Essen-Altenessen. Der Sprengmeister erklärt, warum die Bombe in Essen gesprengt wurde, wie genau das funktioniert und wo er sich im entscheidenden Moment aufhält.
Die erste Essener Bombe des Jahres 2023 ist am Dienstagabend (10.1.) in Altenessen gesprengt worden. Frank Stommel vom Kampfmittelräumdienst erklärt, dass der Zünder derart beschädigt war, dass eine Entschärfung nicht möglich gewesen sei. Für ihn persönlich sei die Sprengung sicherer, schließlich steht er dann im entscheidenden Moment nicht, wie bei einer Entschärfung, direkt am Zünder der Bombe, sondern ein paar hundert Meter entfernt.
Bombe in Essen: Sprengung am gleichen Tag
Gefunden wurde das „Schätzken“, wie Stommel es nennt, bei Kampfmittelsondierungen auf dem Gelände des Nachwuchsleistungszentrum von Rot-Weiss-Essen an der Seumannstraße 55. Dort werden die Fußballplätze erneuert. Die zuständige Firma habe den Sprengmeister informiert, der sei sofort rausgefahren und habe erkannt: Entschärfung unmöglich. „Profis schlechthin“ nennt er die Verantwortlichen der Stadt Essen bei dem Prozedere, das dann folgt: Evakuierungsring ziehen, Krankentransporte organisieren, Polizei, Feuerwehr, THW, alle müssen ihr Augenmerk auf die Bombe richten. Laut Stadtsprecherin Silke Lenz waren 320 Menschen im Einsatz.
„Entschärft oder gesprengt wird immer noch am selben Tag, wenn beispielsweise der Blindgänger bewegt wurde oder wenn es sich um einen Säurezünder handelt“, erklärt Lenz. Wenn sensible Bereiche, wie Krankenhäuser oder Altenheime im inneren Evakuierungskreis (Radius von 500 Metern rund um die Bombe) liegen und evakuiert werden müssten, was immer mit größerem planerischen Aufwand verbunden sei, könne die Aktion auch zu einem geplanten späteren Zeitpunkt stattfinden.
250 Tonnen Sand für Bombensprengung in Essen
In diesem Fall waren es mit rund 8000 Essenern wenige Betroffene. Zum Vergleich: 2021 wurde in Stoppenberg eine Luftmine entschärft, davon waren 38.000 Menschen betroffen. Im Altenessener Fall handelte es sich dagegen laut Stommel um eine „relativ kleine Bombe“ aus dem Zweiten Weltkrieg. Die Entschärfung am Dienstag in Altenessen erfolgte also am gleichen Tag. Nötig waren dafür allerdings 250 Tonnen Sand, die in Windeseile herangeschafft werden mussten. Die kamen vom Bauunternehmer Sauerbaum aus Kamp-Lintfort. Feuerwehrsprecher Christoph Riße erklärt, dass der eine Sandgrube habe und sofort rund ein Dutzend Lkw auf den Weg nach Essen schicken konnte.
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Stommel baute derweil seine Konstruktion, um das „Schätzken“ zu sprengen. Dafür habe er die Spitze vorne herausgedreht und Sprengstoff in Verbindung mit einer Sprengkapsel darin positioniert. „Um die Zündung auszulösen, braucht es einen Schlag“, erklärt der Experte. Dafür sei die Kapsel zuständig, an der ein Kabel hänge. Daran habe Stommel schließlich eine Kabeltrommel angeschlossen, die bis hinter eine Garage reichte, die rund 150 Meter entfernt stand.
Bombe in Essen: Auch Feuerwehr und Polizei müssen aus der Evakuierungszone
Wichtig: Ist die Konstruktion fertig, dürfe die Bombe in sieben Meter Tiefe nicht mehr bewegt werden, auch nicht durch tonnenweise Sand, die mit einem Radlader draufgekippt werden. „Wenn die Bombe verrutscht, haben wir ein riesiges Problem“, erklärt Stommel. Das Team vor Ort müsse also im wahrsten Sinne des Wortes zunächst an die Schippe und den Sand vorsichtig auf die Bombe streuen. Ist sie einmal mit ein paar Metern bedeckt, könne dann laut des Sprengmeisters auch gekippt werden.
Sind alle Vorarbeiten abgeschlossen, wird es meist einsam für Frank Stommel. Auch das Team von Feuerwehr, Polizei und städtischem Führungsstab verlassen dann den inneren Evakuierungskreis. Am Dienstag ist der Sprengmeister mit seinem Kollegen hinter eben jene Garage gegangen und hat den Knopf am Bediengerät am Ende des Kabels gedrückt. „15 bis 20 Meter Sand sind hochgespritzt und die Druckwelle hat sich über den Boden verbreitet.“ Ein sicheres Zeichen dafür, dass die Sprengung funktioniert hat.
250 Tonnen Sand bleiben nach Bombensprengung in Essen
Danach ging es, wie üblich, schnell. Die Anwohner konnten zurück in ihre Wohnungen und Sprengmeister Frank Stommel durfte schon bald Feierabend machen. Und die 25 Tonnen Sand? Die will das Bauunternehmen nicht zurück, auch wenn er jetzt in Altenessen seinen Dienst getan hat und nicht mehr gebraucht wird. Seinen Zweck hat er schließlich erfüllt. Christoph Riße erklärt, dass der Sand jetzt anderweitig verarbeitet werden müsse, schließlich sei er durch den Einsatz vermischt mit Erde, Steinen und anderen Stoffen.