Berlin. Nach einem Studienaufenthalt in Berlin weiß Nils König, was er an seiner Heimatstadt hat. Was Bottrop so lebenswert macht, verrät er im Gespräch.

Dieser Tage hat er allerhand zu tun. Das abrupte Aus der Berliner Ampelkoalition und als Folge die nun bereits im Februar stattfindenden Bundestagswahlen haben den Zeitplan der Bottroper Jungsozialisten, zu deren Vorsitzenden Nils König vor einem Jahr gewählt wurde, ordentlich durcheinandergebracht. Bei den Jusos heißt es nun: Termine absprechen, Treffen koordinieren, Helfer zusammentrollen. Der Wahlkampf hat begonnen – mitten in der Vorweihnachtszeit wird er neben Beruf, Schule und Studium zeitgleich zu Weihnachtsfeiern, Jahresabschlüssen und Familienbesuchen geführt werden müssen.

Fast hätte es Nils König, Jahrgang 97, nach dem Abitur am Josef-Albers-Gymnasium selbst nach Berlin verschlagen. „Ich wollte unbedingt raus aus dieser Stadt, die ich als Jugendlicher als ein bisschen piefig empfunden habe“, sagt er. Ihn und seine Freunde zog es am Wochenende raus, hin zu den größeren Städten im Umkreis. Mit 18 Jahren dann, das Abitur und die Zusage für ein duales Studium in der Tasche, hat sich König gesagt: „Jetzt geht‘s ab, auf nach Berlin. Jetzt ist meine Zeit.“

„Das kenne ich auch aus Essen oder Bochum nicht“

Dort angekommen kam schnell die Ernüchterung: „Es war super unpersönlich, es gab keine Struktur in den Kiezen. Man läuft als Zahl durch eine riesige Stadt.“ So hatte er sich das nicht vorgestellt. König, der auf dem Eigen aufwuchs, wo er von klein auf daran gewöhnt war, Freunde einfach rauszuklingeln, lernte erst jetzt richtig zu schätzen, was eine lebendige Nachbarschaft wert ist. Trotz Jobangebots in Berlin zog er wieder zurück nach Bottrop und trat nach dem Studium seine heutige Stelle bei der Knappschaft in Bochum an. „In der größten Stadt Deutschlands habe ich gelernt, dass Bottrop gar nicht so schlecht ist“, sagt er heute.

20. Bottroper Kneipennacht
Impression von der Bottroper Kneipennacht im November. Events wie diese sind es, bei denen sich Bottrop von seiner besten Seite zeigt, findet Nils König. © FUNKE Foto Services | Michael Korte

Bottrop hat, so sieht er es heute, genau die richtige Größe: „Hier kennt man viele, man trifft sich auch zufällig, wenn man am Wochenende in die Innenstadt geht. Man kann am Stadtleben teilhaben, und doch ist es kein Dorf, in dem nichts passiert.“ Die nervigen Staus auf dem Weg von und zu seiner Bochumer Arbeitsstätte nimmt er dafür in Kauf und das vor allem wegen der Menschen, die hier leben. „Wie man hier miteinander umgeht, finde ich echt toll und das kenne ich auch aus Essen oder Bochum nicht.“

Was ich an Bottrop liebe

Oft berichten wir über Negatives, über Schließungen von Geschäften, Baustellen oder Fehlentwicklungen in Bottrop. Mit dieser Serie wollen wir auf die positiven Seiten in der Stadt blicken und haben Bottroperinnen und Bottroper befragt, was sie an ihrer Stadt lieben. Wollen Sie auch dabei sein? Dann melden Sie sich gerne bei uns unter redaktion.bottrop-waz@funkemedien.de.

Besucher sind begeistert, was Bottrop zu bieten hat

Ein Ort, an dem das besonders gut greifbar wird, ist für den Mitzwanziger das Stadtcafé an der Gladbecker Straße. „Das ist mit Abstand meine Lieblingskneipe“, sagt König. „Urig, herzlich und Schorsch, der Wirt, ist einfach super.“ Und dann sind da noch die alljährlichen Events wie der Feierabendmarkt, die Kneipennacht oder jetzt gerade der Bottroper Weihnachtszauber. „Wenn ich mit Leuten von auswärts zum Anglühen gehe, dann kommen die aus dem Staunen nicht mehr heraus: ,Das ist doch Wahnsinn, hier leben nur 120.000 Menschen, was ist denn hier los?‘ Das gibt es glaube ich in wenigen anderen Städten dieser Größe.“

In seinem Heimatort glaubt König als junger Mensch auch selbst etwas gestalten zu können. In die Landes- oder Bundespolitik zieht es ihn nicht. Der für ihn persönlich wichtige Termin im kommenden Jahr – nach der vorgezogenen Bundestagswahl – ist deswegen der 14. September. Dann wird in Bottrop ein neuer Bürgermeister gewählt. König würde gern Teil einer neuen Bezirksvertretung oder des Rats jener Stadt werden, in der er, der Heimkehrer, sein Zuhause wiedergefunden hat.