Bottrop. Insolvenz in Eigenverwaltung hat das Modehaus Sinn beantragt. Der Geschäftsbetrieb in Bottrop läuft weiter. Die Stadt will der Filiale helfen.
Im Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung des Unternehmens Sinn will die Stadt der Bottroper Filiale des Modehauses helfen, wo sie kann. Das hat Oberbürgermeister Bernd Tischler der Geschäftsleiterin Marion Schnippert zugesagt. Am Mittwoch hat Tischler einen Telefontermin mit der Geschäftsführung in Hagen. Der Vermieter und Bottroper Projektentwickler Oliver Helmke äußert sich optimistisch über die Zukunft des Unternehmens und des Bottroper Standortes.
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Sinn hat in Bottrop das Modehaus Mensing übernommen
Das Amtsgericht Hagen hat den Antrag des Modeunternehmens Sinn auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung genehmigt. Mit dem Verfahren strebt Sinn eine zügige Restrukturierung an. In Bottrop hat Sinn 2021 das Modehaus Mensing übernommen. Auch die Mensing-Unternehmensgruppe hatte vor der Übernahme durch Sinn zunächst ein Insolvenzverfahren in Eigenverantwortung beantragt.
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Für die geplante Restrukturierung des Unternehmens hat Sinn den Rechtsanwalt Jan Ockelmann zum Bevollmächtigten berufen. Er wird die Geschäftsführung während des Verfahrens begleiten. Das Gericht hat zudem den Rechtsanwalt Michael Mönig zum vorläufigen Sachwalter bestellt. Er wahrt die Interessen der Gläubiger und sichert eine geordnete Abwicklung des Verfahrens. Bereits während der Coronakrise 2020 hatte Sinn ein Schutzschirmverfahren eingeleitet, hatte aber dennoch weiter expandiert, unter anderem mit der Übernahme in Bottrop.
Der Geschäftsbetrieb von Sinn wird in Bottrop wie an allen 36 Standorten mit insgesamt 41 Häusern und seinen 1.500 Beschäftigten fortgeführt. Die Finanzierung dafür ist bis auf Weiteres gesichert.
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„Sinn wird das Verfahren in Eigenverwaltung zur beschleunigten Anpassung an die geänderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nutzen. Ziel ist es, möglichst viele Standorte und Arbeitsplätze zu sichern“, sagt Jan Ockelmann. Ob dies in der Form gelingt, müssten die nun folgenden Gespräche und Verhandlungen mit den Beteiligten zeigen. Erste Signale seien aber durchaus positiv zu bewerten.
„Ich bin sicher, die Geschäftsführung geht den vernünftigen Weg.“
Positiv bewertet auch Oliver Helmke die Entwicklung des Hagener Unternehmens in den letzten Jahren. Nach heftigen Konflikten in der Chefetage des Unternehmens hatte Isabella Goebel, Inhaberin der Muttergesellschaft, im November 2021 die Geschäftsführung übernommen. Das operative Geschäft führt der ehemalige Karstadt-Manager Thomas Wanke. Helmke hat mit der neuen Geschäftsführung gute Erfahrungen gemacht: „Seit Frau Goebel und Herr Wanke das Unternehmen führen, habe ich sie als zuverlässige und seriöse Geschäftspartner erlebt. Ich bin sicher, die Geschäftsführung geht den vernünftigen Weg.“
Insolvenz in Eigenverantwortung: Das sind die Gründe
Als Gründe für den Restrukturierungsantrag gaben die Verantwortlichen die geänderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und einmalige Sondereffekte an.
So habe das Unternehmen durch Wasserschäden oder andere bautechnische Gründe zeitweilig Häuser oder Etagen schließen müssen. Das habe zu Umsatzrückgängen bei gleichzeitig gestiegenen Kosten für Mieten, Energie und Logistik geführt. Auch die Einrichtung eines neuen Warenwirtschaftssystems habe einen erheblichen Mehraufwand nach sich gezogen. Trotz umgehend eingeleiteter Maßnahmen konnten die Mehrkosten vom Unternehmen nicht vollständig aufgefangen werden, heißt es.
„Die Beschäftigten sind über den aktuellen Stand informiert“, meldet das Unternehmen. „Die Vorfinanzierung des Insolvenzgeldes für die Beschäftigten wurde bereits beantragt.“
Sinn in Bottrop: So funktioniert eine Insolvenz in Eigenverwaltung
Mit dem Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung will der Gesetzgeber die Sanierungschancen von Unternehmen in der Krise steigern und die Verantwortlichen in einem Unternehmen dazu bringen, einen notwendigen Antrag frühzeitig zu stellen.
Die Geschäftsführung wird durch eigenverwaltungserfahrene Sanierungsexperten ergänzt, um die Fortführung und Sanierung des Unternehmens zu unterstützen und eine Gleichbehandlung der Gläubiger sicherzustellen. Damit sollen sich die Sanierungsoptionen erhöhen. Bei einem Verfahren in Eigenverwaltung bleibt die Geschäftsführung im Amt und bekommt vom zuständigen Amtsgericht einen vorläufigen Sachwalter zur Seite gestellt, der das Verfahren im Sinne der Gläubiger begleitet.
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Das Modeunternehmen Sinn betreibt deutschlandweit 41 Modehäuser mit Schwerpunkt in NRW und rund 1.500 Beschäftigten. Das vor 175 Jahren gegründete Traditionsunternehmen bietet nach eigenen Angaben eine Markenvielfalt von mehr als 500 Top-Labels.
Die Modehäuser konzentrieren sich demnach vor allem auf mittelgroße Städte. Sie haben eine Verkaufsfläche zwischen 2.000 und 10.000 Quadratmetern und bis zu 120 Beschäftigte pro Standort. Im Servicecenter in Hagen sind etwa 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. Zuletzt erwirtschaftete die Sinn GmbH einen Jahresumsatz von 240 Millionen Euro.