Bottrop. Die Initiative „Bottrop bewegt“ sucht Kandidaten für die Stadtspitze auf ungewöhnlichen Wegen. Sie hofft auf eine breite Beteiligung.

Das ist ein Novum für Bottrop: Eine Initiative hat sich unter dem Namen „Bottrop bewegt“ zusammengetan, um mit Blick auf die Kommunalwahl 2025 einen unabhängigen Kandidaten oder eine Kandidatin für das Amt des Oberbürgermeisters per Stellenanzeige zu finden. Wer und was genau steckt hinter dieser Initiative? Wir haben Sprecher Jan Henrichs (53) getroffen.

Der Ursprung der Initiative gehe zurück auf ein Treffen im Stückgut im Februar 2024, zu dem im Marktviertel-Newsletter aufgerufen worden sei, berichtet der Bottroper. „Anlass war der Korruptionsskandal im Ordnungsamt. Es wurde an dem Abend aber auch viel über Unzufriedenheit diskutiert“, sagt Jan Henrichs. In kleinerer Gruppe habe man sich erneut getroffen und sei zu der Überzeugung gelangt, konkret etwas tun zu wollen.

Initiative sieht Bottrop in der Krise

Zum Kern der Initiative „Bottrop bewegt“ gehören neben Jan Henrichs noch Vanessa Schreiber, Hüdaverdi Güngör, Thorsten Franke, Yvonne Scharun, Lennart Schraven und David Schraven. Vom Marktviertel über den Förderverein Kinderferienzirkus bis zur Schülergewerkschaft sind viele bereits für Bottrop engagiert.

Die Initiative sieht Bottrop in der Krise: „Wir sind vom Nothaushalt in die Haushaltssicherung gekommen. Die Gemeinde verfällt. Die Innenstadt stürzt ab. Wir machen uns Sorgen um Schulen und Kitas. Die Infrastruktur geht den Bach runter. Dafür haben wir sehr viel Personal in der Verwaltung – und dennoch muss man bei einer Anmeldung für ein neues Nummernschild schonmal Wochen warten.“

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Jan Hinrichs verdeutlicht: „Wir sind vor allem unzufrieden mit dem Krisenmanagement. Wenn über Jahrzehnte die gleiche Partei den Oberbürgermeister stellt, festigt das Strukturen. Natürlich bilden sich Seilschaften, natürlich wird alles homogener. Es passiert vielleicht nicht zwangsläufig Unrechtes. Aber es fehlt an Kreativität.“

Die Initiative will hier gewissermaßen für frischen Wind sorgen und nach eigener Aussage dazu beitragen, dass bei der nächsten Kommunalwahl eine Auswahl von geeigneten Kandidaten zur OB-Wahl steht.

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Den Ansatz der Initiative beschreibt Hinrichs als konstruktiv und pro-demokratisch, will ihn keinesfalls als Politik- oder Verwaltungsbashing verstehen. „Wir wollen neue Formen der Beteiligung ausprobieren und Demokratie erlebbar machen.“

Wie genau soll das funktionieren? Zum einen soll eine Stellenanzeige in überregionalen Medien wie Zeit und FAZ geschaltet werden. Diese soll durch ein Crowdfunding, also das Sammeln von Spenden, finanziert werden. Dazu nutzt die Initiative die Online-Plattform Startnext.

Die Initiative hofft, dass sich ihr Vorstoß herumspricht, so dass sich auch auf anderen Wegen Interessenten melden. Vorstellbar, meint Henrichs, seien zum Beispiel Menschen mit Erfahrung in der Verwaltung oder auch der Wirtschaft, die sich der Stadt verbunden fühlen.

Kandidat muss kein gebürtiger Bottroper sein

Aber überregional nach einem Chef fürs Bottroper Rathaus suchen? „Bottrop ist groß genug, dass man hier auch was werden kann, wenn man nicht hier geboren wurde. Wenn man gute Leute sucht, muss man über den Tellerrand gucken. Bottrop ist für uns Ruhrgebiet. Kommunalpolitik denkt oft in Kirchtürmen, aber das funktioniert im Ruhrgebiet nicht mehr. Warum sollte nicht jemand aus Dorsten, Gelsenkirchen oder Gladbeck in Bottrop OB werden?“ Werde die Person allerdings an die Stadtspitze gewählt, solle sie schon nach Bottrop ziehen.

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Die Auswahl aus den Bewerbern und Bewerberinnen will die Initiative auf eine breite Basis stellen. Auf der Webseite bottrop-bewegt.de können alle Bottroperinnen und Bottroper Themen und Diskussionsbeiträge einreichen und bewerten. Diese sollen dann die öffentliche Befragung durch eine Jury speisen, der sich die möglichen Kandidaten und Kandidatinnen stellen müssen. Diese Jury soll laut Henrichs aus 40 bis 50 Menschen bestehen, die möglichst alle Stadtteile, Altersgruppen, Geschlechter, Migrantengruppen, dazu Parteien, Vereine, Organisationen abdecken. „Die Jury soll ein möglichst heterogenes Feld abbilden“, betont Jan Henrichs, selbst Produktmanager und gelernter Bauingenieur.

Einen parteilosen Kandidaten aufzustellen, sei formal kein Problem. Aussichtsreicher sei dessen Kandidatur aber ohne Frage mit breiter Unterstützung, etwa durch Parteien. Selbst eine Partei zu gründen, komme für die Initiative übrigens nicht in Frage.

Der Zeitplan von „Bottrop bewegt“ sieht so aus: „Bis Mitte/Ende September wollen wir die Jury zusammenstellen“, so Henrichs. Vorschläge dafür können über die Homepage der Initiative gemacht werden. Mit der Konstituierung der Jury soll auch die Stellenanzeige als Zeitungsannonce rausgehen. Noch vor dem Frühjahr 2025 sollen die Befragungsrunden starten, auf dass im Mai der Kandidat oder die Kandidatin feststeht. Allein die Jury kann diesen oder diese benennen.

„Wir von der Initiative sind schon gefragt worden, ob wir uns bereits jemanden ausgeguckt haben“, erzählt Jan Henrichs. Das sei aber nicht der Fall. „Es gibt ein paar, von denen ich mir wünschen würde, dass sie sich bewerben. Da ist aber noch Überzeugungsarbeit notwendig.“ Aus der Initiative selber strebe indes niemand das Amt des OB an.