Bottrop. In der Nacht auf Freitag ist eine Bombe in Bottrop-Welheim gesprengt worden. Die Evakuierung zog sich bis in die Nacht, Anwohner melden Schäden.
Es ist 18.30 Uhr am Donnerstag, als feststeht: Das wird ein langer Abend. Zu dieser Zeit meldet Volker Lenz vom Kampfmittelräumdienst der Bezirksregierung Arnsberg, dass sich der Verdacht auf einen Blindgänger in Welheim bestätigt hat. Dabei handelt es sich noch dazu um eine Bombe mit chemisch-mechanischem Zünder, die gesprengt werden muss. „Ein Fall, wie er bundesweit vielleicht dreimal im Jahr vorkommt“, sagt Ordnungsdezernent Emilio Pintea.
Sprengmeister Lenz fordert die Stadt dringend auf, so schnell wie möglich die Gebäude in einem Radius von 500 Metern rund um den Fundort zu evakuieren, und zwar von innen nach außen. Die Botschaft ist deutlich, sagt Ordnungsamtsleiter Michael Althammer: „Die Zeit tickt gegen uns.“
Bombensprengung
2800 Anwohner sind betroffen, darunter auch 80 Bewohner des Seniorenheims Hans Dringenberg an der Welheimer Straße. Letztlich dauert es bis 0.50 Uhr, bis die Bombe gesprengt werden kann, 20 Minuten später kommt die Freigabe, dass die Anwohner zurück nach Hause dürfen. Warum hat das so lange gedauert, zumal es schon Anfang der Woche Hinweise auf eine Bombe in Welheim gegeben hatte?
Bombe in Bottrop-Welheim: Es gab noch einen weiteren Verdachtsfall
Dieser Verdachtsfall allerdings, so erklärt es Michael Althammer, lag zwar auch in Welheim, war aber nicht derjenige, wo schließlich der Blindgänger tatsächlich entdeckt worden ist. Von einer Evakuierung wären in dem Fall sowohl das Schulzentrum Welheim als auch die Hochhäuser an der Kommende betroffen gewesen. Letztlich habe sich der Verdacht allerdings als unbegründet herausgestellt.
Nicht so auf dem ehemaligen Fußballfeld auf einer Wiese an der Welheimer Straße. Eine Routineuntersuchung auf der städtischen Grünfläche hatte einen Blindgängerverdacht ergeben. Althammer: „Bei den meisten Sondierungen finden die dann ein Fahrrad oder eine Badewanne.“ Aber nicht diesmal. Um 12 Uhr beginnen die Arbeiten. Um 18 Uhr meldet der Experte: Ich sehe die Spitze der Bombe. Der Fünf-Zentner-Blindgänger liegt in etwa vier Metern Tiefe, der Zünder liegt im Wasser: Weil das Grundwasser an dieser Stelle hochsteht, muss es zunächst abgepumpt werden. Ein Faktor, der die Arbeiten verzögert.
Der Liveticker zur Bombensprengung
Evakuierung nach Bombenfund zieht sich über fast sechs Stunden
Gegen 19 Uhr am Donnerstagabend beginnen die Evakuierungsmaßnahmen, die sich schließlich bis tief in die Nacht ziehen. „Der Stadtteil hat eine gewisse Struktur“, sagt Michael Althammer. Viele Straßen, viele Häuser, dazu teils Bewohner, die kein Deutsch verstehen und auch viele ältere Anwohnerinnen und Anwohner, die Krankentransporte benötigen.
Hinzu kommt: Je später es wird, desto mehr Menschen gehen bereits zu Bett. „Mittags wären wir schneller gewesen“, sagt Michael Althammer. 30 Security-Mitarbeiter hatte die Stadt angefordert, dazu KOD-Mitarbeiter, die teils schon den ganzen Tag im Dienst gewesen waren. Feuerwehr, THW und Deutsches Rotes Kreuz unterstützen bei den Krankentransporten mit insgesamt 180 Einsatzkräften, die Polizei hilft bei den Straßensperren.
Unterdessen werden aus Kirchhellen tonnenweise Sand geliefert: Sie sollen, so ist es zunächst geplant, die Explosion dämpfen und mögliche Schäden verringern. Schließlich entscheidet Volker Lenz, doch ohne Sand zu sprengen. Er hat Sorge, dass die Bombe durch das Aufschütten explodieren könnte.
Ohnehin drängt die Zeit, da der chemische Zünder, umgangssprachlich Säurezünder genannt, mit der Luft reagiert – das könnte gefährliche Folgen haben. Einen weiteren Grund für den Verzicht auf Sand nennt auf WAZ-Anfrage Hannah Scherz, Sprecherin der Bezirksregierung: „Der Sand hätte die schon angebrachte Sprengladung verrutschen lassen können.“
Explosion ist weit über Bottrop zu hören gewesen
Um 0.50 Uhr ist der Knall der Sprengung bis über die Stadtgrenzen hinaus zu hören und auch weit über Welheim hinaus zu spüren. Anwohner berichten von bebenden Böden, von einer Druckwelle – und von Schäden an ihren Häusern. Innerhalb von zwei Minuten gehen mindestens fünf Anrufe bei der Polizei ein, sagt Sprecherin Annette Achenbach. Zahlreiche weitere folgen bis weit in die Nacht.
Besonders betroffen ist das Seniorenheim Hans Dringenberg, das vom Diakonischen Werk betrieben wird. „Wir haben mehrere Glasschäden, teilweise haben sich auch die Rahmen verzogen“, sagt Sebastian Fuchs, Gebäudemanager bei der Diakonie, am Freitagmittag. Ausgangstüren seien aufgesprengt worden.
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Aktuell schätze er den Schaden auf 50.000 Euro. Diese Summe könnte allerdings noch steigen, sollte es auch Schäden am Dach, zum Beispiel an der Photovoltaikanlage geben. Stadtsprecherin Jeanette Kuhn ruft die Welheimer dazu auf, dem KOD Schäden an Wohnungen zu melden, deren Bewohner zum Beispiel verreist sind. Außerdem können sie dem Ordnungsdienst Trümmerfunde melden (02041 70-3971).
Und wer haftet für die Schäden? Eine interessante Frage, sagt Pintea: „Der Verband der Versicherer betrachtet Schäden durch Blindgänger als späte Kriegsschäden. Aber er empfiehlt seinen Mitgliedern, solche Schäden aus Kulanz zu regulieren.“ An diese Empfehlung habe sich noch jede Versicherung gehalten. Schäden an Fenstern, Türen und Dach sind ein Fall für die Gebäudeversicherung, Schäden in Wohnungen für die Hausratversicherung.