Bottrop. Die Besitzerinnen wollen das geschlossene Traditionslokal Milke zur Großtagespflege umbauen. Das Risiko sei zu groß, sagt die Sozialdezernentin.

Es kommt sehr selten vor, dass die Stadt ein zusätzliches Angebot zur Kinderbetreuung ablehnt. Dabei findet Sozialdezernentin Karen Alexius-Eifert die Idee aus dem Fuhlenbrock im Prinzip sogar gut. Trotzdem hat sie dem Jugendhilfeausschuss erklärt, welche Gründe in diesem Fall dagegen sprechen. Und die Politiker sehen das ein.

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Familie Milke, die im Sonner ihren traditionsreichen „Gasthof Milke“ an der Lindhorststraße geschlossen hat, will ihre Immobilie umbauen und dort künftig mit einem qualifizierten Betreiber zwei Großtagespflegestellen mit zusammen 18 Plätzen für Kinder unter drei Jahren (U3) einrichten. Für den notwendigen Umbau geben Land und Stadt eine Investitionsförderung in Höhe von 381.600 Euro. Und genau diese Förderung sei das Problem, sagt die Sozialdezernentin.

Finanzielles Risiko für die Stadt Bottrop

Folge der Förderung ist nämlich eine Zweckbindung über zehn Jahre. So lange müsste der Betreiber die 18 U3-Plätze vorhalten. Anders als etwa bei Kitas ist eine Umwandlung in Betreuungsplätze für Kinder ab drei Jahren (Ü3) ausgeschlossen, sagt die Dezernentin: „Bei einer Großtagespflege sind wir auf U3 für zehn Jahre festgelegt.“ Wenn die Betreuung etwa wegen fehlender Nachfrage nicht aufrechterhalten werden könnte, müssten Fördermittel anteilig zurückgezahlt werden. Und da steht erstmal städtisches Geld auf dem Spiel.

Sozialdezernentin Karen Alexius-Eifert.

„Bei einer Rückforderung hält sich das Land erst mal an uns. Das ist unser Risiko.“

Karen Alexius-Eifert
Sozialdezernentin

„Wir sind Zuwendungsnehmer für die Förderung und übernehmen selbst einen Förderanteil von 38.160 Euro“, sagt die Dezerentin. „Bei einer Rückforderung hält sich das Land erst mal an uns. Das ist unser Risiko.“ Und das schätzt sie als hoch ein.

Der Wohnbereich Fuhlenbrock-Wald, in dem der Gasthof liegt, ist aus Sicht der Dezernentin mit U3-Plätzen schon jetzt überversorgt. Mit den zusätzlichen 18 Plätzen würde die Versorgungsquote zum Stichtag 1. August 2025 auf mehr als 90 Prozent steigen. Dafür gibt es keinen Bedarf, sagt Karen Alexius-Eifert. „Auch in den umliegenden Wohnbereichen gibt es keine Unterversorgung, die durch die zusätzlichen Plätze ausgeglichen werden müssten.“

„Mehrere neue Kitas werden demnächst fertig“

Auch ohne die 18 Großtagespflegeplätze werde das Angebot an Betreuungsplätzen wachsen: „Mehrere neue Kitas werden demnächst fertig.“ Und die evangelische Kita Fuhlenbrock II soll ohnehin schon um zwei Gruppen erweitert werden. Dem Jugendhilfeausschuss berichtet sie: Über die ganze Stadt betrachtet, sei ein Ausbau „aktuell zwar noch notwendig, allerdings ist aufgrund von Prognosen davon auszugehen, dass die Kinderzahlen zukünftig wieder sinken“.

Vor diesem Hintergrund sei die zehnjährige Zweckbindung problematisch. Viel flexibler sei dagegen die Verabredung der Stadt mit der evangelischen Kirchengemeinde: Bei sinkenden Kinderzahlen fährt die Gemeinde ihre Großtagespflegestellen herunter.

Grundsätzlich findet Karen Alexius-Eifert allerdings die Idee eine Überlegung wert, leere Geschäfts- oder Gastronomie-Immobilien für Kinderbetreuung zu nutzen. Das könnte rund um Schulen hilfreich sein, in denen es jetzt schon eng ist und die ihre offene Ganztagsbetreuung (OGS) erweitern müssen, weil Eltern ab 2026 einen Rechtsanspruch auf einen OGS-Platz für ihr Kind haben.

Das wird nämlich die nächste große Baustelle für den Fachbereich Schule und Kindertagesbetreuung. Die Großtagespflege im Fuhlenbrock ist dagegen aus Sicht der Verwaltung wegen sinkenden Bedarfs und dem finanziellen Risiko abzulehnen. Im Jugendhilfeausschuss hat sich eine große Mehrheit bei einer Enthaltung dieser Einschätzung angeschlossen.