, Udo Ruthmann, übernimmt. Denn sie habe bereits ihre ganze Kindheit dort verbracht, spielte auf der Schiffsschaukel vor der Tür oder half im Kult-Imbiss aus, indem sie den Müll rausbrachte. „Das ist mein Zuhause. Für mich gibt es nichts anderes“, sagt die gelernte Pferdewirtin strahlend.
364 Tage im Jahr geöffnet: „Im Sommer brennt hier die Bude“
„Früher war das hier noch eine alte Langnese-Bude, komplett aus Plastik“, berichtet die Gastronomin. Mittlerweile habe sich viel getan, im Inneren des Kult-Imbiss sei alles neu gemacht worden. Bikertreff hieß es zwar schon immer, allerdings seien die Biker als Kunden erst später dazugekommen. „Wir waren von Anfang an wie eine Familie“, sagt die Inhaberin mit Blick in Richtung ihrer Kollegin, „mit den besten Mitarbeitern, das meine ich ernst!“ Insgesamt wechseln sich fünf Mitarbeitende in Schichten ab, um den Betrieb 364 Tage im Jahr am Laufen zu halten – nur am ersten Weihnachtstag bleiben die Türen zu. Die Inhaberin selbst sei mittlerweile weniger vor Ort, könne sich aber zum Glück blind auf ihr Team verlassen.
Für den Imbiss, der täglich zwölf Stunden lang von acht bis acht geöffnet hat, war die Schließung während der Corona-Pandemie besonders ungewohnt, brachte jedoch einen positiven Twist: „Nach Corona haben wir viele neue Kunden bekommen. Im Sommer brennt hier die Bude“, sagt Schulte-Kellinghaus.
Mitarbeiterin Elvira Busch fügt hinzu: „Bei gutem Wetter kommen viele Familien vom Spielplatz, Biker und Spaziergänger vorbei, vor allem zur Mittagszeit.“ Doch selbst im Nieselregen sei auf die zahlreichen Stammkunden Verlass, die schon seit Jahrzehnten mit ihren Motorrädern zum Treff pilgern. „Manche kommen sogar aus Essen oder Duisburg hierher.“
Stammkunde „Sandmann“: „Wir singen hier keine Weihnachtslieder“
„Früher hat man mich Sandmann genannt“, sagt ein Stammkunde mit rauchiger Stimme, rasiertem Kopf und grauem Spitzbart – und zündet sich eine Zigarette zu seinem schwarzen Kaffee an. Der 67-Jährige sitzt vor der Eingangstür an einem der Ölfässer und erzählt, dass er nun schon seit über 40 Jahren zum Bikertreff kommt.
Welches Gericht kann er empfehlen? „Bratwurst oder Frikadelle. Da kann man nicht meckern“, antwortet der Mann, der früher Sand in Containern transportiert hat, und grinst. Früher sei er auch an Heiligabend hergekommen, mittlerweile jedoch seltener. Weihnachtstimmung steht für ihn beim Bikertreff nicht im Mittelpunkt: „Wir singen hier keine Weihnachtslieder.“
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„An Heiligabend haben wir bis 16 Uhr geöffnet, dann kommen hier alle zusammen“, sagt Schulte-Kellinghaus. Dafür hätten ihre Mitarbeitenden das Lokal mit Lichterketten, Kerzen und weihnachtlichen Servietten dekoriert. Besonders beliebt sei das ganze Jahr über das Kult-Gericht „Currywurst Pommes“, das es zusammen mit einem Softdrink für nur 7,80 Euro gibt.
Viele ihrer Kunden kommen auch für das Biker-Frühstück: zwei belegte Brötchen, ein Spiegelei und eine Tasse Kaffee. An der Wand hängt Werbung für „Eva‘s Mühlenburger“ mit Remoulade, Kochschinken, Spiegelei und Krautsalat. Im Winter gibt es zudem saisonale Gerichte wie Grünkohl und frische Waffeln mit heißen Kirschen.
Auf der gegenüberliegenden Straßenseite vom Bikertreff steht ein amerikanisches Restaurant: das Woodpacker‘s Roadhouse. „Konkurrenz belebt das Geschäft“, sagt Schulte-Kellinghaus. Sie empfindet die Nähe als positiv, die Kombination der beiden Restaurants sei ein „Anziehungspunkt“, zumal die jeweiligen Kunden vollkommen unterschiedlich seien.
Schulte-Kellinghaus benennt ihren neuen Food-Truck nach ihrer Tochter
Um noch flexibler zu sein, haben sich Eva und ihr Mann Hubertus im April dieses Jahres einen Traum erfüllt: Mit einem eigenen Food-Truck wollen sie ab sofort bei Veranstaltungen, Festivals und Geburtstagen die Gäste mit Essen versorgen. Hier zeigt sich wieder einmal, wie viel der Bottroperin ihre Familie bedeutet: Schließlich haben sie den Truck nach ihrer vierjährigen Tochter Annemarie benannt. Mit „Annemaries Food-Truck“ standen sie bereits auf dem „Drive & Fly Airport Festival“ auf dem Flugplatz Schwarze Heide und bei der „Mallorca Party Kirchhellen“. Dort gibt es den Klassiker Currywurst, aber auch Folienkartoffeln oder Reibekuchen. Im Grunde könnten Sie alles servieren.
Was passiert dann in Zukunft mit dem Bikertreff? „Das hier“, sagt die Inhaberin und tippt auf einen der Holztische, „ist die Nummer eins. Für mich gibt es nichts Besseres, es ist einfach schön hier.“